Der Bund: Dunkle Götter 2 (German Edition)
der Familie Tremont jemand magische Kräfte besessen hätte. Gewiss hat Tremont niemals eine solche Begabung an den Tag gelegt. Wünscht Ihr trotzdem, das Gegenteil zu behaupten?«
»In der Tat.«
Lord Tremont platzte heraus: »Das ist ungeheuerlich! Mein Sohn hat nie irgendein Anzeichen irgendwelcher magischer Kräfte gezeigt.«
»Wie gedenkt Ihr Eure Behauptung zu belegen, Lord Cameron?« Lord Winfield schien ehrlich interessiert.
»Jeder hat gesehen, wie er in der Schlacht beim Ball seine Kräfte einsetzte, bevor er starb. Am deutlichsten war es zu erkennen, als er versuchte, mich bei lebendigem Leibe zu verbrennen«, antwortete ich ruhig.
»Ist das wahr, Lord Lancaster?«
»So hat es in meinen Augen gewiss ausgesehen«, erwiderte James.
Nun ergriff Lord Tremont wieder das Wort. »Wahrscheinlich hat er das selbst getan und verschleiert es jetzt mit der Behauptung, mein Sohn habe ähnliche Fähigkeiten besessen.«
Der Gerichtsherr schaltete sich ein. »Da es keine überzeugenden Beweise gibt, lassen wir die Frage von Devons magischer Begabung vorläufig offen. Für den vorliegenden Fall spielt dies ohnehin keine große Rolle. Da Eure Verlobte nicht anwesend ist, müsst Ihr für sie antworten. Hat sie versucht, Lord Tremont an jenem Abend beim Ball zu töten?«
Nun befand ich mich auf dünnem Eis. »Sie hatte eine Ahnung, was Tremont plante, und wollte angesichts seiner vorherigen Taten die Gefahr ausräumen, die er darstellte.« James schnitt eine Grimasse. Ich glaube nicht, dass er meine offene Antwort zu schätzen wusste.
»Welche vorherigen Taten?«, fragte der Gerichtsherr.
»Darüber würde ich mich lieber nicht äußern, Euer Lordschaft.« Mit dieser Antwort stand ich natürlich nicht sehr gut da, aber ich konnte es nicht ertragen, in aller Öffentlichkeit zu diskutieren, was er Penelope beinahe angetan hätte.
»Er hat mich vergewaltigen wollen«, ließ sich in diesem Augenblick aus dem Mittelgang eine Stimme vernehmen. Ich drehte mich um, und da stand sie in einem strahlend weißen Kleid. Sie kam nach vorn und blieb neben mir stehen. In dem Ansturm der Gefühle hätte ich beinahe die Fassung verloren. Doch ich kämpfte die Aufwallung nieder.
»Gab es Zeugen für diesen Vorfall?«
»Dorian Thornbear und meinen Verlobten Lord Cameron.« Sie nickte in meine Richtung. So schön wie in diesem Moment war sie in meinen Augen nie zuvor gewesen.
Danach entbrannte eine hitzige Debatte. Lord Tremont rief etwas, und die Verhandlung geriet aus dem Tritt. Nach einigen seiner Bemerkungen über Pennys Glaubwürdigkeit wäre mir beinahe der Kragen geplatzt. Weitere Aussagen machten die Sache nur noch undurchsichtiger, bis ich mich fragte, wie Lord Winfield am Ende entscheiden werde. Ich an seiner Stelle wäre sicherlich verwirrt gewesen. Natürlich wählte Marc genau diesen Zeitpunkt für seinen Auftritt.
Er lief nach vorn, ohne aufgerufen zu sein. Sein weißes Gewand schien zwischen diesen gut gekleideten Lords und Ladys völlig fehl am Platze. Ohne eingeladen zu sein, baute er sich vor dem Gericht auf und ergriff das Wort. Obwohl er nicht einmal die Stimme hob, war er im ganzen Raum gut zu verstehen. »Die Lancasters und Lord Cameron sind unschuldig.« Er sprach ganz beiläufig, als erwartete er, dass man es ihm einfach so abkaufte.
»Ihr seid ein Lancaster! Warum sollte jemand glauben, Eure Worte könnten weniger voreingenommen sein als die Eures Vaters?« Es klang nach Tremont, aber ich war nicht ganz sicher, wer gesprochen hatte.
»Ich könnte als Zeuge aussagen, aber das würde wenig nützen. Ich bin hier, um für die Lady des Abendsterns zu sprechen. Sie möchte ihre Weisheit heute mit Euch teilen.« Damit war ihm die ungeteilte Aufmerksamkeit aller Anwesenden sicher.
Es blieb noch einen Moment ruhig, bis Lord Airedale rief: »Erwartet Ihr von uns, Euch einfach so zu glauben, dass Ihr im Namen der Göttin sprecht?«
Marc blickte kurz zu Boden, ehe er den Kopf wieder hob. Als er die Augen öffnete, strömte Licht aus ihnen heraus und erfasste den ganzen Raum. Das Licht umhüllte ihn, und dann war er fort. An seiner Stelle war eine so schöne Frau erschienen, dass sogar Penny im Vergleich zu ihr langweilig gewirkt hätte. Allerdings hätte ich ihr das niemals gesagt. »Ich bin gekommen, Euch die Wahrheit zu verkünden, und wenn jemand es wagt, mein Wort in Zweifel zu ziehen, dann soll er sich jetzt äußern.«
Millicenths Stimme besaß eine geradezu überirdische Schönheit. Niemand unterbrach sie.
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