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Der Chaos-Pakt

Titel: Der Chaos-Pakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt jr.
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einer Stelle, wo das Gras etwas höher war. Die Halteleine war an den Wurzeln einiger verkrüppelter Eichen festgebunden.
    Nach einem Augenblick stand der Schmied müde wieder auf und schlurfte zu dem Beutel mit den Vorräten, den er neben den Sätteln und Decken abgestellt hatte.
    »Da!«, rief Weryl. Er schlüpfte unter seiner Decke hervor, stolperte los und schlang die Arme um Nylans linkes Bein. »Da!«
    Nylan vergaß die eigenen Schmerzen, bückte sich und hob den Jungen auf, um ihn einen Moment lang, Kopf an Kopf, fest in die Arme zu schließen. »Weryl, manchmal ... manchmal bist du ...« Manchmal ist es schwer, sich vorzustellen, dass du sehr bald schon groß sein wirst ... erwachsen ... auch wenn du jetzt noch so klein bist ... so schnell veränderst du dich ...
    »Da ... Wassah?«
    Nylan gab ihn wieder frei und grinste. »Ja, ich hole dir Wasser, du kleiner Racker.«
    »Wassah?«
    »Ja, du kannst Wasser haben, auch wenn du gar keinen Durst hast.«
    »Da!«
    »Du hast viel mehr Verständnis, als man dir ansieht, du sentimentaler Kauz.« Ayrlyn gab ihm den Beutel mit den Vorräten, den er gesucht hatte.
    »Sicher, und das ist gefährlich.«
    Nicht bei mir ...
    Nylan spürte den Gedanken und die Wärme dahinter. »Ein alter Gaul lernt keine neuen Tricks mehr, aber ich versuch's.«
    »Ich weiß.« Ich weiß ...
    Nach einem kurzen Schweigen fragte er: »Wie kommen wir voran? Ich meine, sind wir den Cyadoranern weit genug voraus?«
    »Morgen müssten wir Rohrn erreichen«, warf Sylenia ein. Sie trat zu den beiden Engeln. »Falls es nicht schon niedergebrannt ist.«
    »Die Cyadoraner sind drei Tage hinter uns, wenn sie sich mit der gleichen Geschwindigkeit weiterbewegt haben«, erklärte die rothaarige Heilerin.
    »Ihr Engel ... Ihr müsst schließlich wissen, was Ihr sehen und was Ihr nicht sehen könnt. Ich vertraue Euch ja, aber ich würde Rohrn wirklich gern mit eigenen Augen sehen.« Sylenia hob die beiden Wasserflaschen auf. »Da ist ein Bach und wir brauchen Wasser.« Sie wischte sich ihr Haar zurück, das sich aus den Bändern gelöst hatte, die sie normalerweise beim Reiten trug, und wanderte durchs nickende, kniehohe Gras bergab.
    »Glaubst du, sie sind so weit hinter uns?« Nylan nahm Weryl auf den anderen Arm. »Sind sie wirklich nur einen Tag von vieren marschiert?«
    »Sie sind sehr langsam. Anscheinend achten sie mehr darauf, möglichst gründlich alles zu zerstören, als einen schnellen Angriff zu wagen.« Sie verzog den Mund zu einem ironischen Lächeln. »Was kann man auch von den Nachkommen der Rationalisten anderes erwarten? Sie glauben, sie wären die einzig wahren Menschen. Keine andere Lebensart und kein anderer Glaube kann toleriert werden.«
    »Und mit ein wenig Gewaltanwendung im richtigen Moment bringt man jeden auf den rechten Weg des rationalen Glaubens.«
    »Zynisch formuliert, aber so ist es.«
    »Immer wieder Gewalt.« Nylan seufzte. »Ob wir jemals aus diesem Teufelskreis herauskommen?«
    »Das ist möglich, aber nicht indem wir ein existierendes System verändern. Wir müssen ganz von vorn anfangen. Das weißt du auch.«
    O ja, er wusste es. Der Wald von Naclos schien einen solchen neuen Weg zu verheißen – ein Leben im Gleichgewicht, wo die Gewaltanwendung nur die allerletzte Möglichkeit war und auch nur infrage kam, um Ordnung und Chaos wieder ins Gleichgewicht zu bringen, statt zum eigenen Vorteil dem einen oder anderen den Vorzug zu geben. Aber vor den alten Rationalisten hatte selbst der Wald zurückweichen müssen.
    »Und dann wäre da noch ein kleines Problem«, meinte er schließlich. »Wir müssen dafür sorgen, dass unsere Strategie funktioniert.«
    »Das ist kein kleines Problem.« Ayrlyn lachte heiser. »Und du hast mich die Herrin der Untertreibung genannt?«
    »Ich orientiere mich eben an deinem Vorbild.«
    »Ausgerechnet dort, wo es mehr als zweifelhaft ist, orientierst du dich an meinem Vorbild?«
    Nylan, der immer noch Weryl auf einem Arm hielt, starrte betreten das braune Gras an, dann sah er Ayrlyn in die Augen.
    Sie musste grinsen und schließlich schmunzelte auch er.

 
CXXXVII
     
    » V or uns sind Reiter.« Nylan deutete zur Staubwolke, die südlich der Brücke, die von Osten her nach Rohrn führte, aufgestiegen war.
    »Das ist eine Patrouille, aber es sind nicht die Cyadoraner. Die dort haben ein purpurnes Banner.« Ayrlyn berührte den Griff des Kurzschwerts an der Hüfte, dann schob sie sich ein paar Haarsträhnen aus der Stirn, von der sich immer

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