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Der Bund der Illusionisten 1

Der Bund der Illusionisten 1

Titel: Der Bund der Illusionisten 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larke Glenda
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für mich geschaffen hatten.
    Er sah zu Brand hoch und tat, als würde er mit der Hand etwas werfen, und danach, als würde er an einem Seil ziehen. Sekunden später entrollte sich ein langes Seil über der Verheerung, blieb einen Moment auf der faulenden Oberfläche liegen und sank dann langsam durch den Abschaum nach unten. Von den schwimmenden Ungeheuern unbeachtet landete es schließlich einige Schritte von mir entfernt.
    Ich wusste nicht, wie uns das irgendwie helfen sollte. Ich war zu schwach, um mich zu rühren, stand zu kurz vor dem Erstickungstod, um mehr tun zu können, als einfach nur so reglos wie möglich liegen zu bleiben. Und Temellin konnte nichts berühren und nichts festhalten.
    Ich hatte ihn unterschätzt. Er war zwar vielleicht nicht in der Lage, das Seil aufzunehmen, aber mit der Macht seines Cabochons konnte er einen Wind herbeirufen und den Schutzzauber durchdringen, den die Illusionierer um mich herum angelegt hatten. Er erschuf zwar nicht gerade einen Sturm, aber es genügte, um die zähflüssige Substanz der Verheerung aufzurühren und zum Fließen zu bringen. Die Verheerung widersetzte sich, aber schließlich siegte Temellin. Das Seil bewegte sich auf dem Strom voran, kroch allmählich in den schützenden Kokon und unter meinen Knöchel. Es dauerte um einiges länger, den Strom dazu zu bringen, nach oben zu fließen, so dass das Seil sich um meinen Fuß schlängeln konnte, dann so über sich selbst, dass ein Knoten zustande kam.
    Schließlich war es vollbracht.
    Temellin sah mich voller Mitgefühl an, dann nickte er Brand zu.
    Und ich war wieder in der Verheerung, wieder in der großen Qual, wieder inmitten der Bestien. Ein Kampf brodelte um mich herum, und in seiner Mitte befand sich Temellin. Goldenes Feuer zischte in verrottendes Fleisch, Tropfen aus geschmolzenem Feuer knisterten und brannten. Ein wurmförmiges Geschöpf löste sich in einem Eiterschwall auf; ein anderes schmolz einfach. Etwas verfing sich kurzfristig in meinen Haaren, bevor ein Lichtstrahl ein Loch in seinen Körper brannte und es vor Schmerz zuckend in die Tiefe stürzte. Ich war durchnässt vom Abfall des Bösen. Ich schwamm in blutigem Schleim und grüner Verwesung…
    Und dann war ich frei und befand mich in Brands Armen. Er hielt mich fest, und ich ließ los und versank im Nichts.
    Als ich aufwachte, öffnete ich die Augen nicht sofort. Ich wollte die Welt Stück für Stück erproben, einen Sinn nach dem anderen ausprobieren; vielleicht war es ja besser, überhaupt nicht aufzuwachen.
    Zuerst das Fühlen. Mir war warm. Ich war in etwas eingewickelt, das leicht prickelte, und die Hitze eines Feuers wärmte die eine Seite meines Körpers. Meine Gelenke und Muskeln protestierten, und meine Haut fühlte sich so rau an, als wäre sie ein oder zwei Tage der Zitterödnis ausgesetzt gewesen. Ein zögerliches Betasten meines Gesichts ergab, dass sich dort eine Vertiefung befand, die bleiben würde. Ich war von Narben entstellt.
    Dann das Hören. Das Knistern von Feuer, das weit entfernte Geräusch eines Flusses, von Wasser, das über Steine plätscherte, und das nahe Rascheln von jemandem, der sich schnell bewegte. Mir kam der Gedanke, ich wäre von einer Stimme geweckt worden. Es waren alles angenehme Geräusche.
    Und es gab auch angenehme Gerüche: der süße Duft von kochenden Rembawurzeln, gemischt mit gegrilltem Fleisch. Brand war wieder auf die Jagd gegangen. Da war auch ein Hauch von Slecz, ein bisschen zu kräftig für meinen Geschmack, als hätte ich mich im Schlaf an eines geschmiegt.
    Danach widmete ich mich den Wahrnehmungsfähigkeiten meines Cabochons– nichts. Sie waren noch zu schwach.
    Ich öffnete die Augen.
    Temellins Essenza kauerte an meiner Seite. Brand stand beim Feuer. Keiner von beiden sah in meine Richtung. Brand starrte Temellin streitsüchtig an, was seltsam wirkte, da die Essenza jetzt sogar noch ätherischer wirkte als zuvor. In dieser Gestalt war der Illusionist kaum jemand, der Brands Zorn hätte erregen können. Und doch war er zornig. » Hast du eine Ahnung, welche Hölle sie durchlitten hat, weil sie geglaubt hat, dass sie diejenige sein würde, die sich für die Illusion opfern müsste? Sie dachte, sie würde sterben, Temellin– all die vielen Wochen, in denen sie eingesperrt war, hat sie gedacht, dass sie verdammt ist– und

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