Der Chaos-Pakt
steckte noch etwas ganz anderes dahinter?
Irgendwie fürchtete Nylan, er würde wohl nie eine eindeutige Antwort darauf finden. Nichts war jemals völlig klar. Nur dies war sicher.
»Iyltar, Borsa – zieht diesen Mistkerl aus und begrabt ihn«, befahl Tonsar. Er steckte sein Schwert in die Scheide und drehte sich zum Wohnhaus um, wo Sylenia auf der Terrasse saß und Weryl festhielt, als wäre das Kind ein Talisman.
CII
I n der Dunkelheit nach Mitternacht war die Luft beinahe kühl und angenehm. Nylan stand auf und streckte sich ausgiebig.
»Bereit?«, fragte Ayrlyn.
»Ich bin so bereit, wie man es bei einer solchen Sache nur sein kann.« Er drehte sich um und umarmte die rothaarige Frau. Sie hielten sich einen langen Augenblick fest und schwiegen. Nur das leise Zirpen einiger Insekten war zu hören.
»Nun, dann ...«, sagte sie schließlich.
Nylan ließ sie los. Während sie Borsa weckte, drehte er sich zu Tonsar um, der rechts neben ihm schlief. »Zeit zum Aufstehen.« Der Engel tippte den Stiefel des Mannes mit dem Fuß an. Er war unsicher, wie der kräftige Bewaffnete reagieren würde.
»Was ... bei der Dunkelheit«, murmelte Tonsar.
»Genau, die Dunkelheit ist ein wichtiger Faktor«, meinte Nylan betont munter.
»Jetzt schon?«, fragte Borsa. »Es ist doch noch dunkel.«
»Jetzt schon«, bekräftigte Ayrlyn, die schon zu Vula unterwegs war.
Langsam kamen die Bewaffneten zu sich und begannen, die Pferde und Waffen zu überprüfen.
»Niemand rechnet in dieser von den Dämonen verfluchten Frühe mit einem Angriff«, grollte Tonsar, während er sein Sattelzeug vorbereitete. Im Dunkeln fummelte er unsicher herum. »Und ob, sie sind die dunklen Engel. Wir tasten blind herum und straucheln, aber sie bewegen sich, als würde die Sonne scheinen.«
So gut war Nylans Nachtsichtigkeit natürlich nicht – mitten in der Nacht kam es ihm vor, als herrschte trübes Zwielicht –, aber die hilflos umhertappenden Bewaffneten mochten es durchaus so einschätzen.
Ein kräftiger Wind wehte und machte Nylan klar, warum manche Tiere in den Grashügeln die Nacht dem Tag vorzogen. Er hätte es selbst nicht anders gehalten, wäre er nicht darauf festgelegt, tagsüber aktiv zu sein.
Nachdem er sein Pferd überprüft hatte, wandte er sich an Ayrlyn, die sich wieder auf dem Boden ausgestreckt hatte. Wahrscheinlich schickte sie noch einmal ihre Wahrnehmung mit dem Wind aus, um das cyadorische Lager zu überprüfen. Nylan wartete, während die Kämpfer ihre Bettrollen packten und sich hinter Tonsar aufstellten.
»Gibt es etwas Wichtiges?«, fragte er, als Ayrlyn sich schließlich regte und ihm zu verstehen gab, dass ihre Wahrnehmung wieder in den Körper zurückgekehrt war.
»Nichts. Ich glaube, die Hälfte der Wachen schläft.«
Nylan konnte die Trauer hinter ihren Worten hören. Er nickte leicht. Allmählich begann er Fornal zu verstehen. Was sie jetzt tun würden, war verächtlich – und doch notwendig, um die Leute aufzuhalten, die sich ständig und nicht nur in Kriegszeiten schändlich verhielten.
Die Geschichte allzu vieler Planeten bewies, dass die Ehre eher hinderlich war, wenn man gegen einen überlegenen Feind kämpfte und keine große Streitmacht besaß. Und genau die hatten sie nicht. Sie besaßen ein verbessertes Katapult, das größere Brandgranaten mit einem hässlicheren und länger brennenden Inhalt schleudern konnte, und einen noch größeren Vorrat an Granaten. Alles in allem, so hoffte er, würden ihre »Verbesserungen« ausreichen, um die dicken Wände der Kaserne zu durchdringen. Was die tödliche Wirkung dieser Granaten bei Menschen und Pferden anging, hatte er keine Zweifel.
Ayrlyn war fest überzeugt, dass die Ladungen ausreichen würden, um die Quartiere der Cyadoraner zu zerstören. Nylan schluckte und zwang sich, an die aufgedunsenen Körper der unschuldigen Bauern in den Dörfern zu denken.
»Was bleibt uns schon anderes übrig«, antwortete Ayrlyn auf seine unausgesprochenen Gedanken. »Wir wissen, dass Cyador versuchen wird, ganz Lornth zu erobern. Sie haben ein neues Heer losgeschickt oder werden es bald tun. Wir müssen versuchen, die Chancen zu verbessern, solange wir das noch können.« Sie schnaubte. »Ich rede schon wie Ryba – bessere Waffen herstellen und möglichst schnell einsetzen.«
»Der Unterschied ist, dass sie es gemocht hat«, sagte Nylan. Er spürte ein leises Stechen im Kopf. Bei der Dunkelheit! Nicht einmal sich selbst konnte er über Ryba täuschen.
»Ich
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