Der Clark Darlton Reader
vielmehr in ihren Nachkommen noch leben.“
James Freema trat an den Bildschirm heran und zeigte auf einen Hebel.
„Darf ich? Was wird geschehen?“
„Drücke ihn, Freund!“
Als das Bild der Erde auf der Mattscheibe erschien und Mla Ga mit einigen Griffen die Vergrößerung verbessert hatte, taumelte James zurück.
Er starrte in sein eigenes Gesicht.
Auch Mla Ga war verwirrt und drehte an den Knöpfen.
Der Mensch, der James Freema war, wurde zwar ein wenig kleiner, aber er blieb. Die Umgebung wurde dafür deutlicher. Nun sah James auch, daß er durch die offene Glaskuppel von Mikes Sternwarte in Conney Castle schaute. Neben dem Mann, der genauso aussah wie er, stand ein Mädchen: Anne! Daneben ein älterer Herr: Mikes Vater.
„Ist das eine direkte Übertragung?“ keuchte James, dem ein furchtbarer Verdacht kam. „Aber das wäre ja gar nicht möglich. Ich befinde mich doch jetzt auf dem Mars, etwa 150 Millionen Kilometer von der Erde entfernt. Ebenso Anne. Das kann keine direkte Aufnahme sein.“
„Nein, es ist auch nur ein Film – aber ein Film, der vor drei Tagen aufgenommen wurde.“
„Vor drei … das war der 28. Oktober! Unmöglich! Wir verließen bereits am 26. die Erde.“
„Gut, stellen wir auf Gegenwart. Bitte!“
Das Bild verschwamm, kam wieder.
Es zeigte Conney Castle aus großer Höhe.
Vor dem Haus hielt ein Leichenwagen.
Außer dem alten Conney wohnte kein Mensch in dem Haus.
Und der Diener hatte bis zum 15. November Urlaub. Das wußte James.
Als er mit Mla Ga die verfallenen Stufen hinabkletterte, war er von dem eben Erlebten noch ganz benommen. Sicher, rein technisch verstand er zwar den ganzen Vorgang; das war kein Problem. Die ganze Station arbeitete automatisch und ununterbrochen. In jedem Jahr kam einmal eine Disk vom Mond hierher, um die fertigen Filme abzuholen. Mit der Zeit sollte die ganze Station ausgeräumt und teils zum Mond, teils nach Xo 2 übergeführt werden. Gut, das hatte er begriffen. Aber …
Ja, wie kam Conney Castle so zufällig in das Blickfeld der interplanetaren Fernfilmkamera? Wie konnte es sein, daß er, der er doch auf dem Mars und am 28. Oktober auf dem Mond war, gleichzeitig auf der Erde weilte? Und warum stand heute, am 31. Oktober, vor Conney Castle ein Leichenwagen?
In seinem Kopf wirbelten die Gedanken, als er mit Mla Ga durch die Wüste schritt. Die ungeheure Vermutung, die von ihm Besitz ergriffen hatte, nahm langsam feste Form an. Aber diese Vermutung war derart unglaublich, daß er es nicht wagte, Mla Ga davon zu erzählen. Außerdem mochte dieser die Wahrheit schon erkannt haben.
Die Luke schloß sich hinter den beiden, als sie die Disk betreten hatten. Mla Ga setzte sich auf eine der Pritschen und schien zu überlegen. Endlich sah er die Menschen an, einen nach dem anderen.
„Hört gut zu“, sagte er. „Es bleibt kein anderer Weg: Wir müssen nach Phobos. Dort finden wir eine Interstellardisk. Mit ihr machen wir den Flug nach Xo 2, um dort …“
„Nein!“
Mike hatte sich erhoben. Seine Haltung war drohend.
„Ich weigere mich, mit nach diesem Stern zu fliegen.“
James drückte den Freund auf die Bank zurück.
„Höre erst mal zu, was Mla Ga uns zu sagen hat.“
Der Xoaner nickte ihm dankbar zu und fuhr fort:
„Wenn das Gesetz gebrochen wird, nach dem wir schon seit 500 Jahren handeln, könnte es zu einer Katastrophe kommen. Die Menschheit ist noch nicht reif für das kosmische Geschehen. Wenn wir dann den Befehl bekämen, die Erde zu vernichten, so wäre das für euch alle das Ende. Es würde keine Stunde dauern, und der Erdball wäre eine einzige atomare Hölle, auf der nichts Lebendiges zurückbliebe. Was ist denn euer kleines Schicksal dagegen? Nichts! Aber was wißt ihr von Opfer, Gesetz und von dem Nichts? Nein, es bleibt kein anderer Weg. Außerdem – und das nur nebenbei – weiß man auf Luna-Station bereits, wo wir sind.
Man kann uns jederzeit von dort aus töten, wenn man will.“
„Von dort aus?“ stöhnte Anne auf, die das alles nicht mehr verstand.
„Von dort aus“, bestätigte Mla Ga ernst. James nickte; er wußte es, seit er in der Pyramide gewesen war. Er wußte auch, warum die Ägypter die Pyramiden erbaut hatten, obwohl ihnen nicht mehr bewußt gewesen war, warum sie gerade diese Form wählten.
„Euer Opfer ist nicht so groß, wie ihr vielleicht annehmt“, sprach der Xoaner weiter. „Die Zeit vergeht schnell, und ihr altert kaum. Wenn Xola die Erlaubnis gibt, könnt ihr nach einer
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