Der Chirurg von Campodios
Steuermann, wenn auch sichtlich unter Schmerzen, die Handfläche in alle Richtungen.
»Das sieht nach einer Verstauchung aus. Wartet, das haben wir gleich.« Wenig später hatte Vitus eine schmerzlindernde Salbe aufgetragen und der Magister einen seiner kunstvollen Verbände angelegt, die sich besonders dadurch auszeichneten, dass sie fest, aber nicht zu fest saßen.
»Go raibh maith agat!«
Der kleine Gelehrte blinzelte verständnislos. »Äh … wie bitte?«
»Danke.« Ó Moghráin grinste. »Ich sagte nur ›danke‹.«
»Hm.« Der Magister schielte durch seine Berylle. »Und was heißt ›gern geschehen‹ in Eurer seltsamen Sprache?«
»Tá fáilte romhat.«
»Also dann:
Tá fáilte romhat.
«
Der Steuermann lachte. »Eure Aussprache lässt noch etwas zu wünschen übrig, aber für den Anfang war’s nicht schlecht.«
Der Magister verbeugte sich geschmeichelt. »
Go raibh maith agat
, mein Herr! Nehmt noch diese Armschlinge und hängt Eure Hand hinein, Ihr werdet sehen, das wirkt Wunder.«
Vitus ergänzte: »Vorausgesetzt, Ihr setzt für zwei oder drei Tage mit dem Dienst aus.«
Ó Moghráin, gerade im Begriff, die Hand in die Schlinge zu stecken, wurde unversehens ernst. »Cirurgicus, das wird nicht möglich sein. Das Schiff braucht mich, und solange ich noch eine heile zweite Hand habe, versehe ich meine Arbeit. Außerdem steht jetzt mein Kontrollgang durch alle Decks an, ein Weg, der unmöglich ausfallen kann, weil er Aufschluss darüber gibt, ob das Schiff Wasser macht oder nicht.«
Die Stirn des kleinen Gelehrten legte sich in Falten. »Aha, ich verstehe. Nun, Sir, es ist Eure Hand, mit der Ihr tun und lassen könnt, was Ihr wollt, aber sagt einmal … Was hieltet Ihr davon, wenn der Cirurgicus und ich Euch begleiten würden? Die Behandlungsstunde ist vorbei, und wie ich meinen Freund kenne, wäre er einem solchen Unterfangen durchaus nicht abgeneigt.«
»Bei Gott, das wäre ich nicht!« Vitus’ Augen leuchteten.
»Nun, an mir soll’s nicht liegen, Gentlemen.« Ó Moghráin lächelte schon wieder, wandte sich um und verließ zielstrebig das Logis. Unterwegs wies er auf eine große Laterne. »Wenn Ihr so gut sein wollt, die Lampe zu halten, Herr Magister?
Go raibh maith agat.
Ihr werdet sehen, es ist eine rechte Kletterpartie, und wohl dem, der sich wenigstens mit einer Hand abstützen kann.«
»
Tá fáilte romhat
, Steuermann.«
»Ich beginne meine Inspektion immer ganz unten im Laderaum und arbeite mich anschließend, Deck für Deck, wieder ans Tageslicht.«
Ó Moghráin drehte sich um und hob warnend den Finger, während er den ersten Niedergang hinabkletterte. »Zieht vor allen Dingen die Köpfe ein, ich spreche aus leidvoller Erfahrung.«
Nach unzähligen Treppenstufen, Gängen, Türen und verschachtelten Räumen, die sie häufig zwangen, in gebückter Haltung zu gehen, waren sie endlich ganz unten im Schiffsleib angekommen. Sowohl Vitus als auch der Magister hatten jegliche Orientierung verloren.
»Herr Magister, hängt die Laterne bitte an den Nagel dort.«
Der kleine Gelehrte tat wie ihm geheißen.
Das Licht erhellte schwach einen Raum, in dem es muffig nach Fleisch und abgestandenem Wasser roch. »Wir sind hier im äußersten Bug des Schiffs«, erklärte der Steuermann. »In den Säcken, die Ihr dort seht, befinden sich Pökelfleisch und Bohnen, wobei gesagt werden muss, dass es mit den Beständen unseres Pökelfleisches nicht sehr weit her ist. Nun, äh … ich denke, Gentlemen, Ihr ahnt, warum.«
»Wir ahnen es«, bestätigte der kleine Gelehrte. »Hoppla!« Er tat einen Hüpfer zur Seite, irgendetwas hatte sein Bein gestreift.
Ó Moghráin lachte. »Eine der unzähligen Ratten. Stört Euch nicht an ihnen, sie sind hier allgegenwärtig.« Er nahm mit der Rechten die Lampe herunter und leuchtete mit ihr sorgfältig die Schiffswände ab. Nach einiger Zeit gab er ein zufriedenes Grunzen von sich. »Bist ein braves Mädchen, meine
Gallant
! Hältst gut dicht, jedenfalls in diesem Bereich.«
Er bückte sich, stellte die Laterne ab und strich mit der Hand über eine Bodenwrange, was aussah, als würde er einer Matrone die Hüfte tätscheln. »Folgt mir nach achtern.«
Auf ihrem Weg zum Heck, der Magister hielt inzwischen wieder die Lampe, zeigte er den beiden Freunden Stapel von altem Tauwerk, große, liegende Fässer, in denen das Nass der wasserreichen Insel Madeira gluckerte, einige Ersatzsegel, deren schlechten Zustand er auf die Tatsache zurückführte, dass Stout
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