Der Captain ist 'ne Lady
etwas.”
Abby legte sich eine Hand an die Brust und holte tief Atem. Meredith füllte rasch ein Glas und reichte es Abby.
“Danke, Meri, aber es ist alles in Ordnung”, versicherte Abby. “Ich bin nur außer Atem.” Trotzdem nahm sie einen Schluck, ehe sie sich an ihren Bruder wandte. “Es ist nicht wirklich schlimm, aber Jake lässt fragen, ob du heute Nachmittag aushelfen könntest.” Sie stellte das Glas auf die Theke und fuhr fort: “Gestern hat er vier Männer nach Amarillo geschickt, damit sie die neuen Stiere holen. Sie kommen erst morgen Abend zurück. Heute Vormittag hat sich Jim-Ed Bingham mit Stacheldraht an der Hand verletzt, und jetzt hat Lawrence Hutchins Grippe bekommen. Ich habe ihm gerade geholfen, Heu zu stapeln, als er sein Frühstück verloren hat.”
“Und weiter”, drängte Cinco.
“Du könntest einspringen, da wir so knapp an Helfern sind”, hielt ihm seine Schwester vor. “Einer der Piloten hat ein Pferd in einer Schlucht entdeckt, aus der es nicht von selbst herauskommt. Er fürchtet, dass Kojoten in der Nähe sein könnten. Wir haben welche verfolgt, aber sie haben sich versteckt. Wenn es dunkel wird, könnten sie angreifen. Er meint, das Pferd verhält sich so ängstlich, als würde es bereits die Feinde wittern.”
“Möchte Jake, dass ich mich um das Pferd kümmere?”, fragte Cinco.
“Ja, falls es dem großen Leiter der Ranch nicht zu viel Mühe macht.”
Cinco überging die spöttische Bemerkung seiner Schwester. Das war zwischen ihnen der übliche scherzhafte Ton. “Wo ist die Schlucht?”, fragte er, während er schon zum Vorraum ging. “Brauchen wir Pferde?”
Meredith beschlich eine schlimme Vorahnung, weil er von ‘wir’ sprach.
“Nimm einen Pick-up”, riet Abby. “Ich kann dich allerdings nicht begleiten. Jake braucht mich. Setz dich über Funk mit dem Piloten in Verbindung, damit er dir den Weg beschreibt.”
“Ich habe auch nicht damit gerechnet, dass du mich begleitest”, rief er seiner Schwester nach, als sie die Küche verließ. “Meredith, holen Sie Jacke und Hut, Sie kommen mit”, verlangte er.
Dass dieser Cowboy doch ständig Befehle erteilen musste! Meredith ärgerte sich, aber sie hatte schon damit gerechnet. Also verabschiedete sie sich von Lupe, bat sie, mit dem Anschneiden des Kuchens auf sie zu warten, und gehorchte.
Eine Stunde später erreichte die Sonne den höchsten Stand. Meredith saß im Pick-up und hielt Funkkontakt zu dem Piloten, der über ihnen flog. Nur zu gern wäre sie jetzt dort oben gewesen, anstatt sich auf dieser staubigen Straße mit den unzähligen Schlaglöchern durchrütteln zu lassen. Doch sie verdrängte den Wunsch.
Cinco stellte den Wagen ab und stieg aus. “Albernes Pferd”, murmelte er vor sich hin, während er von der Ladefläche ein Seil holte. Als Meredith ihm folgte und ihn fragend ansah, erklärte er: “Schafe sind dumm genug, um nicht aus Schluchten zu finden. Manchmal fallen sie sogar von Felsen. Pferde sollten eigentlich klüger sein, sonst würden wir Jungtiere nicht in diesem rauen Gelände weiden lassen.”
“Sie haben auch Schafe auf der Ranch?”, fragte sie erstaunt.
“Wahrscheinlich haben Sie zu viele alte Western gesehen. Auf so großen Ranches wie der unseren nutzt man das Land besser aus als früher. Wir züchten Schafe und Rinder und an den steilen Berghängen sogar Ziegen. Man muss zusehen, wie man sein Geld verdient.” Er holte ein zusammengerolltes Seil aus einer Kiste und führte Meredith zur Schlucht. “Zwei Parzellen haben wir vor Kurzem an einen Windfarmer verpachtet.”
“Wie bitte?”, fragte sie verdutzt.
“Sie erzeugen Strom durch Windräder”, erklärte er lächelnd. “Und Wind haben wir hier in ausreichender Menge.”
“Erstaunlich”, meinte sie. “Davon hatte ich wirklich keine Ahnung.”
Cinco verstand nicht, wieso es für ihn überhaupt wichtig war, Meredith zu beeindrucken. Sobald das FBI Rourke geschnappt hatte, würde sie auf der Stelle die Ranch verlassen. Allerdings hatte er die Leute vom FBI telefonisch über den Mann mit der Zigarette informiert, doch sie hatten ihm versichert, dass Rourke nicht in der Nähe sein konnte.
Sobald sie den Rand der zum Glück nicht tiefen Schlucht erreicht hatten, entdeckten sie einen schlanken Rappen. Er steckte zwischen zwei Felsblöcken fest, und es fiel Cinco leicht, ihm eine Schlinge um den Hals zu werfen. Doch dann merkte er, dass der Hengst hinkte.
Als er sich das linke Vorderbein ansah, fand er eine
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