Der Chaos-Pakt
dachte, du hättest vielleicht etwas gehört.«
»Keine Schriftrolle, kein Bote.« Die blonde Regentin schüttelte den Kopf. Nach einem Augenblick las sie weiter.
»Lornths unkluges Vorgehen ... hat das Weiße Imperium in den Nordwesten Candars gelockt ... müssen darauf bestehen, dass Lornth ein Abkommen mit Cyador schließt ... sonst nicht nur den Zorn des Hüters des Paradieses fürchten, sondern auch die unversöhnliche Feindschaft von Jerans ...« Sie lachte mit belegter Stimme. »Sillek hatte auch in diesem Punkt Recht.«
»Dein Gefährte und Fürst hatte in vielerlei Hinsicht Recht. Er war ein besserer Mann, als es die Grundbesitzer verdient gehabt hätten, das beginnen viele jetzt einzusehen.«
»Das freut mich sehr«, bemerkte sie mit eisiger Stimme.
»Zeldyan ...«
»Ich weiß, ich weiß ... aber wer sonst ist in der Lage, es zu begreifen? Fornal ganz sicher nicht. Wie die Fürstin Ellindyja denkt er nur an die Ehre, die uns letzten Endes vernichten wird.« Sie unterbrach sich und betrachtete wieder die Worte auf dem Pergament.
»Was meinst du?«, fragte Gethen, als sie den Blick wieder hob.
»Ildyrom macht sich Sorgen, aber er will, dass wir uns allein mit Cyador abgeben. Wenn wir schwach werden, nimmt er sich das Grasland zurück.«
Gethen nickte. »Ich mache mir immer noch Gedanken wegen der Pferde ... so etwas sieht Fornal nicht ähnlich.«
»Nein, das dürften die Engel gewesen sein.« Zeldyan runzelte die Stirn, dann fragte sie: »Kann ein Lanzenkämpfer ohne Pferd kämpfen? Und kann man im Sommer in den Grashügeln frische Pferde finden?«
Gethen rieb sich das Kinn. »Du meinst, die Engel haben die Pferde getötet, um die Weißen Dämonen aufzuhalten?«
»Ich weiß es nicht, aber wenn sie es für sinnvoll hielten, würden sie es tun.«
»Vielleicht hatte Fornal ja doch in einer Hinsicht Recht«, meinte Gethen. »Diese Engel wollen Ergebnisse sehen.«
»Fragst du dich, ob der Preis zu hoch sein könnte? Frag Sillek ... wenn du kannst.«
»Zeldyan ...«
»Ich bin ungerecht, Vater. Sillek war gerecht und hat versucht, die Grundbesitzer zufrieden zu stellen. Jetzt ist er tot.«
Eine warme Bö wehte durch die offenen Läden herein. Die Kerzen flackerten, eine wäre beinahe spuckend erloschen, ehe die Flamme wieder an Kraft gewann.
Der ältere Regent seufzte und kratzte seinen fast vollständig ergrauten Bart. »Die Engel bemühen sich, unsere Bewaffneten und deinen Bruder zu schützen, während er zweifellos jeden Tag an ihren Methoden etwas auszusetzen hat. Ildyrom will, dass wir die Weißen Dämonen aufhalten, aber er mag es nicht, wenn er in die Kämpfe verwickelt wird, und es darf ihn keinen einzigen Bewaffneten kosten, weil er die Leute für den nächsten Vorstoß ins Weideland braucht.« Er schnaufte empört. »Es hat gerade erst begonnen, aber Fornal hatte Recht. Lornth wird sich wegen der Engel verändern.«
»Lornth würde sich auch ohne sie verändern und sicher nicht zum Besseren. Was können wir denn sonst tun?«
»Ich weiß es nicht. Wie würdest du Ildyrom antworten?«
»Das fragst du mich?« Zeldyan lachte. Nach kurzem Überlegen fuhr sie fort: »Ich würde andeuten, dass der mächtige Herr des Weidelandes, das sehr weit westlich von Clynya liegt, jederzeit willkommen ist, gemeinsam mit uns gegen die Weißen Dämonen zu kämpfen. Bis dahin sollte er besser keine Forderungen an jene stellen, die auch seine Grenzen schützen.«
»Das wird ihm nicht gefallen.«
»Ihm wird nichts gefallen, was gut für uns ist.«
Gethen lächelte. »Du hast eine schöne Handschrift. Willst du den Brief aufsetzen? Ich werde ihn dann gemeinsam mit dir unterzeichnen und versiegeln.«
»Aber natürlich, mein Vater.«
»Und dann wollen wir hoffen, dass die Engel uns wirklich helfen können.«
Zeldyan nickte ernst.
LXXXVI
I m Licht der Vormittagssonne betrachtete Nylan den Staub auf der Straße, die von Syadtar her in ihre Richtung führte. Ayrlyn saß mit glasigen Augen neben ihm und ließ in der warmen, windstillen Luft die Sinne fliegen.
Tonsar sah von einem zum anderen Engel. »Wird es wirklich etwas nützen, wenn wir ihre Wagen aufhalten?«
»Was wird geschehen, wenn wir ihren Proviant vernichten?«, fragte Nylan.
»Sie schicken einen Boten und lassen sich Nachschub liefern.«
»Und wenn der Bote nicht ankommt?«
»Dann müssen sie plündern.«
»Und wenn wir ihre Trupps, die sie zum Plündern ausschicken, mit Pfeilen eindecken?«, schaltete Ayrlyn sich in die
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