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Der Clark Darlton Reader

Der Clark Darlton Reader

Titel: Der Clark Darlton Reader Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Darlton
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jetzige Handlung beobachtet wurde. Von ihm selbst. Vor zwanzig Jahren.
    Der alte Conney war erschüttert und totenbleich. Man hatte ihm alles erzählt – nur nicht, daß er in drei Tagen schon beerdigt würde.
    „James! Was Sie da sagen, ist ja Wahnsinn! Das kann doch gar nicht möglich sein! Ich lasse es mir noch gefallen, daß Mike jetzt tatsächlich auf dem Sirius wohnt. Gut, das wäre möglich! Aber das andere, die Sache mit der Zeit – nein! Das ist unmöglich. Niemals!“
    James zuckte die Schultern.
    „Ich gebe zu, daß es sich unglaubhaft anhört – aber es ist Wahrheit. Wie wollen Sie sich sonst erklären, daß wir eine so lange Reise nach einem anderen Stern unternahmen, Monate unterwegs waren und auch dort ein halbes Jahr lebten – und jetzt feststellen, daß wir nur 35 Stunden abwesend waren?“
    „Vielleicht haben Sie geträumt.“
    „Ich wäre froh, wenn es sich so verhielte.“
    Der Alte überlegte.
    „Einen Augenblick; ich hole eben die heutige Zeitung.“
    Er verschwand. Anne schmiegte sich an James.
    „Es war doch kein Traum, Liebster? Wir sind doch verheiratet, nicht wahr? Nach irdischen Gesetzen allerdings …“
    „… nicht! Das ist es ja, läßt sich aber nachholen.“
    „Wie erklärst du dir eigentlich die Tatsache, daß wir … hm … in zwei Tagen siebzehn Monate lebten?“
    „Ganz einfach. Wären wir mit der gleichen Geschwindigkeit zurückgeflogen, mit der wir den ersten Flug unternahmen, wären inzwischen auf der Erde vierundzwanzig Jahre vergangen. Dazu ein halbes Jahr Aufenthalt auf Xo 2. Wären wir mit Lichtgeschwindigkeit zurückgekehrt, hätte die Reise etwa fünf Minuten – relativ gesehen, natürlich – gedauert, obwohl genau achteinhalb Jahre vergangen wären. Wir aber – und das ist es – überschritten diese Geschwindigkeit und rutschten in der Zeit zurück, in ein anderes Kontinuum. – Aber das ist zu kompliziert für dich, mein Liebes. Lassen wir das. Ich bin dabei, es allmählich zu begreifen. Aber es ist so ungeheuerlich, daß mein Verstand sich sträubt, die Wahrheit zu erkennen.“
    Der alte Conney kam durch die schmale Tür in die Glaskuppel herein, in der Hand eine Zeitung. Er nickte schwer und zeigte auf die Meldung, die fast eine halbe Seite einnahm.
    „Lest es selbst“, sagte er und setzte sich.
    James nahm ihm das Blatt aus der Hand und las:
    „Fliegende Untertasse bei Dorville gelandet! Feuergefecht mit der Besatzung! Wie unser Korrespondent meldet, hat sich die gestrige Sensationsmeldung als Tatsache erwiesen. Eine Militärstreife stieß bei der Suche nach einem abgestürzten Meteor auf eine seltsame Flugscheibe, deren Besatzung sofort das Feuer eröffnete. Trotz konzentrierten Gegenfeuers gelang es den Unbekannten, mit ihrem Flugkörper zu fliehen. Es ist anzunehmen, daß mehrere der Agenten – um solche nur kann es sich handeln – bei dem Gefecht verletzt wurden.“
    James legte die Zeitung beiseite und betrachtete seine linke Hand. Dann reckte er sie dem alten Conney hin und fragte:
    „Was glauben Sie, Mr. Conney: Wie alt ist diese Wunde?“
    „Wunde? Wo denn? Ach, das ist keine Wunde; das ist eine uralte Narbe. Mindestens schon anderthalb bis zwei Jahre her. Schießerei gehabt? Hier, im zivilisierten England?“
    „Nein, Mr. Conney. In Frankreich! Gestern früh, um fünf Uhr!“
    Sie ließen einen alten, gebrochenen Mann zurück, für den sie nichts mehr tun konnten. Er hatte die Wahrheit wissen wollen, und James hatte sie ihm nicht verschwiegen. Er wußte, daß es gegen die Geschehnisse, die der Gegenwart unweigerlich folgen mußten, keine Auflehnung gab. Mr. Conney würde morgen sterben. Kein Gott würde das verhindern können – oder wollen. Er war an sich schon gestorben – damals vor zwanzig Jahren.
    James schüttelte sich und nahm Annes Arm.
    „Einen Vorteil hat die Sache ja doch“, sagte er zufrieden. „Kein Mensch denkt sich etwas dabei, wenn wir nur einen Tag verreist waren. Und dabei waren wir so lange weg. Aber eins weiß ich nun sicher: In etwa fünfundzwanzig Jahren wird Mla Ga Kommandant der Luna-Station – und dann beginnt für die Erde endlich das Zeitalter der Raumfahrt.“
    „In fünfundzwanzig Jahren also beginnt die Zukunft.“
    „Nein, Anne! Der Schritt aus dem Haus gehört schon zu dem Spaziergang. Die Zukunft, Anne? Heute beginnt die Zukunft! Heute! Jetzt!“

Der Mann,
der die Zukunft stahl
     



 
1
  Besucher aus dem Nichts
     
    Nachdenklich schaute Hal Perkins der in den Himmel stürmenden Rakete

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