Der Bund: Dunkle Götter 2 (German Edition)
wenigstens etwas Verstand im Kopf«, pflichtete Penny ihm bei.
»Was würden sie denn damit gewinnen?« Ich war wirklich neugierig.
»Der Kreditbrief wäre nicht mehr viel wert, und das restliche Geld bliebe wohlbehalten in der Bank«, antwortete Cyhan sofort.
Ich musste zugeben, da war etwas dran. Anscheinend hatte ich nicht alle denkbaren Motive in Betracht gezogen. Nicht, dass ich in diesem Augenblick noch etwas ändern konnte. Unterdessen hatte ich mein Bewusstsein ausgeweitet, um die Umgebung zu überwachen. Auf dem Heimweg musste ich noch einmal gründlich über alles nachdenken. Die Bankiers kannten unser Ziel und wussten auch, wann wir reisen würden.
Endlich erreichten wir Lancasters Haus. Ich hatte immer erwartet, dass es prächtig war, und wurde nicht enttäuscht. Es stand ein wenig von der Straße zurückgesetzt und war mit einer kleinen Steinmauer gesichert, die für Abgeschiedenheit und Schutz sorgte. Ein schweres schmiedeeisernes Tor versperrte die Zufahrt. Daneben war eine Glocke angebracht, die man läuten konnte, um die Bewohner zu rufen, falls niemand Wache hielt. Glücklicherweise stand dort jedoch ein Posten, sodass wir die Glocke nicht benutzen mussten.
»Mordecai, seid Ihr es?«, fragte der Wächter.
Ich betrachtete ihn genau. Es war ein fast vierzigjähriger Mann, schlank und von der Sonne gebräunt. »Wallace?« Ganz sicher war ich nicht, denn als Junge war es mir nicht besonders wichtig gewesen, mir die Namen der Wächter einzuprägen.
»Ha, Ihr seid es wirklich, Junge! Wie schön, Euch zu sehen. Wartet, ich öffne gleich das Tor. Seine Durchlaucht sagte schon, Ihr würdet heute noch kommen.« Umsichtig entriegelte er das Tor und fuhr die Flügel mit einer kleinen Winde weit auf. Wir Menschen hätten zwar auch die kleine Tür benutzen können, die seitlich in das Tor eingelassen war, doch dort hätten die Maultiere mit den dicken Packen nicht hindurchgepasst.
Es tat gut, jemanden zu sehen, den ich seit meiner Kindheit kannte. Das half mir sehr, mich in dieser fremden Stadt heimisch zu fühlen. Bis dahin war mir gar nicht bewusst gewesen, wie groß mein Heimweh inzwischen geworden war. Als ich mich entspannte, frischte der Wind auf, und ich hatte fast das Gefühl, er flüstere mir etwas zu. Die Luft zupfte an meinen Haaren und ließ kleine Blätter im Hof tanzen. Ich lächelte und atmete tief durch. Während der Wind murmelte, beobachtete ich die Bäume, die sich im Westen der Stadt wiegten. Dort reichte die königliche Jagd bis fast an die Stadtmauer heran. Ein leichter Regen würzte da drüben die Luft, und ein frischer Geruch von Erde und Wachstum stieg empor.
Penny legte mir eine Hand auf die Schulter und riss mich aus dem Tagtraum. »Mort, geht es dir nicht gut?«
»Doch, warum?« Ich sah sie an und brauchte einen Augenblick, um mich auf sie zu konzentrieren.
»Du hast nur herumgestanden, gelächelt und dir selbst etwas zugemurmelt. Mit wem hast du gesprochen?« Ihre dunkelbraunen Augen waren voller Sorge.
»Mit niemandem. Ich habe nur dem Wind gelauscht … er hat vom Regen erzählt, und …« Ich unterbrach mich, denn sie hatte die Augen zusammengekniffen. »Ich meine, ich konnte den Regen riechen, der gerade erst gefallen ist. Es ist ein schöner Tag. Ich wollte dich nicht beunruhigen«, sagte ich.
»Mordecai!« Marc kam aus dem Haus gelaufen, um uns zu begrüßen. »Wie ist es dir in der Bank ergangen? Als ich Vater sagte, dass du dorthin willst, dachten wir daran, eine Abteilung Wächter zu schicken, damit du nicht gleich eingesperrt wirst. Er war sicher, dass sie nicht erfreut sein würden, dich zu sehen.« Für einen Heiligen und Propheten war er dem alten Freund, den ich schon so lange kannte, bemerkenswert ähnlich.
»Ha!«, antwortete ich und vergaß mein Misstrauen angesichts seiner neuen Berufung. »Sie haben uns mit offenen Armen empfangen und ihre Schatzkisten geöffnet! Als Geste ihrer Freundschaft haben sie uns das hier mitgegeben.« Ich deutete auf die Maultiere und ihre schwere Fracht.
Penny runzelte die Stirn. »Damit meint er, dass sie uns beinahe hinausgeworfen hätten, bis er endlich drohte, die Bank zu einem Haufen aus Steinen und Sand zerfallen zu lassen.«
Marcus lachte, obwohl es gar kein Scherz gewesen war. Penny war über mein Vorgehen in der Bank keineswegs erbaut. Ich fragte mich, warum er eine derart gute Laune hatte. »Was macht dich so fröhlich?«, fragte ich. »Hast du dich mit deinem Vater ausgesöhnt?«
Darauf machte er eine
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