Der Bund: Dunkle Götter 2 (German Edition)
»James, jetzt könnt Ihr mitkommen«, fügte ich hinzu.
»Nein, ich werde warten. Ihr braucht mich, um sie in Bewegung zu halten, bis hier alles geräumt ist. Nehmt lieber Lady Rose mit«, entgegnete er.
Ich hatte jetzt keine Zeit, mit ihm zu debattieren. Stattdessen fasste ich Rose am Arm und führte sie neben den Wagen. Sie sträubte sich, aber ich ließ mich nicht beirren. »Ich will nicht weg! Du brauchst hier Hilfe!«, protestierte sie.
Ich ignorierte ihre Einwände, und sobald wir im Kreis waren, brachte ich uns alle nach Washbrook. Etwas überrascht sah sie sich um, nachdem wir derart schnell den Standort gewechselt hatten. »Sorg dafür, dass die Wagen in Bewegung bleiben, sobald sie durch sind!«, sagte ich zu ihr.
»Aber … warte …«, wollte sie noch einwenden. Ich versetzte ihr einen Stoß und gab ihr einen Klaps aufs Hinterteil. »Oh!«, rief sie. Penny und ich waren verschwunden, ehe sie noch weiter protestieren konnte.
Penny funkelte mich an. »Mein Herr, du gehst aber recht freizügig mit deinen Händen um.«
»Schreib es meiner nervlichen Belastung zu. Ich kann nicht so klar denken wie sonst«, behauptete ich. Wahrscheinlich würde ich später dafür büßen müssen.
Während der nächsten halben Stunde bewegten wir die Wagen stetig auf den Zielort zu. Trotz meiner Erschöpfung dachte ich schon fast, wir könnten es ohne weitere Zwischenfälle schaffen. Ein Ruf, der von der Außenmauer herüberscholl, zerstörte diese Träume. »Da kommen Soldaten! Viele Soldaten!«
»Verdammt!«, rief ich. Ich wusste nicht, wohin. Wenn ich den Männern des Königs einen handgreiflichen Ratschlag gab, sich nicht weiter zu nähern, konnte ich keine Wagen mehr transportieren. Wenn ich sie aber ignorierte, überwältigten sie möglicherweise meine Leute an der Mauer. Die Angst und die Unsicherheit lähmten mich. Dann legte mir jemand eine Hand auf die Schulter.
Es war James. »Macht weiter, Mordecai. Es sind nur noch fünf Wagen da. Ich sorge dafür, dass sie nicht hereinkommen«, versicherte er mir. Ich betrachtete den Mann, der mir fast zu einem zweiten Vater geworden war. Er wirkte jetzt alt, was mir seltsam vorkam. Aber seine Zuversicht half mir sehr.
»Ich zähle auf Euch«, erwiderte ich und nahm mir den nächsten Wagen vor. Dabei versuchte ich, an nichts zu denken; ich konnte es mir nicht erlauben, mich durch was auch immer von meiner Hauptaufgabe ablenken zu lassen.
Jedes Mal, wenn ich zurückkehrte, hörte ich etwas, das meine Befürchtungen verstärkte. Die Rufe und die lauten Stimmen trugen weit in der kalten Abendluft. Der Herzog hatte zunächst versucht zu verhandeln, um uns etwas Zeit zu erkaufen, aber es schien so, als wollten sich die Soldaten des Königs nicht darauf einlassen. Ich war erleichtert, als der letzte Wagen seinen Platz im Kreis fand. Noch ein Sprung, und es wäre erledigt. Ich transportierte den Wagen und Penny und kehrte zurück, um die Milizionäre abzuholen.
Inzwischen herrschte bereits das Chaos. Als wir das Lagerhaus verließen, war der Hof des Herzogs voller rennender Männer. Einige lagen längst am Boden, und ich fragte mich, wer da gerade eben für mich gefallen sein mochte. Die Krieger des Königs hatten es nicht geschafft, das Tor gewaltsam zu öffnen, und kletterten jetzt über die niedrige Steinmauer. Das Haus war nicht gebaut, um einer Belagerung standzuhalten, die Mauer maß kaum anderthalb Mannshöhen. In der Nähe lag einer meiner Männer am Boden, vorn ragte ein Pfeil aus seinem Helm.
James stand mitten im Hof und brüllte Befehle. Ohne seine Hilfe wäre die Schlacht längst verloren gewesen. »Rückzug ins Lagerhaus!«, rief er. »Beeilt euch!« Die meisten Milizionäre rannten bereits in meine Richtung, einige kamen humpelnd hinterher. Schon hatten die ersten Soldaten die Mauer überwunden und folgten ihnen.
» Lyet ni’Bierek «, rief ich und zielte mit dem Stab auf die Mauer hinter ihnen. Licht und Lärm drangen auf mich ein. Ich wiederholte den Vorgang und bearbeitete verschiedene Stellen der Mauer, um möglichst viele Verfolger aufzuhalten. James drehte sich um und wollte ebenfalls zum Lagerhaus laufen, doch auf einmal stolperte er und stürzte. Ein Pfeil hatte seine Hüfte getroffen. In mir stieg ein Schrei empor, der keine Worte fand. Es war ein urtümlicher Laut voller Schmerz und Pein. An verschiedenen Stellen des Hofs spannten weitere Bogenschützen ihre Sehnen.
Einer der Männer, die mit mir gekommen waren, drehte sich um und packte den
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