Der Club der Teufelinnen
sich ab. Er wußte, daß ihm eine lange Nacht bevorstand. Jon Rosen nahm fast genausoviel Kokain wie Phoebe.
Bill blickte zu seinem Tisch hinüber und sah, daß aller Augen auf Phoebe ruhten, im Geiste das Ausmaß ihres ungehörigen Benehmens abschätzend. Celia Reed hatte soeben mit verkniffenen Lippen etwas zu Julia van Gelder gesagt, worauf diese ihr Abendtäschchen ergriff und sich zur Damentoilette begab. Dabei kam sie an Bill vorbei und knurrte ihm mit zusammengebissenen Zähnen und unbewegten Lippen zu: »Sehen Sie zu, daß Sie Phoebe unter Kontrolle bekommen, oder bringen Sie sie fort von hier. Haben Sie verstanden?« Eine Antwort wartete sie nicht ab.
Bill fing Phoebe ab, als sie wieder zum Tisch zurückkehrte, und packte sie fest am Arm. »Au, Papi will es auf die harte Tour? Ich bin heute passend dafür angezogen«, reagierte sie mit Kleinmädchenstimme.
Alles war recht, um sie hier rauszubringen. »Warum wollen wir nicht gehen, und zu zeigst mir in deinem Studio dein Werk, aus dem du die ganze Zeit so ein Geheimnis machst?«
Sie brauchte keinen weiteren Zuspruch, sondern griff sich mit der einen Hand die von Bill und mit der anderen eine Flasche Champagner.
Phoebe war ausgesprochen aufgeregt. Schon immer hatte sie gesagt, daß Bill der erste sein würde, dem sie ihr fertiggestelltes Werk zeigen wollte, bevor es zur Ausstellung in die Galerie kam. Vor ihrer Tür wies sie ihn an, die Augen zuzumachen. Es sollte eine Überraschung sein.
Als sie die Tür öffnete, war Bills erster Eindruck der von einem schlechten Geruch, geradezu einem Gestank. Mit geschlossenen Augen hörte er, wie die Spotlights im Studio eingeschaltet wurden, dann das Knallen des Champagnerkorkens. Sie drückte ihm ein Glas in die Hand; bei seinem ersten Schluck öffnete er die Augen, sah sich um, und bevor er noch hatte schlucken können, hatte er sich den Champagner über die Hemdbrust geprustet.
Er versuchte, den hellangestrahlten Objekten einen Sinn abzugewinnen, aber gleichzeitig klammerte er sich auch an die Hoffnung, das alles wäre nur ein schlechter Scherz. Aber der Gestank war nur allzu real. Schlimmer als in einem Stall. Mit Mühe unterdrückte er seinen Brechreiz.
»Bill«, gurrte Phoebe, wegen der Drogen und des Alkohols unfähig, seine Reaktion überhaupt wahrzunehmen. »Dies hier ist mein größtes Kunstwerk!« Bills Übelkeit nahm noch zu, als er seinen Blick von einem Objekt zum nächsten schweifen ließ und die Titel las.
In einzelnen Plexiglaskästen lagen lauter Exkrementhäufchen, anscheinend, der Menge nach zu schließen, von jeder dazu befähigten Spezies auf dieser Erde. Mit großer Anstrengung entzifferte er einige der Schildchen: von Shorty Jackson, Todeszelle, Sing-Sing-Gefängnis; eine Frau, die mit dem Papst Ski gefahren war, attestierte die Echtheit eines weiteren Exemplars; Affen- und Hundehäufchen; eine größere Leistung von jemandem aus dem Pentagon; und schließlich als Höhepunkt des Gesamtwerks: Phoebes Eigenprodukt. Berge davon, haufenweise. O Gott! Lieber, lieber Gott.
Bill mußte sich an die Wand lehnen, dicke Schweißtropfen standen auf seiner Stirn. Er schloß die Augen, um dem Anblick zu entgehen, aber mit dem Geruch wollte das nicht gelingen. Phoebe plapperte lustig weiter, ohne Bills Abscheu zu bemerken. »Kunst bedeutet Kreation mit einfachsten Mitteln.« So betrunken Bill auch beim Verlassen des Balls gewesen sein mochte, jetzt war er vollkommen nüchtern, und es kam ihm vor, als ob er zum erstenmal überhaupt das Leben so wahrnahm, wie es wirklich war. Phoebe war nun offensichtlich geistig verwirrt. Sein Liebling, seine Seelengefährtin verlor den Verstand. Das durfte er nicht zulassen. Er brauchte sie. Es bedurfte seiner ganzen Selbstbeherrschung, um sie fürsorglich hinaus zum Wagen zu führen und nach Hause zu bringen.
Beim Eintritt in ihre Wohnung schien Phoebe neue Energie zu durchströmen. Sie lief von Zimmer zu Zimmer und rief nach ihrem Hund. Seit ihrer Kindheit hatte sie keinen Hund mehr gehabt, aber er ließ sie gewähren, in der Hoffnung, daß sie sich schließlich selbst erschöpfen würde. Er brauchte Ruhe, um nachzudenken.
Schließlich saß Phoebe auf seinem Schoß und bat ihn, ihr etwas vorzulesen. Er gab nach und las ihr aus der Geschichte der O vor, während sie, auf seinem Schoß zusammengekuschelt, ihren Kopf an seiner Schulter ruhen ließ, wie ein kleines Mädchen, dem man ein Märchen vorlas.
Gegen sechs Uhr morgens war Phoebe dank des Valiums, das er in
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