Der Cartoonist
unterschwellig auch wütend gewesen. Und diese
Stimmung war heute am frühen Nachmittag in heftige Wut umgeschlagen, als sie
gemerkt hatte, dass sie irgendwo in den Waldwegen der White Mountains gelandet
waren und sich im wahrsten Sinne des Wortes auf dem Holzweg befanden. Sie hatte
sich selbst versprochen, sich auf dieser Reise von Klara auf keinen Fall
provozieren zu lassen, aber dieses Versprechen hatte sich als nutzlos erwiesen.
Wie ihre Mutter
war Klara jemand, der über alles und jedes herzog. Mit dieser ablehnenden
Haltung reagierte sie auf alles, was ihr begegnete. Und ein Lieblingsziel ihrer
Angriffe war Scott, den sie bei jeder Gelegenheit nach Kräften schlecht machte.
Krista war zwar klar, dass die Hasstiraden ihrer Schwester vor allem vom
Alkohol beflügelt wurden, dennoch führten Klaras rohe
und unbegründete Attacken unvermeidlich dazu, dass sie selbst in die Defensive
geriet. Am Sonntagabend hatte Krista versucht, ihrer Schwester ausführlich
davon zu erzählen, wie Scott beinahe ertrunken wäre. Hauptsächlich auch
deshalb, um ein wenig von der Spannung abzubauen, die sich bei ihr selbst
aufgrund dieses Erlebnisses angestaut hatte. Doch Klara war ihr schon nach
wenigen Sekunden mit ätzenden Bemerkungen ins Wort gefallen.
»Willst du
damit sagen, dass dieser Seelenklempner von Ehemann mit einem Kater tauchen
gegangen ist? Mein Gott, was hast du doch für einen verantwortungslosen
Mistkerl geheiratet. Und was erwartet er von dir und deinem Kind, während er
auf dem Seegrund Entenmuscheln sammelt ?« Wütend
starrte sie Joe an. »Wenn mein Mann jemals Lust hätte, eine solche
Nummer abzuziehen, würde ich ihn glatt umbringen .«
Krista, die
angespannt und zornig war und gleichzeitig Mitleid mit ihrem Schlappschwanz von
Schwager empfand, entschuldigte sich früh und ging zu Bett. Ruhelos warf sie
sich die ganze Nacht hin und her und stand am Morgen schon eine Stunde vor dem
Hahnenkrähen auf - ehe Klara Gelegenheit hatte, sie erneut in die Mangel zu
nehmen. Flüsternd verabschiedete sie sich von Joe, ließ einen Zettel für ihre
schnarchende Schwester da und scheuchte Kath hoch, noch ehe sie ihren
Frühstückstoast aufgegessen hatte. Die Erleichterung darüber, dass ihre Flucht
so glatt verlaufen war, und der viel versprechende blaue Himmel gaben ihr Hoffnung, dass ihre Reise trotz allem doch noch gut
verlaufen würde.
Die
Auseinandersetzung mit ihrer Schwester war schon schlimm genug gewesen, doch so
zwangsläufig, als braue sich langsam ein Sturm zusammen, sollte es bald noch
viel schlimmer kommen. Der Zollbeamte an der Grenze war offenbar mit dem
falschen Bein zuerst aufgestanden und ganz scharf darauf, sie zu drangsalieren.
Eine gute halbe Stunde verbrachte er damit, sich über den geöffneten Kofferraum
des Volvo zu beugen und jedes einzelne Gepäckstück zu durchwühlen, das er
finden konnte. Zurück blieb ein wildes Durcheinander. Zehn Minuten, nachdem sie
die Landesgrenze nach Vermont überquert hatten, hielt sie ein Polizist wegen
Verstoßes gegen die Geschwindigkeitsbeschränkung an und zwang sie, mit ihm
zusammen mehr als zehn Kilometer zurück zur Polizeiwache irgendeiner kleinen
Stadt zu fahren, damit sie dort die Geldbuße zahlte. Kurz vor Montpellier ging
ihr das Benzin aus. Danach zeigte ihr ein erboster Tramper den Stinkefinger.
Und auf der Terrasse vor dem McDonald's in Barre ging eine mordlustige Seemöwe
im Sturzflug auf sie los.
Aber der
Gipfel aller Katastrophen sollte erst noch kommen, nachdem sie die Stadtgrenze
von Lincoln in New Hampshire passiert hatten.
»Eh, Mom, ich
glaub, wir hätten da hinten rechts statt links abbiegen müssen«, meldete sich
Kath. Es war eine Feststellung, in der ein vorwurfsvolles
»Hab-ich's-dir-nicht-gleich-gesagt? !« mitschwang.
Kath, die auf
die Straßenkarte des Automobilclubs gesehen hatte, hatte es ihr tatsächlich
rechtzeitig gesagt. Trotzdem war Krista links abgebogen, eigentlich ohne jeden
einleuchtenden Grund. Es war ihr einfach ... richtig vorgekommen, so, als habe
es sich von selbst ergeben. Erst später war ihr aufgefallen, dass sie sich
recht seltsam verhalten hatte. Denn von Natur aus war sie doch gar nicht so
impulsiv, schon gar nicht, wenn sie ein bestimmtes Ziel hatte. Sicher, sie
hatte den abrupten Wechsel des Straßenzustands bemerkt: Die Asphaltdecke wies
hier alle möglichen Risse auf und sah verblichen aus. Dabei hatte sie an die
von der Sonne verbrannten Lehmbrocken denken müssen, mit denen sie als Kind auf
dem
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