Der Bund der Illusionisten 1
unfähig, mich zu bewegen. Während ich wie angewurzelt dastand, schwang die Tür hinter uns zu.
Die Höhle selbst wirkte wie ein natürliches Zimmer aus Felsgestein, und obwohl sie groà war, schien nichts Besonderes an ihr zu sein. Es war etwas anderes, das meine Aufmerksamkeit erregte, und zwar das, was sich darin befand. In der Mitte glühte eine Reihe von Gebilden in einem sanften, silbernen Licht, das so herrlich wie Sternenlicht war, und jedes dieser Gebilde war mannsgroÃ. Es waren fünf, die sich wie mondbeschienene Menhire in einer Moorlandschaft aus dem sandigen Höhlenboden erhoben.
Ich ging weiter, begleitet von Garis.
Bei den Gebilden handelte es sich um Tafeln, die nicht aus Lehm waren, wie ich es erwartet hatte, sondern aus Licht: aus Sternenlicht, sofern das möglich war. Und das Schwarz der Texte darauf entstand durch einen Mangel an Licht, als wären die Buchstaben mit der Dunkelheit der Nacht geschrieben worden.
» Heilige ScheiÃe«, sagte Garis neben mir mit einem entschiedenen Mangel an Ehrfurcht. » Die Illusionierer haben schon wieder alles verändert. Als ich vor ein paar Jahren hier war und das Abkommen gelesen habe, waren die Texte in gewöhnliche Steintafeln eingemeiÃeltâ und jetzt sieh dir das an!«
» Ich schätze, das hier ist noch um einiges hübscher.« Ich blinzelte zur ersten Tafel hinüber. » Ich weià allerdings nicht, ob es leichter sein wird. Garis, es ist alles in Kardisch.«
» Natürlich! Was hast du erwartet?«
» Ich habe gar nichts erwartet«, gestand ich. » Aber ich kann Kardisch nicht sehr gut lesen, und dann ist es auch noch Altkardisch.« Mühsam begann ich, die Worte zu buchstabieren, dann zögerte ich und stolperte über ein paar unbekannte Buchstaben. » Und wären am Ende â nein, und während du deine Augen ⦠ich werde eine Woche benötigen, um all das zu lesen, und nicht mal dann kann ich sicher sein, dass ich es auch richtig verstanden habe.«
Kaum hatte ich die Klage vorgebracht, veränderte sich die Sprache auf der Tafel, und ich las gutes, modernes Tyranisch. » Oh, das ist mehr nach meinem Geschmack«, sagte ich. » Und du, der du das liest â¦Â«
Garis wirkte bestürzt. » Ich hoffe nur, die Illusionierer vergessen nicht, es wieder in Kardisch zurückzuändern«, sagte er schlieÃlich. » Korden kriegt einen Anfall, wenn er merkt, dass die Abmachung in Tyranisch geschrieben war!«
Ich las schweigend weiter.
Einen Teil von dem, was da standâ die Gründe für die Notwendigkeit eines solchen Abkommensâ, kannte ich bereits, weil Temellin mir davon erzählt hatte. Die erste Tafel gab die Geschichte wieder, wie die Illusionierer und die Magori dadurch, dass sie auf verschiedene Weise Illusionen erzeugt hatten, sich gegenseitig Schaden zugefügt hatten und wie diese Abmachung entstanden war, um das Problem zu lösen.
Als ich die zweite, dritte und vierte Tafel las, schien es mir, als hätten die Magori den besseren Handel gemacht: Sie hatten die Magorschwerter erhalten, und durch die Schwerter die Cabochone, die ihre Macht verstärkten. Zugleich versprachen die Illusionierer ihnen, darauf zu achten, dass sie mit ihren Illusionen niemandem schaden würden, weder Magori noch anderen Menschen. Um sicherzustellen, dass es als Folge ihres Tuns auch keine zufälligen Todesfälle gab, wollten sich die Illusionierer in das Land jenseits der Zitterödnis zurückziehen. Als Gegenleistung versprachen die Magori, sich in keiner Weise in das Erschaffen von Illusionen einzumischen und die Zitterödnis nicht zu überqueren. Und sie würdenâ jede Generation aufs Neueâ feierlich einen Eid schwören, demzufolge sie ihre Fähigkeiten nicht dazu einsetzen würden, persönliche Ziele zu erreichen. Sie würden ihre gesteigerten Fähigkeiten nutzen, um die Lebensumstände der Menschen, die keine Magori waren, zu verbessern oder jene zu heilen, die in Not waren; sie konnten ihre Kräfte einsetzen, um ihr Land zu schützen, aber niemals, um gänzlich selbstsüchtige Motive zu verfolgen. Der Illusionist musste auÃerdem einen zusätzlichen Eid schwören, demzufolge sein Handeln stets die Zustimmung der Mehrheit seiner Magoroth-Kameraden benötigte.
Die fünfte Tafel stellte klar, dass zukünftige Generationen keine Schwerter oder Cabochone mehr erhalten würden,
Weitere Kostenlose Bücher