Der Chaos-Pakt
Cyadoraner mühelos töten können, doch sie hielt nur die Klinge hoch und steckte sie schließlich langsam in die Scheide, als die restlichen paar Lanzenkämpfer sich durchs Grasland zurückzogen und im Kreis zur Straße zurückkehrten.
Einen langen Augenblick sahen sich der Mann mit dem silbernen und die Frau mit dem hellroten Haar nur an, beinahe wie betäubt, bis Nylan blinzelnd das Brennen aus den Augen vertrieb und das Schlachtfeld überblickte.
Auf der linken Seite führte Tonsar seine Gruppe zu Nylan zurück.
»Ihr habt ihn fliehen lassen«, wunderte sich der Unteroffizier. Vor den Nüstern seines Pferdes stand Schaum.
»Ich musste«, sagte der Heiler müde.
Tonsar sah von einem zum anderen Engel, dann zuckte er mit den Achseln. »Jeder allein gegen drei, jeder hat zwei getötet. Das ist nicht schlecht.«
»Nicht schlecht ... will er sie auf den Arm nehmen?«, rief einer aus einer Gruppe von Rekruten, die sich ein Stück entfernt gesammelt hatten.
Nylan hätte trotz der bohrenden Kopfschmerzen beinahe gegrinst, aber er schaffte es, ernst zu bleiben.
Der Staub auf der Straße legte sich wieder, nachdem die restlichen Cyadoraner in Richtung des Bergwerks verschwunden waren.
Nylans Impuls zu grinsen verflog, als das Pochen im Kopf anhielt und er die zertrampelte Straße und die aufgewühlte Erde auf den Äckern in der Nähe sah, die kleinen weißen Hügel und die wenigen dunkel gekleideten Gestalten, die im Gras verstreut lagen, die Schilde, die immer noch das Sonnenlicht spiegelten und reflektierten.
War es wirklich vorbei? Nylan holte tief Luft, dann noch einmal, und bemühte sich, das rasende Herz zu beruhigen. Sogar in den Handflächen schwitzte er jetzt und abgesehen vom pochenden Kopfschmerz und den spitzen Messern in den Augen taten ihm auch noch die Augenwinkel weh, weil salziger Schweiß hineingelaufen war.
Noch einmal holte er Luft und sah sich um.
Fornals Männer plünderten bereits die Toten, im Süden auf der Straße war nur noch eine kleine Staubwolke zu sehen.
Ein kurzes Geplänkel und ... wie viele? Fünfunddreißig Cyadoraner waren tot, mehr als ein Dutzend Kämpfer aus Lornth waren gefallen, wer weiß wie viele verletzt und angeschlagen.
Ayrlyn war schon neben einem stöhnenden Mann abgestiegen. Der Ingenieur rieb sich kurz die Stirn, dann lenkte er seine Stute zu ihr. Früher oder später musste er sein Schwert holen und es aus dem Leib des toten Lanzenkämpfers ziehen, falls das nicht schon jemand getan hatte.
Eines war völlig klar – dieser Kampf und diese Toten, das war erst der Anfang.
LXVI
F ornal trank einen kleinen Schluck, als wollte er den essigsauren Wein so lange wie möglich genießen, und stellte den Tonbecher auf den wackligen Tisch, der einst als Esstisch im Bauernhof in Kula gedient hatte.
Nylan trank einen Schluck vom geordneten Wasser und beobachtete den Schatten von Ayrlyns Profil an der Wand. Die Heilerin trank Wein, aber in noch kleineren Schlucken und noch seltener als Fornal. Sie hatte tiefe Ringe unter den Augen.
Lewa hustete.
Nylan bemühte sich, im Dreck und Staub nicht zu tief zu atmen.
Alle vier sahen im Zwielicht Huruc an, der mit einem geschnitzten Stock auf eine primitive Karte deutete, die er neben der Laterne ausgebreitet hatte.
»Die Späher melden, dass die Weißen zu einem kleinen Ort namens Yisara unterwegs sind«, sagte der Unteroffizier. »Sie haben fast fünfzehn Züge aufgeboten, beinahe so viel wie für den zweiten Angriff auf Hesra.«
Lewa starrte den verkratzten Holzboden an.
Nylan ließ sich nicht gern daran erinnern. Jedes Mal, wenn die Cyadoraner auf Schwierigkeiten stießen, setzten sie einfach mehr Truppen ein.
Nicht mehr lange, und auch die kleinsten Trupps würden aus mindestens fünf oder sechs Zügen Lanzenreitern bestehen.
»Das sind wohl im Augenblick noch zu viele für uns, nicht wahr?«, meinte Ayrlyn.
»Wir haben jetzt sechs Züge, in etwa einem Achttag soll noch ein weiterer aus Carpa kommen.« Fornal zuckte mit den Achseln und spielte nervös mit dem Becher. »Wenn wir es mit fünfzehn Zügen zu tun haben, können wir nicht angreifen oder uns verteidigen.«
»Warum schicken wir dann nicht einfach einen kleinen Trupp, um die Einheimischen zu warnen?«
Fornal runzelte die Stirn.
»Unsere Männer könnten etwas Bewegung gebrauchen und die Warnung würde es den Weißen Dämonen etwas schwerer machen. Sie würden dadurch keine oder weniger Vorräte bekommen.«
»Wir wissen nicht sicher, dass sie nach
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