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Der Clan der Wölfe 1: Donnerherz (German Edition)

Der Clan der Wölfe 1: Donnerherz (German Edition)

Titel: Der Clan der Wölfe 1: Donnerherz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
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Faolan jedoch groß und sehr stark. Er besaß Fähigkeiten, die gewöhnliche Wölfe nicht hatten. Er war ein Wolf ohne Rudel und folglich viel unabhängiger. Und weil er auf den Geschmack von Fleisch gekommen war, hatte er sich zu einem geschickten Jäger entwickelt, der vierbeinige Tiere und hin und wieder ein Schneehuhn oder andere Bodenbrüter zur Strecke brachte. Faolan war schneller und erfinderischer als Donnerherz. So war es ihm gelungen, ein verletztes Rentier in einen Engpass zu treiben, wo es in der Falle saß. Als Donnerherz eintraf, streckte sie das Tier mit einem einzigen Schlag nieder. Diese Strategie funktionierte so gut, dass Donnerherz und Faolan sie seit jenem ersten Jagderfolg schon mehrmals angewendet hatten.
    „Ich liebe Rentierfleisch“, sagte Faolan eines Tages, nachdem sie wieder eines erbeutet hatten. „Woher kommen die Rentiere eigentlich?“
    „Das kommt darauf an, in welcher Zeit du sie fängst. Im Frühling kommen sie aus den Frostlanden.“
    „Aus den Frostlanden?“
    „Ja, weit, weit nördlich von hier. Im Frühjahr ist der Geschmack der Rentiere aus den Frostlanden am besten.“
    „Und wie kommt man dorthin?“
    Donnerherz zeigte auf den Nordstern. „Im Vorfrühling, wenn das Sternbild des Großen Bären aufsteigt, folgt man der letzten Zehe im Fuß, die auf den Nordstern zeigt. Ich hatte mal einen Bau dort. Eines Tages …“
    „Eines Tages was?“, fragte Faolan.
    Donnerherz machte ein bekümmertes Gesicht und gab keine Antwort.
    „Eines Tages gehen wir dahin zurück?“
    „Vielleicht. Aber ich bin mir nicht sicher, ob es gut ist für deine Art.“
    „Für meine Art?“ Faolan spürte, wie sein Herz schneller schlug. „Aber für deine Art ist sie gut, die Frostwelt? Warum dann nicht auch für meine Art?“
    „Schon gut, schon gut. Iss auf.“ Die Bärin wollte noch etwas sagen, aber Faolan fiel ihr ins Wort.
    „Ich weiß“, sagte er müde. „Ich muss mich fettmästen, bis der Winter kommt.“
    „Ja, iss die Leber hier auf.“ Donnerherz fetzte die blutige Leber aus dem toten Tier und warf sie ihm hin.
    Faolan fraß gehorsam, aber seine Gedanken kehrten zu den geheimnisvollen Worten der Bärin zurück. Ich bin mir nicht sicher, ob es gut ist für deine Art . Das hatte einen Beiklang, der ihm nicht gefiel. Er wollte nichts mehr davon hören, weder laut ausgesprochen noch in seinem Kopf. Er würde ganz einfach seine Ohren und Gedanken davor verschließen.
    Die Bärin und der Wolfswelpe jagten oft bis in den späten Abend. Faolan schlief am liebsten vor dem Eingang zu ihrem Bau, wo er die Sterne sehen und den Sternengeschichten lauschen konnte, die Donnerherz ihm erzählte. Inzwischen waren die Worte und die geheime Bärensprache, die hinter den Worten lag, vollkommen verständlich für ihn geworden.
    Donnerherz zeigte zum Beispiel mit ihrer Pfote zum Himmel hinauf und zeichnete das Sternbild des Großen Bären mit ihrer längsten Klaue nach. „Er weist uns den Weg nach Ursulana“, wisperte sie. Nach Ursulana, zum Bärenhimmel, wo die Geister ihrer ermordeten Jungen wohnten – daran glaubte Donnerherz ganz fest.
    Jeder Stern hatte eine eigene Geschichte und jedes Tier ein Sternbild. Faolan staunte, was seine Bärenmutter alles wusste. Einmal zeigte sie westlich des Großen Bären auf das Sternbild des Großen Wolfs. „Jetzt, im Hochsommer, verschwindet es. Im Frühling leuchtet es am hellsten und steigt am höchsten auf. Aber sieh mal, dort sind die Großen Klauen.“
    Faolan starrte blinzelnd auf das klauenähnliche Sternbild, das sich am violetten Horizont heraufschob. „Das Klauenbild bleibt am längsten. Es erscheint im Frühwinter und bleibt den ganzen Sommer über. Wenn du zu den Ufern des Hoolemeers gehst, siehst du die jungen Eulen vom Ga’Hoole-Baum ihre Navigationsübungen machen, indem sie seine Umrisse nachfliegen. Die Eulen nennen die ‚Großen Klauen‘ die ‚Goldenen Krallen‘.“
    „Hoolemeer? Navigation? Der … wie nennst du ihn noch mal … Ga’Hoole-Baum?“, fragte Faolan verwirrt. Er verstand gar nichts mehr.
    Donnerherz stieß ein Schnauben aus, was manchmal ihre Art zu lachen war. „Du bist jung. Und du hast noch nicht viel gesehen. Das Hoolemeer ist ein gewaltiger Ozean. Dort gibt es eine Gruppe von Eulen, die auf einer Insel in einem riesigen Baum mitten in diesem Meer wohnen. Diese Eulen nennen sich die Wächtereulen von der Insel Hoole. Es sind sehr intelligente Eulen.“
    „Du meinst klug?“, fragte Faolan nach.
    „Ja,

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