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Der Bund: Dunkle Götter 2 (German Edition)

Der Bund: Dunkle Götter 2 (German Edition)

Titel: Der Bund: Dunkle Götter 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael G. Manning
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doch ich wehrte ab. Man hört ja nicht jeden Tag, dass man nur noch ein paar Monate zu leben hat.
    Ich blieb gut eine halbe Stunde draußen, betrachtete die Bäume und lauschte dem Wind. Die Welt schien auf einmal viel lebendiger zu sein, als sie es noch vor einer kleinen Weile gewesen war. So viel lebenswerter. Ich wünschte, ich könnte erklären, was mich zu meiner Entscheidung bewegte, aber mit Worten lässt sich das nicht ausdrücken. Ich wusste es einfach. Wenn ich jetzt den Kurs wechselte, würde ich mir selbst untreu werden. Ich würde mich in jemanden verwandeln, der ich nicht sein wollte. Also kehrte ich nach drinnen zurück. Penny packte bereits unsere Sachen.
    »Hör damit auf, wir reisen nicht ab.«
    Ihr Gesichtsausdruck brach mir fast das Herz. Ich hätte alles gegeben, um es ihr zu erleichtern, nur nicht dieses eine. »Das ist doch nicht dein Ernst«, sagte sie.
    »Doch. Ich kann sie nicht im Stich lassen. Der Herzog braucht meine Zeugenaussage. Die Einwohner von Washbrook brauchen unseren Schutz. Unsere Eltern brauchen uns. Wenn ich jetzt weggehe, bin ich nicht mehr der Mann, den du liebst, sondern nur noch ein schlechter Abklatsch, ein Schwindler. Ich will lieber erhobenen Kopfes in die Zukunft gehen, auch wenn ich dabei … alles verlieren könnte.« Ich war selbst den Tränen nahe, konnte sie aber gerade noch unterdrücken.
    Penny stand auf und kam zu mir. Der Zorn war ihr deutlich anzumerken. »Und was ist mit mir? Hm? Was ist mit deinen Eltern? Wir können sie doch mitnehmen. Was soll ich denn tun, wenn du tot bist? Hast du schon mal daran gedacht? Hm?« Sie zitterte wie Espenlaub. »Glaubst du, die Erinnerungen an deine edlen Taten werden mich nachts warm halten? Und deine Eltern glücklich machen?«
    »Ich werde meine Meinung dazu nicht ändern.« Es tat mir weh, sie so zu sehen.
    »Du selbstsüchtiger Hund!« Sie wollte mich schlagen, doch ich hielt ihr Handgelenk fest. Vielleicht hätte ich es auch zulassen sollen, vielleicht hätte ich mich danach sogar besser gefühlt. Ich fürchtete jedoch, sie könnte sich an meinem Schild verletzen. Sie rang einen Augenblick lang mit mir, dann riss sie die Hand zurück. »Ich bleibe nicht hier. Wenn du wirklich dazu entschlossen bist, dann musst du es allein tun. Ich werde nicht dabei zusehen, wie du dich selbst umbringst.« Sie sprach ganz leise.
    Ich öffnete den Mund und wollte schon sagen: Ich brauche dich, ich schaffe das nicht ohne dich , aber ich brachte die Worte nicht heraus. Ich konnte sie nicht zwingen, dazu hatte ich nicht das Recht. Sie wich vor mir zurück, als ich mit halb geöffnetem Mund im Zimmer stand. Dann schüttelte sie den Kopf, als wollte sie nicht glauben, was sie sah. Schließlich drehte sie sich um und ging zur Tür. Gleich darauf war sie fort. Sie hatte die Tür nicht einmal zugeknallt.
    Ich setzte mich aufs Bett. Schlimmer hätte der Tag nicht verlaufen können.

Fast eine Stunde saß ich in dem Zimmer. Ich wollte ihr folgen, doch nach allem, was sie gesagt hatte, konnte ich es nicht. Wenn ich in einem halben Jahr wirklich sterben musste, dann war es gewiss nicht fair, sie zu zwingen, dabei zuzusehen. Vielleicht konnte sie noch jemand anders finden, wenn sie sich rechtzeitig zurückzog, und mich vergessen … damit es ihr nicht mehr so wehtat. Natürlich war ich ein Idiot, so zu denken, denn wäre die Situation umgekehrt gewesen, dann wäre ich in ein paar Monaten bestimmt nicht darüber hinweggekommen. Falls überhaupt.
    Ein Gedanke allerdings hob meine Stimmung. Wenn ich die Zeit und die Umstände meines Todes annähernd kannte, dann bedeutete dies auch, dass ich mit großer Sicherheit nicht vorher sterben würde. In solchem Lichte betrachtet, hieß dies, dass ich im Laufe der nächsten sechs Monate so gut wie unverwundbar war. Es bringt ein gewisses Maß an Freiheit mit sich, wenn man weiß, dass man nicht sterben kann – oder jedenfalls noch nicht. Darauf konzentrierte ich mich. Ein Klopfen an der Tür unterbrach den Gedankengang jedoch.
    Ich stand auf und bat den Betreffenden herein. Ein Diener hatte den Herzog von Lancaster zu mir begleitet. Sobald ich die Tür geöffnet hatte, trat James ein, und als sie sich hinter ihm schloss, konnte ich erkennen, dass er sehr aufgeregt war. Seine Aura pulsierte sogar vor Zorn. So wütend hatte ich ihn seit der Schlacht in der Burg von Lancaster nicht mehr gesehen.
    Wortlos schritt er im Raum hin und her. Ich ließ ihn vorerst in Ruhe und schenkte mir einen Becher Wein ein.

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