Der Bund der Drachenlanze - 11 Tina Daniell
aufwärts um seine Beine und seinen Körper, ohne den jungen Zauberer richtig zu berühren. Doch
sie schillerten und pochten, als würden sie auf die Wärme
seines Blutes reagieren.
Mit immer größeren Augen beobachtete Tanis den unheimlichen Nebel und warf einen Blick auf Flint, der ihm
finster zunickte. Die zwei Freunde, die wenige Schritte hinter Raistlin standen, nahmen ihre Waffen zur Hand. Über
die Schulter warf ihnen der junge Zauberer einen strengen
Blick zu. Widerstrebend steckten Zwerg und Halbelf die
Waffen wieder ein.
Nach langen Augenblicken schüttelte Raistlin irritiert
den Kopf und faßte einen Entschluß. Ohne ein Wort der
Warnung an seine Gefährten nahm er seinen Stab herunter,
zog den Kopf ein und verschwand in der schwarzen Höhlung. Fast augenblicklich ließ der Nebel nach und wurde
mit ihm in die Höhle gesogen. Flint und Tanis mußten sich
sputen, um nachzukommen.
Gleich hinter der Öffnung stießen die drei zusammen.
Raistlin war hinter dem Eingang stehengeblieben, um seinen Augen Zeit zu lassen, sich an das schwache Licht zu
gewöhnen. Zunächst konnte keiner von ihnen in der nebligen Dunkelheit viel sehen. Der knochenweiße Nebel umwogte sie, kräuselte sich und veränderte seine Form. Selbst
Tanis mit seinen Elfenaugen konnte wenig sehen. Obwohl
der Nebel substanzlos erschien, stellte er eine undurchdringliche Sichtbarriere dar. Er verhinderte jedoch nicht
das Hören. Nach einem Moment absoluten Schweigens
nahmen Tanis und die anderen Stimmen wahr, die unverständlich von weiter hinten in der Finsternis erklangen.
Auch konnten sie noch riechen. »Hier drin stinkt es
schlimmer als bei einem toten Troll«, flüsterte Tanis Flint
zu, der sich einen Lappen vor Mund und Nase preßte, um
dem Gestank zu entkommen.
»Ruhe!« zischte Raistlin.
Der junge Zauberer tastete mit seinem Stab nach vorn
und berührte die Decke. Dann erklärte er den anderen, daß
sie sich in einem niedrigen Tunnel befanden. Langsam ging
er weiter, wobei er mit der rechten Hand den Weg erkundete. Seine Gefährten folgten ihm. Eng beieinander stolperten die drei minutenlang weiter, bis sie zu einer scharfen
Biegung kamen. Dahinter erleichterte ihnen ein schwacher
Lichtpunkt vor ihnen das Weitergehen.
Das Licht wurde allmählich heller, bis sie in eine Art Behausung traten, die eher rund als eckig war und bis auf den
Tunnel keinen weiteren Zugang hatte. In diesem Raum gab
es keinerlei unverständliche Stimmen oder dunkle Prophezeiungen. Als Tanis hochschaute, sah er Sonnenlicht eindringen. Der Erdboden war trocken, fest gestampft und
sauber gefegt. Ein Stuhl, ein Bett und eine große Korbtruhe
wiesen darauf hin, daß jemand hier wohnte.
Am hinteren Ende des Raums dampfte und blubberte ein
Kessel. Der Nebel zog sich zurück und waberte über dem
Kesse l . Kein Hinweis auf den Bewohner oder Besitzer. Der
überwältigende, stechende Geruch hing immer noch in der
Luft.
Etwas entspannter faßte Tanis an die Wand, die ihn interessierte. Sie war mit Streifen in gedämpften Farben gemasert, schien jedoch weder aus Holz noch aus Stein zu sein.
Dennoch fühlte sie sich hart an.
»Irgendein versteinertes Holz«, murmelte Flint bewundernd, während er sich über seinen grauen Bart strich. Er
stupste Tanis mit dem Ellenbogen an, um dessen Augen
auf Raistlin zu lenken.
Beide sahen etwas befremdet zu, wie der junge Magier,
ohne auf seine Gefährten zu achten, weiterging und sich
vor dem Bett hinhockte. Offenbar sprach er mit leiser
Stimme unmittelbar zum Boden vor seinen Füßen.
»Wir kommen nicht als Feinde…«, murmelte Raistlin mit
gesenktem Blick. Tanis und Flint konnten seine Worte
kaum verstehen. »… und wenn wir welche wären, könntest
du uns sicher leicht besiegen, Chental Pyrnee.«
Als Tanis näher hinsah, erblickte er eine weiße Spitzmaus, die mit heftig zuckenden Barthaaren unter dem
Feldbett kauerte. Flint entdeckte das winzige Tier ebenfalls.
Die Spitzmaus, die stecknadelgroße, harte, rote Augen hatte, huschte piepsend und quiekend hin und her.
»Du brauchst keine Angst vor uns zu haben«, fügte
Raistlin hastig hinzu, der immer noch am Boden kauerte.
»Wir sind gekommen, um dir Respekt zu erweisen und um
einen Gefallen zu bitten. Ich weiß, daß wir in dein Reich
eingedrungen sind, aber bitte hör uns an. Wenn du willst,
kannst du uns verbannen oder sogar vernichten. Mein Lehrer, Morat von Teichgrund, sagt, daß du beides kannst,
denn du hast wirklich außergewöhnliche
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