Der Bund: Dunkle Götter 2 (German Edition)
Anath’Meridum. Ich bin immer noch ungebunden, und es würde mich vermutlich sehr verärgern, wenn Ihr meine Diener verletzt. Aber das könnte mich gewiss nicht davon abhalten, die ganze Bank abzureißen. Ich frage mich, wie die Geschäfte wohl laufen würden, wenn Ihr auf einem Schutthaufen säßet.«
Lass es uns erschüttern und zerstören!
Wie schön, da war schon wieder diese Stimme.
»Jetzt übertreibt Ihr aber! Was für eine lächerliche Vorstellung! Das Gebäude besteht aus massivem Stein und steht seit mehr als vierhundert Jahren hier. Ihr könnt vielleicht etwas Holz verbrennen oder die Möbel demolieren, aber glaubt Ihr tatsächlich, Ihr könntet das Gebäude selbst beschädigen?« Er sprach so aufgeregt und laut, dass ihm die Speicheltropfen aus dem Mund flogen. Offensichtlich konnte Master Aston mit solchen Belastungen nicht gut umgehen.
Noch während er sprach, spürte ich unter mir in der Erde ein riesiges Herz pochen. Eigentlich hatte ich die Absicht gehabt, meine eigenen Kräfte einzusetzen, um etwas Drastisches zu tun – wie beispielsweise seinen hübschen Schreibtisch zu zerstören oder ein paar Dokumente herumzuwirbeln. Aber die Stimme und das dumpfe rhythmische Pochen brachten mich auf eine andere Idee. Ich griff mit dem Geist hinaus, spürte den Herzschlag unter mir so wie meinen eigenen … und dann lenkte ich die Gedanken nach außen. Also los, lasst es beben , dachte ich.
Ein Grollen ließ das ganze Gebäude wackeln, sogar der Boden zitterte unter meinen Füßen. Es war ein dumpfes Geräusch, fast zu tief, um es mit den Ohren wahrzunehmen. Alles geriet in Bewegung. Erstaunt verzog Master Aston das Gesicht und versuchte aufzustehen. Prompt fiel er wieder hin, als das Gebäude zu schaudern schien und der Boden sich unter ihm wellte. Ich machte mir inzwischen auch selbst Sorgen, denn von der Decke rieselten Staub und Putz herunter, und mein Magen machte Bocksprünge, als das ganze Gebäude erneut wackelte. Aufhören! Genug! , rief ich innerlich, auch wenn ich nicht genau wusste, an wen ich mich damit überhaupt wandte. Das Grollen erstarb, und das Gebäude beruhigte sich, doch den mächtigen Herzschlag spürte ich immer noch tief unter mir … im Innern der Erde.
Der Bankier hockte auf allen vieren und hielt sich an dem Teppich unter seinem Schreibtisch fest, um nicht wegzurutschen. Ich war nicht sicher, was gerade geschehen war, aber das musste er nicht unbedingt wissen. »Sagtet Ihr nicht gerade etwas über die Standfestigkeit der Bank, Master Aston? Ich glaube, ich habe Euch nicht ganz verstanden. Würdet Ihr noch einmal wiederholen, was Ihr gerade gesagt habt?«
Völlig überrumpelt gab er ein »Äh …« von sich. Anscheinend hatte es ihm die Sprache verschlagen.
»Solltet Ihr nicht die Kontenbücher holen, um endlich zur Sache zu kommen?«
»Aber … das kann ich nicht«, setzte er an.
»›Ich kann nicht‹ ist ein so hässlicher Satz, Master Aston. Wir wollen doch zuversichtlich bleiben. Holt die Bücher, und dann seid Ihr mich los. Ich habe noch so viele andere Dinge zu erledigen.« Dabei schenkte ich ihm ein beruhigendes Lächeln.
Jetzt wurde er kreidebleich. Manchmal hat mein Lächeln diese Wirkung. Er stand auf und wollte hinaus. »Vielleicht habt Ihr recht, Lord Cameron. Lasst mich meinen Assistenten rufen, und dann erledigen wir alles so schnell wie möglich.«
»Bitte schickt auch meinen Leibwächter und meine Dienerin herein.« Mit Müh und Not unterdrückte ich ein Kichern, weil ich Penny als meine Dienerin bezeichnet hatte.
Gleich darauf traten Penny und Cyhan ein. Sobald die Tür geschlossen war, sah sie mich fragend an. »Was hast du getan?« Anscheinend war ihre Verärgerung inzwischen verflogen. Cyhan funkelte mich allerdings an. Ich hatte das Gefühl, dass sich unser Verhältnis inzwischen verschlechtert hatte, aber ganz sicher war ich nicht.
»Nichts weiter. Das war ich gar nicht«, beruhigte ich Penny. »Ich habe nur wieder die Stimme gehört und ihr dieses Mal gesagt, sie solle einfach am Haus wackeln. Ich hatte keine Ahnung, dass es tatsächlich wackeln würde.«
»Hört Ihr jetzt schon Stimmen?«, unterbrach Cyhan. Es klang, als hätte er mit so etwas gerechnet.
»Ab und zu, ja, aber keine Sorge, ich bin nicht verrückt. Ehrlich … ich weiß ja, dass es nicht meine eigenen Stimmen sind.« Je mehr ich sagte, desto verrückter klang es, und es trug sicher nicht dazu bei, unser Verhältnis zu verbessern. Ich fragte mich, was passieren würde,
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