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Der Clan

Titel: Der Clan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Jemand hatte mich gewarnt, ich solle vorsichtig sein, aber ich konnte mich nicht erinnern, wer das gewesen war. Jemand hatte gesagt, ich würde die Erfahrung machen, daß sie ganz gemein und schmutzig spielen konnten. Aber ich erinnerte mich nicht, wer.
    Ich raffte mich hoch, kam bis auf die Knie und begann mich aufzurichten, da sah ich den schweren Stiefel.
    Ich konnte nichts dagegen tun. Er traf mich unterm Kinn, ich spürte, wie ich in die Luft flog und nach einem Salto an der Mauer endete. Ich war fast glücklich, als es endlich Nacht um mich wurde.
    Wie aus der Ferne hörte ich das Mädchen schreien. »Angelo! Angelo!« Ihre warmen Tränen flossen mir übers Gesicht. Langsam kämpfte ich mich zu ihr hoch.
    Ihr weißes, erschrockenes Gesicht befand sich im Dunkel sehr nahe dem meinen, aber ihre Züge ließen sich durch meine geschwollenen Augen nur verschwommen erkennen. Ihr Arm schob sich unter meinen Kopf und zog mich an ihre Brüste. Ihre Tränen flossen weiter über mein Gesicht, während sie mich hielt und auf den Knien wiegte.
    »Cindy.« Fremdartig krächzend kam die Stimme aus meiner Kehle. »Hilf mir aufstehen!«
    »Rühr dich nicht«, flüsterte sie. »Du bist verletzt. Laß mich einen Krankenwagen rufen.«
    Ich wollte den Kopf schütteln, aber es tat zu weh. »Nein!« Ich versuchte mich aufzurappeln. »Bring mich nach Hause. Mein Vater ist Arzt.«
    »Angelo, bitte.«
    »Hilf mir auf!«
    Sie erkannte das Drängen in meiner Stimme und schob einen Arm unter meine Schultern. Ich hätte beinahe aufgeschrien, als ich den Druck an meiner Seite spürte, während sie mich an sich zog. Es schien Stunden zu dauern, doch schließlich brachte sie mich auf die Beine und lehnte mich mit dem Rücken an das Haus.
    »Du sollst nicht gehen!« sagte sie. »Ich bring’ den Wagen her.«
    Ich nickte.
    »Kannst du stehen?« fragte sie besorgt.
    »Ja«, keuchte ich.
    Sie schaute mir einen Augenblick ins Gesicht. Was sie dort sah, weiß ich nicht, aber gleich darauf wandte sie sich um, und ich hörte, wie sie die Gasse hinunterlief. Ich schaute ihr nicht nach, das Umdrehen schmerzte zu sehr.
    Wieder schien die Zeit endlos, und in meinem Kopf war nichts als gähnende Leere. Dann hörte ich den Maserati mit dem schweren Motor auf mich zukommen, seine blendendweißen Scheinwerfer durchschnitten die Dunkelheit. Ich mußte vor Schmerz blinzeln. Sie war wie ein Schatten, als sie da hinter dem Wagen hervorkam und die Tür öffnete. »Kannst du deinen Arm um meine Schultern legen?« fragte sie.
    Ich hob den Arm, und sie glitt darunter. Ich ließ mein Gewicht auf ihr ruhen, und wir legten den Kilometer bis zur Autotür zurück. Sie drehte mich herum und ließ mich rückwärts auf den Sitz gleiten, dann hob sie meine Beine und legte sie in den Wagen. Mit geschickten Bewegungen schloß sie rasch den Sicherheitsgurt um mich und ließ die Lehne vorsichtig nach hinten gleiten, bis ich fast ausgestreckt lag. »Gut so?« fragte sie.
    »Ja«, stöhnte ich. Im Widerschein des Lichts konnte ich sehen, daß ihr Kleid vorne von meinem Blut besudelt war.
    Sie schloß die Tür, ging zum Fahrersitz und stieg ein. Dann beugte sie sich über mich, um den Türknopf runterzudrücken.
    »Entschuldige«, murmelte ich. »Ich habe dein Kleid ruiniert.«
    Sie antwortete nicht, fuhr den Wagen aus der Nebengasse und bog in die Michigan Avenue ein. »Wohin jetzt?« fragte sie.
    Ich erklärte ihr den Weg zum Haus meiner Eltern. Dabei spürte ich mit der Zunge ein Loch in meinem Mund, wo früher
    Zähne gewesen waren. Ich hoffte, es wären nur die Jacketkronen und nicht einige der wenigen eigenen Zähne, die mir noch geblieben waren. Sie fuhr durch die Avenue. »Ruh dich jetzt aus«, sagte sie.
    Ich schloß die Augen, öffnete sie aber wieder. »Wie hast du mich gefunden?«
    Sie starrte auf die Straße. »Als du um halb sechs noch immer nicht zurück warst, wurde ich neugierig. Das Haus war völlig dunkel, und ich hatte gesehen, daß alle nach Hause gegangen waren. Also lief ich zur Rückseite, stieg die Treppe hoch und versuchte, die Tür zu öffnen. Sie war abgeschlossen. Ich klopfte. Keine Antwort. Dann hörte ich dich stöhnen, rannte über die Treppe und fand dich unten hinter der Hausecke.« Sie hielt bei einer Verkehrsampel an. »Jetzt wird nicht mehr geredet, bis du zu Hause bist. Sei still.«
    Ich schloß die Augen, sank zurück ins Dunkel und schlug sie erst wieder auf, als der Wagen vor der Hauseinfahrt anhielt.
    »Ich helfe dir heraus«, sagte sie,

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