Der Chaos-Pakt
Wurzeltee, den Nylan schon seit einer ganzen Jahreszeit nicht mehr trank.
»Und die Grundbesitzer üben Druck auf die Regenten aus, weil sie Ergebnisse sehen wollen. Wir können siegen, verlieren oder aufgeben, aber unsere Leute müssen zur Ernte zurück sein.«
Sie sah zur halb offen stehenden Tür in den Hauptraum des Wohnhauses, dann fuhr sie leise fort: »Deshalb begrüßt er es umso mehr, dass wir die Drecksarbeit erledigen.«
Die Tür ging auf und der Regent mit dem schwarzen Bart trat ins volle Sonnenlicht heraus. »Aaah ...«
Nylan sah ihn gleichmütig an. Dass jemand zusätzliche warme Kleidung brauchte, wo es ohnehin schon drückend heiß war ... aber so war es ja nur für ihn, nicht für die Einheimischen.
»Ihr habt versprochen mir zu zeigen, wie Ihr alle Cyadoraner in Lornth vernichten könnt.« Fornal wandte sich mit freundlichem Lächeln an die beiden Engel.
»Das bedeutet, dass wir sie töten oder vertreiben müssen«, sagte Ayrlyn beiläufig. Sie hielt die Tasse aus braunem Steingut in beiden Händen. »Ihr habt gesehen, dass wir bereits daran arbeiten.«
Nylan richtete sich auf und wartete, was da noch kommen würde.
»Das war doch bisher kein Problem für Euch«, erwiderte der schwarzbärtige Regent.
»Ihr hattet aber bisher immer ... gewisse Vorbehalte«, wandte Nylan ein.
»Ich hatte gehofft, ihre Niederlage und unseren Sieg auf ehrbare Weise zu erringen.« Der junge Mann zuckte mit den Achseln. »Jetzt befinde ich mich in einer schwierigen Lage. Ich habe nach wie vor nicht genug Leute, um die Weißen Dämonen in einer großen Schlacht auf eine Art und Weise zu besiegen, die von den Grundbesitzern als ehrbar akzeptiert werden würde. Ich habe auch keine Zeit, die Feinde mit einer Reihe kleinerer Kämpfe zu besiegen, selbst wenn sich diese Möglichkeit ergeben sollte.« Sein Gesicht wurde hart. »Ich bin kein Narr, Engel, auch wenn mir manch einer nachsagt, ich legte zu großen Wert auf die Ehre. Aber die Grundbesitzer werden vor allem eine Niederlage in der Schlacht als unehrenhaft und eine Verzögerung bei der Rückkehr ihrer Leute als ungebührlich empfinden.« Fornal lächelte bitter.
»Auch wenn wir alle cyadorischen Truppen am Bergwerk vernichten, ist der Krieg damit noch nicht vorbei«, warnte Nylan.
»Nein«, räumte Fornal ein. »Wenn Ihr die Streitkräfte dort vernichtet, wird ganz Cyador nach Lornth einmarschieren. Wenn nicht, wird der Herr der Weißen Dämonen die Truppen verstärken, die schon dort sind. Er wird sie weiter nach Norden marschieren lassen und auf äußerst unehrenhafte Weise alles vernichten, was sich ihm in den Weg stellt.«
»Wollt Ihr also, dass wir die Truppen am Bergwerk vernichten?«, fragte Nylan.
Fornal lachte, nicht mehr ganz so verbittert. »Habe ich eine andere Wahl, Engel? Ich halte Eure Art der Kriegführung nicht für ehrenhaft und ich fürchte das, was Ihr nach Candar bringt. Aber Eure Fähigkeiten nicht zu nutzen wäre gleichbedeutend damit, dass der Weiße Anführer Lornth zugrunde richtet.« Er schüttelte den Kopf. »Tut, was Ihr für richtig haltet.« Er lächelte, doch seine Augen blieben kalt, als er noch einen Schritt machte und dann den Kopf neigte. »Ich darf doch annehmen, dass Eure Einheiten für das ausreichen, was Ihr plant?«
»Sie werden ausreichen«, sagte Nylan.
»Gut.«
Einen Augenblick herrschte Schweigen, nur das Knirschen der Schritte des Regenten auf dem sandigen und staubigen Weg zur Koppel war zu hören. Fornal wich dem Kindermädchen und Weryl am Brunnen aus, ohne den beiden auch nur einen Blick zu schenken oder sich zu den beiden Engeln umzusehen.
Hatte Fornal mit seinem Vater oder seiner Schwester gesprochen? Nylan schürzte die Lippen und wandte sich an Ayrlyn. »Das war aber ziemlich direkt.«
»Mir bleibt ohnehin keine Ehre, also könnt ihr auch gleich die Cyadoraner niedermachen?« Ayrlyn trank einen Schluck bitteren Tee. »Er ist in einer schwierigen Situation.«
»Er will im Kampf offen und ehrenhaft sein, aber er weiß, dass es erstens nicht funktionieren wird und dass wir zweitens mit dem, was wir tun, seine ganze Welt verändern werden. Aber wenn wir es nicht tun, wird er überhaupt keine Welt mehr haben.«
»Und wenn wir es tun und siegen«, fügte Ayrlyn leise hinzu, »dann wird er auch keine mehr haben.«
»Das ändert aber nichts an unserer Lage«, meinte Nylan. »Wir sind so oder so die Sündenböcke, weil wir uns freiwillig gemeldet haben.« Er stand auf und überblickte den Hof. Weryl
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