Der Bund der Drachenlanze - 10 Ellen Porath
Seiten seines neuen Werkzeugs. Dann hielt er die
ganze Konstruktion über den Kopf, um einen anderen Ansatz zu finden.
Schnell. Die Sonne…
»Ich weiß.«
Wieder erhitzte sich der Juwel, doch mit Hilfe der selbstgebastelten Zange konnte Tanis ihn ohne Schwierigkeiten
festhalten. Selbst jetzt schien der Stein sich nur bis zu einem
bestimmten Punkt zu erhitzen, nicht weiter. »Es sind deine
Flügel«, murrte Tanis.
Was?
»Deine Flügel. Die Sonne steht schon tief. Deine Flügel
beschatten den Stein.«
Wäre es dir lieber, wenn ich sie nicht benutzen würde?
»Werd nicht sarkastisch.«
Xantar zuckte mit den Achseln und flog wieder nach
Norden. Caven war mittlerweile abgestiegen und versuchte, den Hengst zu führen. Das war auch nicht erfolgreicher,
denn das Pferd schwamm im Sand.
»Ich habe noch eine Idee.« Ohne an das Risiko zu denken, löste Tanis den Harnisch, der ihn an der Eule festhielt.
Vorsichtig kniete er sich auf den Rücken der Eule.
Was machst du da? Halbelf, du verlierst das Gleichgewicht –
ich kann dich nicht auffangen, wenn du fällst!
Ohne auf den Vogel zu achten, stellte sich Tanis auf Xantars Rücken. Die Federn der Eule erwiesen sich unter seinen Mokassins als glatt. Der Halbelf richtete sich ganz auf
und streckte den linken Arm balancierend zur Seite. Dann
hielt er mit dem rechten Arm die Zange mit dem Juwel
hoch über seinen Kopf. Er versuchte, nicht an den Boden
tief unter ihm zu denken. Plötzlich glitt Kitiaras Sack mit
den restlichen sieben Juwelen vom Rücken des Vogels. Tanis wollte schnell zupacken, rutschte aber aus und landete
mit einem Aufschrei auf Xantars Rücken. Er lag quer über
der Eule, so daß seine Beine an einer Seite herunterbaumelten und der Kopf über die andere Seite hinausragte. Dadurch hatte er einen guten Blick auf den Packsack, der kreiselnd hinuntersauste und auf der Ebene aufprallte. Über
der Aufschlagstelle bildete sich eine Staubwolke. Tanis
setzte sich mühsam wieder auf. Wenigstens hatte er die
Zange nicht fallen lassen.
Wieder flog Xantar nach Norden und kurz darauf erneut
südwärts. Bald stand Tanis wieder in der richtigen Position
mit einem Arm zur Seite ausgestreckt, den anderen mit
dem Juwel hoch über seinen Kopf gereckt. Er wagte keinen
Blick nach oben, um zu überprüfen, ob der Stein richtig
ausgerichtet war.
Halbelf…
Die Gedanken des Vogels wurden unterbrochen. Oben
begann es zu summen. Aus dem Augenwinkel sah Tanis
einen amethystfarbenen Strahl auf den Sand zuschießen.
»Funktioniert es?« rief er. »Schmilzt der Sand?«
Aus dem Winkel kann ich das nicht feststellen.
»Flieg weiter.«
Sie setzten ihren langsamen Flug nach Süden fort, wobei
der Stein ununterbrochen brummte, bis fast eine Stunde
verstrichen war und Tanis’ Muskeln vor Schmerz lahm
wurden. Endlich erreichten sie den Rand der Sandwüste.
Dankbar ging Tanis in die Knie und klammerte sich an der
Eule fest, während diese zur Landung ansetzte. Gerade als
die Sonne am Horizont versank, drehten sie sich dann um
und sahen zurück.
Mitten durch die schier endlose Ebene zog sich ein leuchtender Weg aus geschmolzenem und gehärtetem Sand.
Und in der Ferne nahten vorsichtig über diesen eigenartigen Weg Caven Mackid und der lahmende Malefiz. Caven
schwenkte triumphierend Kitiaras abgestürzten Packsack
über dem Kopf.In dieser Nacht machten sie Pause. Xantar
schlief. Währenddessen kümmerte sich Caven um Malefiz,
der sich bei seinem Kampf mit dem Sand eine Sehne angerissen hatte. Das gewaltige Pferd stand mit lahmem Bein
da. Es schnaubte und lehnte jedes Futter ab.
»Du kannst ihn nur ruhen lassen«, sagte Tanis.
Am nächsten Morgen glühte Malefiz vor Fieber und war
kaum noch bei Bewußtsein. Caven stand da und blickte
wortlos auf sein Pferd herab. Seine Hand lag am Griff seines Dolches. Tanis ging ein Stück zur Seite, damit der Kerner den Hengst von seinen Qualen erlösen konnte.
»Was jetzt?« fragte Caven Tanis. »Es sind noch mindestens hundert Meilen bis zum Eisreich. Die Eule kann uns
nicht beide tragen.«
Beide Männer blickten auf Xantar, der immer noch auf
einem Felsen über dem Lager schlief. Sein erschöpftes
Schnarchen war noch hundert Fuß weiter zu hören. Als
wenn der Blick der Männer sie aufgestört hätte, erwachte
die Eule schnarrend und sah sich dämmrig um.
»Er kann nicht einmal mich noch sehr viel weiter schleppen«, flüsterte Tanis. »Er nennt mich schon dauernd Kailid.«
Caven zog die Brauen hoch, worauf Tanis erklärte:
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