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Der Clan der Otori – Die Weite des Himmels

Titel: Der Clan der Otori – Die Weite des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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nicht zu trauen wäre, doch nach einem Blick in das ehrliche Gesicht des Kriegers verwarf er das. Er glaubte nicht, dass Irie Masahide je auch nur Verrat am Clan erwägen könnte. Die meisten Otori waren doch wie er? Aber ich darf nicht zu vertrauensvoll sein , sagte er sich. Auch wenn ich unerfahren bin.
    Â»Vielleicht hat er Spione vom Stamm mit ihrem scharfen Gehör benutzt«, sagte Irie.
    Â»Niemand hätte uns hören können …«
    Â»Niemand, der normal ist«, sagte Irie. »Aber die vom Stamm haben Talente, die über das Normale hinausgehen.«
    Â»Wie können wir uns dann gegen sie verteidigen?«
    Â»Es ist feige, sie zu benutzen«, sagte Irie bitter. »Kein echter Krieger würde sich zu solchen Methoden herablassen. Wir sollten auf unsere Kraft vertrauen, auf das Pferd und das Schwert. Das entspricht den Otori!«
    Aber welche Alternative haben wir, wenn unsere Feinde die Stammesangehörigen einsetzen? , fragte sich Shigeru.

KAPITEL 8 

    Wie als Beweis dafür, dass Kitanos Befürchtungen über das Einsetzen der Regenzeit erfunden waren, blieb das Wetter schön und mild. Shigeru verdrängte Zorn und Unbehagen, um die Freuden der Reise zu genießen. Sie brauchten nur drei Tage bis Yamagata, wo er stürmisch begrüßt wurde. Er kannte die Stadt und ihr Schloss gut, mit seinem Vater war er häufig da gewesen. Alljährlich im Herbst wurde der Regierungssitz für drei Monate von Hagi nach Yamagata verlegt, für den Winter kehrten sie nach Hagi zurück. Yamagata lag an der Hauptstraße nach Inuyama und war damit gleich wichtig für den Handel wie für die Verteidigung. Zudem war die Stadt vom heiligsten Ort im Mittleren Land aus leicht zu erreichen: vom Tempel in Terayama, wo der Erleuchtete ebenso verehrt wurde wie die alten Götter des Waldes und der Berge, denen ein eigener Schrein gewidmet war. Hier lagen die Gräber von Shigerus Vorfahren. Fast alle von ihnen waren hier beerdigt, die wenigen Ausnahmen befanden sich im Tempel von Daishoin in Hagi.
    Die Otori liebten Hagi wegen seiner schönen Lage, wegen der Inseln, die es umgaben, und wegen seiner Zwillingsflüsse; doch Yamagata liebten sie wegen seiner Nähe zu Terayama, aber auch wegen seiner Gasthäuser, seiner heißen Quellen und schönen Frauen.
    Shigeru hielt sich allerdings von den Frauen fern, obwohl seine Blicke ständig von ihnen angezogen wurden. Irie war von Natur aus ziemlich asketisch, schließlich glaubte er an Disziplin und Selbstbeherrschung, und Shigeru wurde davon und von den Enthüllungen seines Vaters genug beeinflusst, um zu versuchen, seine eigenen Sehnsüchte zu beherrschen.
    Sie verbrachten drei Wochen in der Gebirgsstadt, in denen Shigeru den obersten Gefolgsmann Nagai Tadayoshi sowie die wichtigsten Clanbeamten traf und sich ihre Berichte über Militär- und Verwaltungsangelegenheiten anhörte. Es hatte ein oder zwei Scharmützel mit Tohankriegern an den Ostgrenzen gegeben – nichts Ernstes; die Tohan waren bei geringen Verlusten der Otori zurückgetrieben worden, doch diese kleinen Strohhalme könnten die Richtung des kommenden Sturms anzeigen. Und es gab Gerüchte über Menschen, die aus dem Osten flohen, doch war es schwierig, ihre Anzahl festzustellen, weil sie jetzt, wo der Schnee geschmolzen war, auf den Bergpfaden über die Grenze kamen.
    Â»Es ist die Rede von einer religiösen Sekte«, berichtete Nagai Tadayoshi Shigeru. »Sie nennen sich die Verborgenen. Sie sind äußerst verschwiegen und leben mitten unter normalen Dorfbewohnern, ohne dass jemand einen Unterschied bemerkt. Das erklärt, wie sie hier überleben: Bereits ansässige Familien, über die wir nichts wissen, nehmen sie auf.«
    Â»Welche Art von Religion – eine der unterschiedlichen Formen der Verehrung für den Erleuchteten?«
    Â»Das ist möglich. Ich habe es nicht herausfindenkönnen. Aber die Tohan scheinen ihnen sehr feindlich gesinnt zu sein und versuchen sie auszurotten.«
    Â»Wir sollten versuchen, mehr über sie zu erfahren«, sagte Shigeru. »Haben sie eine Verbindung zum Stamm?«
    Â»Es sieht nicht so aus. Es gibt sehr wenige Stammesfamilien in Yamagata und den umliegenden Bezirken.«
    Wie kannst du da so sicher sein?, überlegte Shigeru, aber er sprach es nicht aus.
    Noch beeindruckt von Eijiros Überlegungen zur Landwirtschaft bat Shigeru Nagai, ihn aufs Land zu

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