Der Bund der Drachenlanze - 11 Tina Daniell
bezahlt«, sagte der Magier. »Nein, es wäre sinnlos, nach
Westen zu reisen, denn wenn ich recht habe, dann sind
mein Bruder und unsere Freunde weit, weit im Osten –
und in Ge fa hr. Deshalb müssen wir so schnell wie möglich
dorthin. Zum Blutmeer und auf die Minotaurischen Inseln.«
»Zum Blutmeer?« erschrak Flint. Aus seinem Gesicht
wich alle Farbe. Er mußte sich setzen, um diesen Schock zu
verdauen.
»Auf die Minotaurischen Inseln?« fragte Tanis überrascht. »Aber die sind Tausende von Meilen entfernt, das
ist eine monatelange, anstrengende Reise über Land. Selbst
wenn Sturm, Caramon und Tolpan dorthin gebracht wurden – wenn sie in Gefahr sind, können wir nicht hoffen,
rechtzeitig zu kommen.«
»Wie zum Teufel sollten sie in so kurzer Zeit von der
Straße von Schallmeer auf die Minotaurischen Inseln gelangen?« fragte Flint befremdet.
»Ich weiß nicht, wie«, gestand Raistlin. »Wahrscheinlich
durch irgendwelche hochentwickelte Magie. Aber wenn sie
leben, dann sind sie dort. Davon bin ich überzeugt. Und ich
werde dorthin gehen und versuchen, sie zu finden. Das
einzige, was ich wissen will, ist, ob ihr mitkommen wollt?«
»Wie?« fragte Tanis erneut. »Wie können wir denn hoffen, eine solche Entfernung zu überwinden?«
Die Augen des Magiers glitzerten aufgeregt. »Als ich mit
Morat sprach, hat er mir von einem Orakel erzählt, das am
Düsterwald lebt und ein Portal kennt, das uns in wenigen
Augenblicken nach Ogerstadt an die Küste des Blutmeers
bringt.«
»Ogerstadt!« murmelte Flint untröstlich.
»Dort müssen wir uns einschiffen, um über das Blutmeer
zum Minotaurischen Königreich zu kommen.«
»Oh, nein!« Flint riß die Arme hoch. »Ich fahre über kein
Blutmeer! Ich weiß alles über das Blutmeer!« Er wies über
den friedlichen Krystallmirsee. »Vielleicht«, fuhr er fort,
»aber nur vielleicht würde ich über den Krystallmirsee fa hren, um meine Freunde zu retten, aber vielleicht auch nicht.
Es würde von meiner Stimmung abhängen und davon,
welche Freunde es gerade wären. Aber du kriegst mich
nicht in ein Boot, das über das Blutmeer fährt, ganz egal
welches Portal oder welche Freunde oder wieviel Kupferstücke du einem gerissenen, wandernden Trödler gegeben hast!«
Raistlin achtete nicht auf den graubärtigen Zwerg, der
theatralisch herumstapfte und dabei gegen Steine und
Baumstümpfe trat. Prüfend sah er Tanis an. Der Halbelf
wiegte sich unter Raistlins Blick betroffen hin und her. Tanis ahnte, daß der Magier mehr wußte, als er ihnen mitteilte, aber sein eigentliches Ziel bezweifelte er nicht. Er wußte,
wenn Raistlin glaubte, Sturm, Caramon und Tolpan wären
in Schwierigkeiten, dann waren sie es auch.
Nach langem Schweigen stand Tanis auf und streckte
zum Zeichen seines Einverständnisses die Hand aus. »Sie
würden für uns ihr Leben aufs Spiel setzen«, sagte der
Halbelf ernst, »und das schulden wir ihnen auch.«
Raistlin nickte ihm dankbar zu.
»Was ist mit Kit?« fragte Tanis, dem sie plötzlich einfiel.
»Meinst du nicht auch, einer von uns sollte versuchen, sie
zu benachrichtigen?«
»Ich habe ihr bereits eine Botschaft geschickt«, sagte
Raistlin. »Mach dir keine Gedanken um Kitiara. Wenn sie
zu uns stoßen kann, wird sie das auch tun.«
»Aber wo ist sie?« drängte Tanis. »Vielleicht könnte ich –
«
Raistlin schnitt ihm mit einem Blick das Wort ab.
Flint stand finster am Ufer, wo er einen sauber gerundeten, flachen Stein in der Hand hielt. Er schleuderte ihn über
das Wasser. Der Stein schlug einmal, zweimal auf, dann
sank er. Ein böses Omen, da war er sich sicher.
Der kräftige Zwerg kam zu Raistlin und Tanis herüber,
die seine Entscheidung erwarteten. Er blickte beiden ins
Gesicht. Er war davon überzeugt, zwei Trottel vor sich zu
sehen.
Dann streckte er seinen kräftigen, rechten Arm aus und
legte seine knorrige Hand über die von Tanis und Raistlin.
»Ich möchte nur eines klarstellen«, grollte der Zwerg den
Zauberer an. »Ich mache das für Sturm und für deinen
Bruder, nicht für diesen verdammten Kender!«Raistlin hatte ihnen aufgetragen, Proviant, Waffen, Kleider, Kletterausrüstung und andere wichtige Dinge einzupacken. Flint bekam in dieser Nacht wenig Schlaf, packte seinen Reisesack
immer wieder ein und aus, schärfte Axt und Messer und
murmelte vor sich hin, was für ein Dummkopf er war.
Kur z vor der Dämmerung klopfte es an der Tür. Breit grinsend und reisefertig stand Tanis da. Wieso war der Halbelf
so
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