Der Clan
trennen.
Sie hieß Roberta Ford Ross. Aber mit den bewußten Fords hatte sie nichts zu tun. Ihr Ehemann Harold Ross war vor zwei Jahren gestorben. Er war Architekt und Bauunternehmer gewesen und hatte bis zu seinem Tod ein ganz ansehnliches Vermögen angehäuft, Roberta also wohlversorgt hinterlassen. Was nicht mehr als recht und billig gewesen war. Denn ohne Roberta hätte er niemals den großen Erfolg gehabt.
Roberta hatte ein Hochschuldiplom in Betriebswirtschaft von Harvard, als eine der ersten Frauen übrigens. Ihr Fachgebiet war Marketing, und sie hatte auf dem Immobiliensektor gearbeitet. Bevor sie, schon einunddreißig, Ross geheiratet hatte, war sie fünf Jahre lang hintereinander im »Umsatz-Millionenclub« der Immobilienhändler von Wayne County gewesen. Sie hatte in diesen vier oder fünf Jahren 75 000 Dollar jährlich verdient. Als sie den Heiratsantrag von Ross annahm, legte sie ihren Plan auf Eis, ihre eigene Maklerfirma zu gründen.
Schon im ersten Jahr als seine Frau entdeckte sie, daß Partner Kirk von Duval, Kirk & Ross sich kräftig privat aus der Firmenkasse bediente. Duval und Ross waren bereit, zu vergeben und zu vergessen, aber nicht Roberta. Sie brachte Kirk vor Gericht, was diesem drei Jahre Gefängnis einbrachte. Außerdem erzwang sie noch ein Zusatzurteil, mit dem er wenigstens vierzig Prozent des Gesamtbetrags seines Betrugs zurückerstatten mußte.
Danach übernahm sie dann das Management der Firma vollständig. Duval und Ross kümmerten sich um Entwürfe und die Bauausführungen, und Roberta führte die Geschäfte. Duval setzte sich mit fünfundsechzig dankbar zur Ruhe, er hatte ausgesorgt. Roberta machte nun aus der Firma eine AG und begabte junge Architekten, um sie anzuheuern, zu Mitaktionären. Ross & Associates AG war bald eine der größten Bauunternehmungen im ganzen Mittelwesten.
Dann starb Ross.
Roberta bot ihr Aktienpaket und die ganze Firmenleitung dazu ihren jungen Architekten an, mit einem Übernahmeplan der Abzahlung für die Aktien über einen prozentualen Gewinnanteil. Sie behielt sich die Steuerberatung der Firma vor und stattete ihr auch gelegentlich Besuche ab, um sich die Bücher anzusehen. Ihr Einkommen aus dem Geschäft überstieg gut eine halbe Million pro Jahr.
Sie war in jeder Hinsicht eine recht bemerkenswerte Frau.
Sie war genauso groß wie Loren, sogar noch eine Spur größer. Hätte ihr Friseur nicht daran gearbeitet, wäre sie als Strohblondine herumgelaufen, die sie von Natur aus war, was aber immer einen leicht billigen Eindruck verursachte. Sie wollte nicht »wie eine Tellerwäscherin« aussehen, lehnte es aber auch ab, sich das Haar schneiden zu lassen. Sie bestand auf einem »Goldschimmer« von natürlichem Aussehen als Haarfarbe. Als in dieser Zeit Hochfrisuren die Mode waren, ließ sie sich das Haar zwar kurz schneiden, an den Seiten sogar knapper als die meisten Männer es trugen, darüber jedoch üppig, aber halt nicht hochgesteckt. Ihre Augen hatten eine lebhaft blaue Farbe. Ihre Nase war zu groß, um ideal zu sein, aber nie im Leben hätte sie daran gedacht, etwa einen Schönheitschirurgen daran herumsäbeln zu lassen. Ihr Mund war schmal mit dünnen Lippen. Ihre Figur war robust. Breite Schultern, starke Arme, muskulöse Beine, doch relativ schmale Hüften für eine Frau ihrer Statur. Dafür ließen ihre Brüste nichts an Weiblichkeit zu wünschen übrig. Sie waren, was man prall nennt.
Sie erwartete Loren an der Tür und küßte ihn begehrlich. »Wie war der Tag?« fragte sie.
»Der übliche Scheiß«, antwortete er. »Jetzt sollen die Plastikpreise schon wieder hochgehen. Weißt ja, das gottverdammte arabische Ölembargo. Kostet uns acht Dollar pro Stück bei den Kühlschränken und hundertvierzig und ein paar Zerquetschte bei jedem Sundancer. Wie soll man noch konkurrieren, verdammt, wenn ...«
»Aber es trifft doch alle gleich.«
»Schon ...«
»Na also, dann kannst du doch weiter konkurrieren.« Sie tätschelte ihm nachsichtig den Arm. »Du wirst schon einen Weg finden, das hinzukriegen. Ich kenne dich doch, Loren. Du bist doch ein ganz gerissener Hund, nicht?«
Er warf seine Aktentasche in den Wandschrank und hängte seinen Regenmantel auf. Ständig beteuerte er, daß er abends zu Hause noch an den Akten arbeiten könne, aber nie tat er es wirklich. Bethlehem-Motors hatte zwar Probleme, große sogar, aber wozu hatte er Leute, die abends arbeiten konnten? Das mußte doch nicht der Chef selbst tun.
Roberta war umwerfend. Sie
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