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Der Chirurg von Campodios

Der Chirurg von Campodios

Titel: Der Chirurg von Campodios Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Serno
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»Tagsüber sind sie faul wie die Sünde und lassen sich durch nichts stören, nachts sind sie dafür umso aktiver. Es ist Jahre her, dass sich eine Maus in meine Hütte verirrt hat.«
    Ansonsten gab es nicht viel zu sehen. Eine alte Öllampe und eine Kerze standen auf einem Tisch, einige Bänke, auf denen nichts lag, verloren sich an den Wänden, und ein paar Haken, die sich in Kopfhöhe befanden, dienten dem Aufhängen von Haffs weniger Garderobe.
    Auch Haffs Kleider machten nicht viel her. Sie dienten nur dem Schutz des Körpers vor Sonne und Regen und waren der Witterung in diesen Breiten angepasst. Einzig eine schwere, lederne Schürze stach aus ihnen hervor.
    Ähnlich bemerkenswert waren noch fünf Musketen, langrohrige Waffen, die exakt aufgereiht in einer Halterung standen. Ein Pulverfass und eine offene Kiste, die sämtliche zum Feuern notwendigen Utensilien barg, waren sorgfältig daneben abgestellt.
    »Du bist ja bis an die Zähne bewaffnet«, staunte der Magister. »Mit diesem Arsenal könntest du ja einen ganzen Indianerstamm abwehren.«
    Haff ließ seinen Fellsack von den Schultern gleiten und legte ihn aufs Lager. »Von den Indianern geht kaum Gefahr aus, wenn man sie in Ruhe lässt. Anders ist es mit marodierenden Soldaten und Piraten. Es kommt vor, dass sich manche bis zu mir verirren, und für diesen Fall möchte ich gerüstet sein.«
    Der Magister blinzelte, während er die Musketen bewunderte. »Bist du schon einmal überfallen worden?«
    »Ja, das bin ich.« Ein Schatten überzog Haffs Gesicht. »Es ist lange Jahre her. Aber ich kann es bis heute nicht vergessen, so furchtbar war es. Entschuldigt, wenn ich darüber nicht reden möchte.«
    »’s is schon gut, Haff«, meinte Phoebe, die sich genau umgesehen hatte, »wo kochste denn, oder kochste nich?«
    »Ich koche selten, und wenn, dann in meiner Werkstatt.«
    »Was? Inner Werkstatt? Wieso ’n das?«
    »Wart’s nur ab, Phoebe! Kommt, Leute, ruht euch erst einmal aus. Nehmt Platz, wo es euch gefällt. Ich hole derweil etwas zu essen und zu trinken.«
    »Das is ’n Wort«, seufzte Phoebe und setzte sich aufs Lager zu den Katzen.
     
    Einen Tag darauf fühlten die Freunde sich stark genug, Haff bei der Führung durch sein Reich zu folgen. Der Alte begann mit der gut gefüllten Vorratskammer. In ihr stand eine Reihe bauchiger Fässchen mit Bohnen, Trockenfrüchten und Maiskolben. Mehrere große Stücke Rauchfleisch hingen in den Ecken.
    Der Magister schnupperte. »Das duftet besser als alle Wohlgerüche Arabiens zusammen!«
    »Wui, hier könnt’s wohl schmerfen. Rauchfleisch un Bohnen sind knäbbiger als Luftklöße un Windsuppe«, fiel der Zwerg ein. Phoebe nickte bewundernd. »’s is wahr: Hier tät man nich verhungern, nich?«
    Haff wies auf eine saubere, freie Ecke. »Ich dachte, dieser Platz könnte für dich sein, Phoebe. Es wäre, äh … auf die Dauer nicht schicklich, wenn du mit uns Männern in einem Raum, äh …« Er brach verlegen ab.
    »’s is sehr nett von dir, Haff, bei den Knochen meiner Mutter, sehr nett isses.«
    Der Alte führte sie durch weitere Räume mit allerlei Gerätschaften, dann trat er mit ihnen aus dem Haus und zeigte nicht ohne Stolz seine Ställe. Darin lebten Ziegen, Schweine und Enten. Im großen Hühnerstall inmitten der Hennen stand Jack, der Hahn, wie ein Feldherr und krähte markerschütternd, als er ihrer ansichtig wurde.
    Phoebe trat eilig in den Stall. »Na, Jack, olles Scheusal! Hier haste ’s aber gut, was, gut haste ’s hier, bei so vielen Hühnern!« Sie blickte sich um und entdeckte eine Schale mit Körnern. »Freuste dich, Phoebe zu sehn? Willste von Phoebe was zu futtern? Put, put, put, put, put! Ja, nimm’s nur ausser Hand, bist ’n braver Gockel, ’n braver Gockel biste.«
    Jack pickte mit zackigen Bewegungen seines Kopfes die Hand leer und widmete sich anschließend wieder seinen Hennen. »Hast keine Zeit nich mehr für Phoebe, wie? Na, macht nix, Phoebe kann’s verstehn.«
    Haff lächelte, als er sie so sah. »Du kannst gut mit Tieren umgehen, Phoebe.« Er öffnete den Verschlag, damit Jack mit seinen Hennen auf dem Gelände nach Futter suchen konnte. Dann wies er auf ein Gebäude am Rand der Lichtung. »Dort ist meine Schmiede.«
    Sie gingen hinüber und betraten die Werkstatt. Haff ging sofort zum Stückofen in der Ecke. Der Ofen war ein sieben Fuß hohes Gemäuer mit seitlichen Öffnungen zur Luftzuführung. Verschieden große Blasebälge waren um die Esse gruppiert. Sie konnten

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