Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Clan der Wölfe 2: Schattenkrieger (German Edition)

Der Clan der Wölfe 2: Schattenkrieger (German Edition)

Titel: Der Clan der Wölfe 2: Schattenkrieger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
Vom Netzwerk:
nicht gegeben. Am Ende des letzten Wintermondes hatte es sogar noch mehr geregnet. Folglich musste er in den Rinnen, die der Regen hinterlassen hatte, nach den Knochen Ausschau halten.
    Er suchte die halbe Nacht lang, bis der Himmel bereits wieder heller zu werden begann. Erst als der Horizont in dunstigem Rosa erglühte, entdeckte er etwas blendend Weißes, das aus dem Boden ragte. Behutsam grub er es mit den Pfoten aus, fasste den Knochen nur mit den Lippen und zog ihn aus dem Boden. Er legte ihn ab und betrachtete ihn. War das vielleicht eine winzige Rippe? Bei genauerem Hinsehen bemerkte er tiefe Einschnitte, die ihn bis ins Mark erschauern ließen. Ein leises Knurren stieg aus seiner Kehle, ein Knurren der Angst und Wut.
    Mit gesträubtem Nackenfell saß er da. Der Räuber, der das Leben dieses Welpen genommen hatte, war mit roher Gewalt vorgegangen. Der Knochen war an der Oberfläche mit zahllosen wilden Bissspuren verunziert. Von welchem Tier sie stammten, war kaum zu erkennen. Aber das war nicht mehr wichtig. Hauptsache, er hatte den Knochen gefunden. Er würde ihn an einem sicheren Ort verstecken und später zurückkommen, um nach den restlichen Knochen zu suchen.
    Er brauchte auch nicht lange zu überlegen, wo er den Knochen lassen konnte: bei Donnerherz’ Pfotenknochen natürlich. Es war ein tröstlicher Gedanke, dass die winzige Rippe bei seiner Milchmutter ruhte. Er würde sich sofort auf den Weg machen. Endlich hatte er die Gewissheit, dass das kleine Wesen seine irdischen Leiden hinter sich gelassen hatte. Obwohl der Gedanke an den gewaltsamen Tod, den es erlitten hatte, wie ein dunkler Schatten über ihm hing. Aber jetzt, da der Sternenwolf zurückkehrte, konnte die kleine Wölfin endlich die Sternenleiter zur Höhle der Seelen hinaufklettern. Faolan war nun noch fester entschlossen, zu der Halde unter dem Tafelfelsen zurückzukehren, um noch mehr von ihren Knochen zu finden. Ja, von ihren Knochen. Für Faolan war das kleine Wesen kein „es“ wie für die Sark, die immer „es“ sagte, wenn sie von einem Malcadh sprach.
    Am folgenden Abend kehrte er auf den Bergrücken zurück. Als er zu der Halde kam, spürte er ein anderes Tier in der Nähe, wenn auch nur schwach. Er hob die Nase in den Wind, konnte aber keinen Geruch ausmachen. Vielleicht waren Wölfe in der Gegend, denn der Ort lag nicht weit vom Feuergrasrudel entfernt. Wahrscheinlich Jäger, die der anderen Hälfte der Rothirschherde nachspürten.
    Es war ein dunkler, mondloser Abend. Kein Licht am Himmel warf Schatten und trotzdem spürte Faolan überall Schatten um sich herum. Wie konnte er nur so schreckhaft sein? Ich werde langsam genauso abergläubisch wie diese Rudelwölfe , schimpfte er vor sich hin und machte sich an die Arbeit.
    Er fand mehrere Knochen von dem kleinen Welpenmädchen, alle mit tiefen Bissspuren. Trotz dieser grässlichen Verstümmelung war einer der Knochen besonders schön geformt und schrie geradezu danach, die kurze Geschichte der Wölfin aufzunehmen. Und so begann Faolan mit der Schnitzarbeit. Er war noch nicht weit gekommen, als ihn ein mulmiges Gefühl überkam.
    Ich kann das jetzt noch nicht , dachte er. Die Geschichte des kleinen Wesens war noch nicht abgeschlossen. Plötzlich erschien es ihm falsch, sie einzuritzen, fast als zerstörte die rohe Gewalt, die diesem Knochen zugefügt worden war, die Wärme und Schönheit seiner Zeichen. Er musste aufhören.
    Er suchte weiter und fand noch ein paar Knochen, zu viele, um alle auf einmal zu Donnerherz’ Pfote zu tragen. Er würde die Hälfte davon hinbringen und wenn er zurückkam, war er vielleicht in einer besseren Stimmung und konnte die Schnitzerei beenden.
    Doch als er zurückkam, war der teilweise benagte Knochen verschwunden. Ein Schauder lief durch seinen Körper. Hatte ein anderes Tier ihn hier gesehen? Und warum sollte es gerade diesen Knochen wegnehmen, und nicht die anderen, die er zurückgelassen hatte?
    Nachdenklich kehrte Faolan zu seinem Clan zurück, in dem der wilde Rausch von der Jagd vor zwei Tagen noch nicht verebbt war. Der Blutgeruch war allerdings etwas verblasst. Mehrere Knochenhaufen lagen bereit und warteten darauf, von den Knochennagern bearbeitet zu werden. Faolan nahm sich den Schenkelknochen vor, den Mairie ihm überreicht hatte.
    Der Mond der Froststerne war jetzt ganz verschwunden und die erste dünne Sichel des Eisbruchmondes stieg am Himmel auf. Alastrine stimmte in den Gesang von Greer mit ein, der Skrielin des Flussrudels, die

Weitere Kostenlose Bücher