Der Chaos-Pakt
einer angeschlagenen Statue.
Auf einer Seite der Straße lag die Werkstatt eines Küfers, zu erkennen am Fass, das über der offenen Tür hing. Daneben war eine zweite Werkstatt, die jedoch kein Schild besaß. Diesem Betrieb gegenüber stand ein größeres Gebäude mit einem Schild, auf dem zwei ungeschickt gezeichnete, einander überkreuzende Kerzen zu sehen waren. Daneben gab es einen Stall und wieder dahinter einen Gasthof oder das, was hier als Gasthof galt – ein Gebäude mit einem Schild, auf dem ein schwarzer Stier auf verwittertem grauem Untergrund abgebildet war.
»Die gekreuzten Kerzen sind hier das Zeichen einer Krämerei.« Ayrlyn sah sich um. Der Küfer schlug draußen vor seiner Werkstatt den Rand eines Fasses zurecht, eine schwer gebaute grauhaarige Frau saß vor dem benachbarten Gebäude auf einem Hocker. Sie begrüßte Ayrlyn mit einem Nicken, woraufhin die Heilerin lächelte und den Gruß erwiderte.
»Wir könnten noch etwas Käse gebrauchen«, sagte Nylan. »Ich mache mir Sorgen wegen Weryls Ernährung.«
»Ihm geht es gut, aber den Käse könnten wir natürlich trotzdem gebrauchen und wir sollten auch den Stoff nicht vergessen, falls er nicht zu teuer ist. In rückständigen Kulturen sind Stoffe immer teuer.«
Er lenkte die Stute zur Krämerei. Vor dem Geschäft stand ein Pfosten mit einem Messingring, an dem jedoch keine anderen Pferde festgemacht waren.
»Sollen wir im Gasthof übernachten oder dort wenigstens eine warme Mahlzeit zu uns nehmen? Die Sonne wird bald untergehen«, meinte Nylan nachdenklich, während er abstieg und das Pferd am Ring vor der Krämerei festband.
»Du kannst ja sehen, wie man dich empfängt.« Ayrlyn stieg vom Kastanienbraunen und band ihn neben Nylans Pferd fest. Dann zerrte sie das graue Packpferd hinterher und sicherte es ebenfalls. »Ich trage Weryl.«
»Ich kann ihn auch nehmen.«
»Nein, ich habe so ein Gefühl ...«, beharrte Ayrlyn. »Was macht deine Schulter?«
»Alles klar, solange mir niemand ein Schwert hineinsticht.« Nylan lächelte und nahm Weryl aus dem Tragesack, um ihn an Ayrlyn zu übergeben. Der Junge strampelte, dass Arme und Ellenbogen nur so flogen, dann beruhigte er sich wieder.
Die Nachmittagsstille wurde von Hufschlägen unterbrochen, als jemand im Handgalopp ins Dorf geritten kam.
»Ich hab's doch gesagt«, rief jemand.
»Engel!«, antwortete eine zweite Stimme.
Nylan drehte sich nach links. Auf der anderen Straßenseite sprangen zwei Männer von ihren Pferden, banden sie eilig vor dem Laden des Küfers fest und kamen zur Krämerei gerannt. Zwei weitere blieben neben den festgebundenen Pferden in den Sätteln sitzen.
»Vorsicht«, murmelte Ayrlyn.
Der Schmied war nicht sicher, wie man es anstellte, vorsichtig zu sein, wenn man von zwei Bewaffneten angegriffen wurde, aber dieses Mal würde er nicht zulassen, dass jemand anders als Erster zuschlug.
»Du hast meinen Bruder getötet!« Ein bärtiger blonder Mann zog eine riesige Klinge aus dem Schultergeschirr und ging auf Nylan los. Hinter ihm folgte ein zweiter, kleinerer Mann mit schwarzem Bart.
Der Schmied trat von der Plattform vor dem Laden herunter und drehte sich zu den Einheimischen um. Er fragte sich noch, wie er sich verhalten sollte, während er schon die verstärkten Kampfreflexe aktivierte und die Klinge aus der Scheide zog.
Die riesige Klinge des Angreifers schien Nylan gleichzeitig entgegenzufliegen und sich dennoch wie in Zeitlupe zu bewegen. Der Schmied zog seine Klinge aus Westwind herum, um das große Schwert abzuwehren, wie Ryba es ihn gelehrt hatte. Nylan schlug seinerseits nicht zu, obwohl der Blonde einen Moment lang völlig ungeschützt vor ihm stand. Vielmehr wich er einen Schritt zurück und hielt die Klinge bereit.
»Mörderschlampen!« Der Blonde hob seinen Prügel und wollte noch einmal zuschlagen.
Der schwarzhaarige Mann, der hinter dem Blonden stand, leckte sich nervös die Lippen.
Nylan fragte sich, ob man ihn automatisch als Frau ansah, weil er keinen Bart trug. Oder lag es daran, dass er eher schmal gebaut war? Er wehrte fast mühelos einen weiteren wuchtigen Schlag ab und sagte langsam, ganz langsam auf Alt-Anglorat: »Wir sind Reisende. Ich will nur etwas Käse kaufen.« Während er sprach, wurde ihm klar, wie dumm seine Worte klangen. Er wich seitlich aus und entging einem weiteren von wildem Zorn getriebenen, aber schlecht gezielten Hieb.
Auf einmal hob auch der schwarzhaarige Mann die Klinge und stürmte los.
Nylan warf sein Schwert
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