Der Clan der Wildkatzen
Sollten wir nicht wenigstens versuchen, mit Datura zu sprechen?«
» Ja«, antwortete Katar.
Miao zuckte zustimmend mit den Ohren. » Es wird vielleicht nichts bringen, aber wir müssen den Unbezähmbaren die Chance geben, wie wir zu leben. Möglicherweise wollen manche von ihnen Frieden, selbst wenn Datura dagegen ist.«
» Wir sollten zu ihnen gehen, wenn der Regen aufgehört hat«, sagte Katar. » Qawwali, begleitest du Miao und mich?«
» Und wenn sie nicht wollen?«, fragte Hulo. » Was dann?«
» Dann kämpfen wir«, sagte Katar. » Unsere größte Chance besteht darin, sie auf dem Grundstück des Verrammelten Hauses zu umzingeln. Sobald sie es verlassen, haben wir die Schlacht verloren.«
Qawwali legte die Ohren an, da ihm die Vorsicht von Katar übertrieben erschien. » Selbst wenn es ein paar Unbezähmbare nach draußen schaffen, was ist schon so schlimm daran?«, wollte er wissen. » Sie können sich unseren Clans anschließen, wenn sie wollen, oder?«
Hulo sprang von seiner Stufe nach unten, beugte sich über eine Pfütze und leckte Wasser auf. » Wenn die Unbezähmbaren anfangen, in die Häuser der Großfüße zu schleichen oder ihre Haustiere anzugreifen, glaubst du, dass die Großfüße dann einen Unterschied zwischen uns und denen machen werden? Katar hat recht. Wir müssen sie dort umzingeln. Und für den Anfang sollten wir regelmäßige Patrouillen durchführen. Wenn Abol zurück ist, kann er sich bei einem der Großfußhäuser in der Nähe postieren, und Dastan und deine Bande sollten das Verrammelte Haus vom Stufenbrunnen aus im Auge behalten. Das sollte reichen. Wir werden immer ein Paar Schnurrhaare in diese Richtung halten, und beim ersten Zeichen ei n – «
Plötzlich hörten sie in der Ferne, durch das Prasseln des Regens hindurch, den Schrei einer Ratte. Es war ein schrecklicher Laut voller Panik und Angst, der abrupt endete.
» Das kam vom Verrammelten Haus«, sagte Miao.
» Ich sehe nach, was es war«, sagte Hulo und tappte in Richtung des schlammigen Wegs davon.
» Warte«, sagte Katar. » Geh nicht allein– ich komme mit.«
Die beiden Kater waren gerade erst auf den Weg getreten, als die Vögel zu schreien begannen. Zuerst kreischten die Mainas, in deren intelligenten Stimmen Angst mitschwang. » Gefahr! Gefahr!«, riefen sie. Dann fielen die Bartvögel mit ein und donnerten immer lauter ihren Alarm. Als Nächstes stießen die Krähen ein entsetzliches Gekrächze aus. » Achtung! Fliegt in den Himmel! Jeder Vogel passt auf sich selbst auf!« Die Wilden Katzen schauten zu, wie Wolken von Vögeln, Schwärme von Spatzen und Nachtigallen aufstiegen. Ihre Federn waren noch aufgeplustert vom Schlaf.
» Hinter mich, Southpaw«, sagte Hulo und kam die Stufen herunter, ehe der kleine Kater davonlaufen konnte. » Bleib bei mir und Katar, ganz egal was passiert.«
Es regnete jetzt wie aus Kübeln, und der Wind hatte die Richtung gewechselt und wehte in heftigen Böen vom Verrammelten Haus herüber zum Stufenbrunnen. Alle Wilden Katzen konnten es riechen, doch es war Katar, der es aussprach, wobei sich seine Nackenhaare langsam aufstellten. » Blut. Frisches Blut. Die Unbezähmbaren sind draußen, Miao.«
18
Auf in den Kampf
J emand würgte Mara und erstickte sie. Sie wehrte sich heftig, fauchte im Schlaf und spürte, wie ihre Krallen etwas zerfetzten, das wie Seide klang. Die kleine Katze setzte sich mit gesträubtem Fell auf und sah, dass sie einen Kampf auf Leben und Tod mit einer zerrissenen Decke geführt hatte. » Mehr nicht«, sagte Mara zu sich selbst, doch als sie lostrabte, um sich über ihre morgendliche Schüssel Fisch herzumachen, ließ sie das ungute Gefühl aus dem Traum nicht los. Sie schmiegte sich enger an ihre Großfüße als sonst und wollte gestreichelt werden, doch selbst wenn sie ihr Fell wieder und wieder glatt strichen, stellte es sich immer wieder von Neuem auf.
Das ist der Regen, dachte Mara und sah aus dem Fenster am Küchenwaschbecken hinaus in den grauen Tag. Irgendetwas lag in der Luft, etwas, das der Sturm aufgescheucht hatte. Der Wind, der gegen die Küchentür drückte, wehte es heran. Ihr Fell blieb gesträubt, ganz egal wie sehr sie es auch mit der rauen rosa Zunge putzte. Ihr Großfuß wuschelte ihr liebevoll über den Kopf und öffnete das Fenster.
Das Knurren des Senders begann tief in der Kehle und schwoll zur Warnung an. » Was ist denn los?«, hörte sie ihren Großfuß sagen. » Was siehst du denn?«
Es ging nicht um das, was sie sah–
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