Der Clan
Sie, daß ich vorhin so unhöflich zu Ihnen war, Mr. Hardeman.«
»Loren«, sagte er. »Besser, Sie gewöhnen sich schon jetzt an den Namen. Ich gehöre nicht zu den altmodischen Männern, die sich von ihrer Frau >Mister< nennen lassen.«
Plötzlich lächelte sie. »Loren«, sagte sie versuchsweise, als probiere sie den Klang auf der Zunge.
»Schon besser«, lobte er. Er ließ ihre Hand los. »Warten Sie bitte hier«, sagte er und ging zur Rückseite der Scheune.
»Wohin gehen Sie?« rief sie ihm nach.
»Mich waschen und ein sauberes Hemd anziehen«, antwortete er. »Ein Mann muß doch so gut wie möglich aussehen, wenn er seine künftigen Schwiegereltern besucht.«
»Jetzt?« fragte sie ungläubig. »Gleich jetzt?«
»Natürlich«, rief er über die Schulter zurück. »Ich halte nichts von Verlobungen.«
Er mußte aber doch noch fast zwei Jahre warten. Die Hochzeit war im Mai 1900, weil ihre Eltern sie nicht heiraten lassen wollten, ehe sie achtzehn war. Und während der Wartezeit baute er sein erstes Auto. Es war kein wirkliches Automobil, eher ein Vierrad, mit seinen komischen Fahrradrädern und Radreifen und dem spindeldürren Rahmen. Es lief gut genug, um in den Hauptstraßen von Bethlehem verboten zu werden, weil es Störungen verursachte, aber nicht gut genug, um ihn zu befriedigen.
Er mußte noch viel lernen, und das wußte er. Und nur an einem Ort war es möglich, diese Kenntnisse zu erwerben: in Detroit. Dort gab es mehr Automobilbauer als sonst irgendwo in den Vereinigten Staaten. Henry Ford, Ransom E. Olds, Billy Durant, Charles Nash, Walter Chrysler, Henry Leland, die Brüder Dodge. Diese Männer waren seine Helden und Götter. Um zu ihren Füßen sitzen und lernen zu können, zog er eine Woche nach der Hochzeit mit seiner Frau nach Detroit, die bereits schwanger war, ohne daß sie es wußte.
Bei dieser Erinnerung wurde ihm noch heute warm ums Herz. Er sah aus dem Fenster auf den Sonnenschein und die schwankenden Palmen. »Es war ein Tag wie heute«, sagte er. »Ein wunderschöner Sonntag.«
»Ja«, flüsterte sie. »Dafür bin ich dankbar. Es war der erste von vielen schönen Sonntagen, die wir zusammen erlebt haben.«
»Damit ist es noch nicht vorbei«, sagte er und schaute zu ihr hinunter. »Du mußt nur erst einmal gesund werden und.«
Plötzlich brach seine Stimme. »Elisabeth!«
Für sie gab es keine wunderschönen Sonntage mehr.
Juniors Stimme war nüchtern, die Ziffern ratterten von seiner Zunge, als sei er eine Tabelliermaschine. »Der Bericht des Jahres 1928 sieht gut aus«, sagte er. »Von den Sundancer-Personenwagen wurden, wenn wir alle Modelle zusammenzählen, über vierhundertzwanzigtausend Stück abgesetzt, allein achtzig Prozent von der Spitzentype, hauptsächlich Limousinen. Für sechzig Prozent dieser Wagen wurden Zubehör und Extras verkauft. Auch die Lastwagenabteilung weist einen beträchtlichen Zuwachs auf, einundzwanzig Prozent mehr als im Vorjahr, insgesamt einundvierzigtausend Stück. Die einzige Type, die stagniert, ist der Loren II. Da hatten wir Schwierigkeiten, unsere Stellung zu behaupten, und wenn wir nicht die Bedingungen der Kundenkredite großzügiger ausgelegt und unsere Garantien an die Händler erhöht hätten, wären wir zurückgefallen. Unter den gegebenen Umständen blieben wir mit vierunddreißigtausend Stück unverändert. Es ist die einzige Abteilung, die mit Verlust arbeitet. An jedem verkauften Wagen verlieren wir nahezu vierhundertzehn Dollar.«
Loren nahm eine schwere Havanna vom Schreibtisch und spielte damit. Langsam schnippte er das Ende ab, dann steckte er sie in den Mund und zündete sie an. Gleich darauf blies er einen Schwall blauen Rauch aus, der sich wie eine Wolke über seinem Kopf kräuselte und langsam zur Decke hochstieg.
Er schob die Schachtel seinem Sohn hin. »Nimm dir eine Zigarre.«
Junior schüttelte den Kopf.
Loren tat noch einen tiefen Zug und blies den Rauch aus. »Es gibt nur zwei Dinge, die einen Mann jemals dazu bringen werden, Parfüm zu verwenden«, sagte er. »Entweder er riecht nach einer feinen Havanna oder nach einer nackten Frau.«
Junior lächelte nicht. »Auch die Händler mögen den Loren II nicht. Sie klagen vor allem darüber, daß sie kein Servicegeschäft damit machen.«
Loren warf ihm einen schlauen Blick zu. »Du meinst, sie meckern, weil der Wagen zu gut ist.«
»Das habe ich zwar nicht gesagt, aber vielleicht ist es so. Bei den meisten Wagen muß man alle fünfzehnhundert Kilometer das Öl
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