Der Club der Teufelinnen
mußte sich zwingen, den Blick davon ab- und der Gestalt zuzuwenden, die sich zu ihrer Begrüßung erhoben hatte.
Sie hatte mit ein wenig konventionellem Plaudern gerechnet, mit einem ›Wie geht es so‹, um das Eis zu brechen, aber damit hielt Gil sich nicht weiter auf. »Wie ich verstanden habe, Annie, hast du ein Problem«, begann er, noch bevor sie Platz genommen hatte. Er musterte sie. Sie wünschte, daß sie etwas Formelleres angezogen hätte als ihr schlichtes Calvin-Klein-Kostüm. Er sah sie an, als ob sie nur einen Badeanzug trüge. Sein Lächeln war dünn, seine Augen schmal.
»So ist es, Gil, und ich bin sehr verärgert.« Sie sprach langsam und bedächtig. »Du weißt, daß Aaron und ich einen Treuhandfonds für Sylvie eingerichtet haben. Das war vor ungefähr zwölf Jahren. Dieser Fonds ist für Sylvie von essentieller Bedeutung. Ohne ihn kann sie kein erträgliches Leben führen.«
»Ja, ich erinnere mich.« Er war ganz cool, der Blick seiner bleichen, frostblauen Augen ruhte gleichmütig auf ihr, um dann durch den Raum zu schweifen.
»Es handelt sich um den Fonds, den Aaron mit deiner Mitwirkung vertan hat.«
Teilnahmslos nahm Gil diese Anklage auf. Annie wartete auf eine Reaktion, aber da kam keine. Nicht die geringste. Schweigend saßen sie sich in dem großen Raum gegenüber. Ich werde nicht weitersprechen, sagte sie sich. Ich warte, bis er etwas sagt. Sie war verlegen, obwohl sie es nicht sein sollte, nicht sein wollte. Aber er saß nur da, ohne die geringste Regung, und starrte sie an. Wut stieg in ihr auf, staute sich in ihrer Kehle. Es war schier unfaßbar, wie kalt und gleichgültig er sein konnte. Aber dann erinnerte sie sich an Cynthias Brief. Die Wut trieb sie voran.
»Es war ungesetzlich von dir, Aaron den Zugriff auf das Konto zu gestatten. Es hätte dazu meiner Zustimmung bedurft. Ich habe und hätte sie auch nie gegeben.«
Annies Stimme fing an, schriller zu werden, und Gil hob, Schweigen gebietend, seine Hand. Jetzt hatte er etwas zu sagen. Sein Pech. »Unterbrich mich nicht, Gil, und sag mir auch nicht, daß ich mich beruhigen soll. Ich bin außer mir, und ich werde sagen, was ich zu sagen habe. Ich betrachte dich als den rechtlich Verantwortlichen für den Verlust des Geldes. Es muß wiedererstattet werden. Wenn das nicht geschieht, werde ich Klage erheben.«
Gil warf ihr ein verächtliches Lächeln zu. »Gegen wen, Annie? Gegen Aaron? Aaron ist derjenige gewesen, der sich des Fonds bemächtigt und das Geld verloren hat. Gehe ich nicht recht in der Annahme, daß er ein für sein Handeln verantwortlicher Erwachsener ist?«
Ihr wurde flau. »Dich werde ich verklagen.«
»Nur zu. Ich werde einfach sagen, daß er mich angelogen hat. Daß er mir erzählt hat, er hätte deine Zustimmung, und ich ihm geglaubt habe. Schließlich sind wir ja alte Freunde. Ich habe ihm vertraut. Ich bin nicht der einzige, den er zum Narren gehalten hat. Auch dich hat er hereingelegt.«
Bildete sie sich das nur ein oder sah er sie wirklich hämisch an? Er war verachtenswert. Und wenn er vor Gericht lügen würde, würde man ihm aller Wahrscheinlichkeit nach Glauben schenken. Trotzdem wollte sie es versuchen. Ein letztes Mal. Ihre Hände fest zusammenpressend, in der Hoffnung, daß sie sich dadurch etwas zur Beruhigung bringen könnte, sagte sie: »Gil, was du getan hast, war ungesetzlich. Was, um Gottes willen …« Sie wandte ihr Gesicht zur Seite. Sie konnte nicht weitersprechen, nicht länger in dieses unbewegte, falkengleiche Gesicht blicken. Stuart hatte recht. Sie hatte es hier mit jemand Unmenschlichem zu tun.
»Ich bin einem Klienten bei der Durchführung einer geschäftlichen Transaktion entgegengekommen.« Gil sprach mit übertrieben höflicher Stimme. »Das ist im Geschäftsleben nichts Ungewöhnliches. Aaron ist Geschäftsführer seines eigenen Unternehmens, und er ist weder minderjährig noch für unmündig erklärt worden.«
»Aarons Alter und Mündigkeit stehen hier nicht zur Debatte. Es waren zwei Unterschriften nötig, um von dem Guthaben aus diesem Fonds etwas abzuheben. Hat das denn gar nichts mehr zu sagen? Wofür, zum Teufel, werden denn überhaupt noch derartige Regeln aufgestellt, wenn sie letztlich doch überhaupt nichts bedeuten? Was für eine Art von Unternehmen hast du eigentlich?«
Gil schloß die Augen und seufzte. »Also, was soll ich tun, Mrs. Paradise? Ihnen das Geld geben, das Ihr Mann vertan hat? Soll ich es aus meiner eigenen Tasche zahlen?«
Einen Augenblick
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