Der Bund der Drachenlanze - 11 Tina Daniell
verdammt guter Laune, fragte sich Flint.
Sie sollten Raistlin an einer Biegung der Straße treffen,
die aus Solace heraus führte. Als er aus der Tür rannte, fiel
Flint noch etwas ein. Er eilte wieder zurück und holte ein
Stück Rinde. Mit einem Stück Holzkohle kritzelte er etwas
darauf und hängte das Schild an die Tür, bevor er und Tanis in die graue Morgendämmerung liefen.
Auf dem Schild stand: »Auf der Jagd – Rückkehr unbestimmt.«
Kapitel 3
Onkel Nelltis
Seit sechs Tagen hatten die Männer, die Nelltis angeheuert
hatte, versucht, die Spur der scheuen Leucrotta aufzunehmen, die angeblich den Bewohnern des Waldes östlich von
Lemisch an den Ausläufern einer kleinen, schroffen Bergkette auflauerte.
Von allen ungewöhnlichen Wesen auf Ansalon war die
Leucrotta eines der seltensten, so selten, daß Nelltis bezweifelte, daß wirklich eine so nahe an seinem Herrschaftsbereich lebte. Er beauftragte einen treuen Gefolgsmann, einen breitschultrigen, verdienten Mann namens
Ladin Elferturm – sein bester Jäger –, das Dutzend erfahrener Männer anzuführen, die das Tier ausfindig machen
sollten.
In Gesellschaft von Frauen, bei Festen und kleinen Versammlungen wirkte Elferturm wie ein Bauer, dem seine
schwere Zunge irgendwo in seinem eckigen Kiefer hängenblieb. Aber im Wald oder in den Bergen war er in seinem Element. Da erhaschten seine Sinne den leisesten Laut,
den feinsten Geruch. Keiner konnte besser mit dem Langbogen umgehen – außer Nelltis natürlich.
Selbst wenn man annahm, daß die Gerüchte stimmten
und sich eine Leucrotta in der Gegend aufhielt, würde die
Jagd schwierig werden. Die Spuren einer Leucrotta unterschieden sich praktisch in nichts von denen eines Hirsches,
und in diesen Wäldern gab es reichlich ausgewachsenes
Wild. Nach dem zweiten Tag glaubte Ladin Elferturm den
Berichten der Bauern, denn er hatte zahlreiche Körper von
Hirschen und Rehen gefunden, die von scharfen, spitzen
Zähnen zerrissen und halb aufgefressen zurückgelassen
worden waren. Am vierten Tag war er davon überzeugt,
daß er die Spuren der Leucrotta von denen der anderen
wilden Tiere in dieser Gegend unterscheiden konnte, und
daß er und seine Männer dem großen, gefährlichen Tier auf
den Fersen waren.
Am Morgen des sechsten Tages hockte sich Ladin Elferturm hin und tastete die Spur mit den Fingerspitzen ab, um
zu sehen, wie feucht sie war. Seine Mandelaugen, die von
kurzem, schwarzem Haar und einem gepflegten Bart umrahmt waren, hoben sich zu der steilen, gewundenen
Schlucht vor ihm. Er wußte, daß die Schlucht, eine enge
Klamm mit steilen Wänden, durch die nur zu bestimmten
Jahreszeiten Wasser strömte, nur noch eine weitere Öffnung hatte, die weniger als eine Meile nördlich lag.
Mit einem Zeichen teilte Ladin Elferturm seine Männer
in zwei Gruppen und schickte die eine Gruppe zum anderen Ende der Schlucht hinunter. Sie sollten einen Waldhang
hinabreiten, um den Ausgang zu bewachen. Dann gab er
einem seiner Männer eine Botschaft, die er zu Nelltis bringen sollte. Anschließend schlugen Elferturm und seine
Männer erstmal ihr Lager auf. Mit nicht geringem Stolz
wartete der Jäger auf seinen Herrn.
Nelltis traf knapp vier Stunden später im Lager ein. Begleitet wurde er, wie Ladin Elferturm es gewußt hatte, von
seiner Nichte, Kitiara Uth Matar, und einigen treuen Vasallen. Alle trugen ein Lederwams und dazu einiges an Ausrüstung zum Jagen und Fallenstellen. Mit ihrem kurzen,
rabenschwarzen Haar und dem selbstverständlichen, stolzen Gang unterschied sich Kit nicht im geringsten von den
Männern, die herbeieilten, um sich mit Elferturm zu beratschlagen.
Da Nelltis die letzten paar Tage ungeduldig gewartet
hatte, war er auf der Stelle losgeritten, nachdem er die
Nachricht erhalten hatte, daß die Leucrotta in der Falle saß.
Jetzt brüllte er schroffe Befehle. Die Männer begaben sich
eilig an ihre Positionen, um nahe und entferntere Posten an
verschiedenen Stellen über der Schlucht einzunehmen.
Elferturm hat seine Aufgabe erfüllt, und zwar gut. Der
Jäger warf einen Blick auf Kitiara mit ihrem geröteten, aufgeregten Gesicht. Ihre dunklen Augen verfolgten ihren
Onkel, der herumlief und die Männer darauf vorbereitete,
die Leucrotta zur Strecke zu bringen. Elferturm wurde von
Kitiara nicht einmal mit einem Nicken bedacht.
Innerhalb von Minuten war die Jagdgesellschaft bereit,
und man saß wieder auf. Nelltis hatte neben seiner Nichte
zwei Männer
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