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Der Clan der Wölfe 1: Donnerherz (German Edition)

Der Clan der Wölfe 1: Donnerherz (German Edition)

Titel: Der Clan der Wölfe 1: Donnerherz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
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seine Tochter für längere Zeiten anvertraute.
    Gwynneth hatte beide lieben gelernt, so unterschiedlich sie auch waren. Wenn ihr Vater sich sorgte, dass Gwynneth „zu künstlerisch“ wurde, nahm er sie in die Hinterlande mit. Gwyndor hatte sich im Lauf der Jahre gut mit den Wölfen angefreundet. Er kannte ihre Bräuche und hatte sein Ohr auf ihr Heulen eingestimmt. Als er merkte, dass seine Tochter ein noch viel feineres Gehör für Wolfsgesänge hatte, brachte er ihr alles bei, was er wusste. Gwynneth war eine gelehrige Schülerin. Sie kannte die Tonlage aller Vorheulerinnen, der sogenannten Skrielin . Im Gegensatz zu Gwyndor, der nur den ungefähren Sinn der Botschaft heraushörte, konnte Gwynneth viel mehr davon verstehen. Inzwischen beherrschte sie die Sprache der Wölfe nahezu fließend.
    Mitten in ihrem dritten Versuch, dem Weidenblatt die richtige Form zu geben, hörte sie das Heulen. Einen gespenstisch-schönen Gesang. Sofort nahm sie die Zange aus dem Feuer und legte sie auf den Steintisch.
    Der Gesang traf sie mitten ins Herz. Es war ein Lied des Schmerzes, aber auch der Ergebung, des Sich-Fügens ins Unvermeidliche. Er stammte von keiner Vorheulerin , die sie je gehört hatte.
    Gwynneth dämpfte das Feuer und legte das Werkzeug beiseite, obwohl sie am liebsten alles auf einen Haufen geschmissen hätte, um so schnell wie möglich diesem Gesang zu folgen. Aber sie beherrschte sich. Nicht umsonst hatten ihr Vater und ihre Tante ihr eingebläut, dass ein Schmied nur so gut wie sein Werkzeug war. Wer mit rostigen Zangen arbeitete, ließ auch sein Können einrosten. Schlechte Handwerkskunst war Skart , ein unflätiges Eulenschimpfwort für viele Dinge, einschließlich verpfuschter Gebrauchsgegenstände, die von schlechten Schmieden hergestellt wurden.
    Aber Gwynneth brauchte nicht lange, um ihre Schmiede aufzuräumen. Jetzt hockte sie auf dem Steintisch, auf dem gerade noch ihre Zange gelegen hatte, und breitete die Flügel aus, um die warmen Luftzüge von der schwelenden Glut in der Esse zu nutzen. In einer kühlen Herbstnacht wie dieser war eine kleine Aufstiegshilfe nicht zu verachten.
    Sekunden später schoss Gwynneth über den Baumwipfeln dahin. Sie orientierte sich am zweiten Stern der Goldenen Krallen, drehte ab und nahm einen Kurs, der sie südwärts führte. Der Wind trug das Heulen durch die Nacht. Gwynneth war schon eine gute Meile geflogen, als sie einen jungen Wolf im Mondlicht entdeckte. Lautlos landete sie in den Ästen eines Baums und lauschte.
    Der Gesang verwirrte sie, obwohl sie die einzelnen Sätze verstand. In ihrem Versteck hinter einem Schirm aus Kiefernadeln beobachtete sie den Wolf. Es war ein Rüde, der sich neben einem großen Grizzlybärenschädel niedergelassen hatte. Aber was bedeutete diese Stelle, die er unablässig heulte? „Wir alle sind Teil eines …“?
    Aufmerksam lauschte sie, als sich der Wolf in ein zweites Qualid stürzte:
    Milchgeberinnen, Milchgeberinnen,
    wandelt ihr zwei dort oben am Himmel?
    Steigt ihr die Sternenleiter hinauf
    und wartet, dass auch ich sterbe?
    Wenn meine Zeit gekommen ist,
    wohin soll mein Geist sich wenden?
    Bin ich Wolf oder Bär?
    Ich weiß weder Anfang noch Ende.
    Nachdem das Heulen verstummt war, wühlte der Wolf eine Gesichtshälfte in die Erde und rieb kräftig Kopf und Hals daran. Mit diesem Duftwälzen markierten die Wölfe ein Territorium und machten Gebietsansprüche geltend, das wusste Gwynneth. Aber dieser Wolf hatte offensichtlich nicht die Absicht, auf die Jagd zu gehen. Vor allem angesichts der Totenklage, die in seinem Heulen mitschwang. Der Wolf rannte um die Knochenreste herum und wälzte sich, wo immer er konnte und so nah an den Knochen wie möglich. Vermutlich hatte er einen zweiten Geruch aufgefangen. Doch plötzlich ging der Eule ein Licht auf – zwei Milchgeberinnen. Zwei Mütter!

„Wir haben viel gemeinsam“, sagte Gwynneth, während sie von der hohen Kiefer herunterschoss und in respektvollem Abstand vom Bärenschädel landete. Faolan blickte auf. Er hielt einen Knochen, der einst zu Donnerherz’ Pfote gehört hatte, in den Zähnen und starrte die Maskenschleiereule an.
    „Leg den Knochen weg und folge mir, mein Lieber.“ Kaum waren ihrem Schnabel diese Worte entschlüpft, wusste sie, dass sie einen Fehler gemacht hatte. Faolan schüttelte energisch den Kopf.
    „Nein, natürlich nicht. Was rede ich denn da? Das ist der Knochen deiner Milchgeberin! Nimm ihn mit, aber folge mir“, verbesserte sie sich

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