Der Consul
verschwand im Empfangssaal. Ich rannte zum Hotel. Der Portier half gerade einem Paar, das soeben mit einem Taxi angekommen war. Ich näherte mich dem Maybach von hinten und drehte an der Verriegelung des Kofferraums, er war nicht abgeschlossen. Ich öffnete den Deckel, kroch hinein und zog den Deckel von innen zu. Als ich im Dunkeln lag, spürte ich das Zittern. Es war nicht Anstrengung, sondern Angst. Du bist verrückt, sagte ich mir. Wenn dich Koletzke erwischt, bist du tot.
Ich hörte, wie sich zwei Türen öffneten und zugeschlagen wurden. Der Motor vibrierte, dann rollte der Wagen los. Hoffentlich treffen sie sich bei Olendorff. Wenn nicht, musste ich den Kofferraum bei nächster Gelegenheit verlassen und mein Glück anderswo suchen.
Mir wurde übel, der Wagen schaukelte, und ich sah nichts. Berg und Koletzke schwiegen. Nach einer Weile hoffte ich bei jedem Bremsen, wir hätten die Villa erreicht. Einmal hörte ich Koletzke auf einen Verkehrspolizisten fluchen. Wieder hielt der Wagen. Eine Tür klapperte, ich hörte das Schloss des Garagentors klacken. Die Tür schlug wieder zu, der Wagen rollte ein Stück, dann stand er. Koletzke stellte den Motor aus. Er sagte: »Kommen Sie bitte!« Beide Türen wurden geöffnet und geschlossen. Dann ein Quietschen und endlich Ruhe.
Ich drückte am Kofferraumdeckel, er bewegte sich nicht. Ich tastete ihn ab, nur Verstrebungen, kein Hebel oder Knopf. Der Kofferraum war von innen nicht zu öffnen. Ich wühlte herum. In einer Einbuchtung schepperte etwas metallisch, als ich es berührte. Es war eine Kiste oder ein flacher Koffer. Ich fand zwei Klemmbügel und drückte sie auf. Jetzt ließ sich der Deckel öffnen. Ich tastete über den Inhalt der Kiste, es war Werkzeug. Ich fand einen starken Schraubendreher und nahm ihn in die Linke. Mit der anderen Hand suchte ich nach dem Spalt zwischen Deckel und Karosse. Als ich ihn gefunden hatte, drückte ich den Schraubendreher mit aller Kraft hinein und dann nach unten. Erst fürchtete ich, das Werkzeug würde brechen, aber dann knallte es, der Deckel sprang auf. Ich stieg heraus und stieß den Deckel hinunter. Doch er schloss nicht mehr.
Die Garage war unbeleuchtet, aber etwas heller als der Kofferraum des Maybach. Ich versuchte mich zurechtzufinden und tastete die Wand ab. Gegenüber dem Garagentor lag die Tür, die zu Garten und Haus führte. Ich drückte die Klinke, öffnete die Tür und spähte hinaus. Das Licht blendete. Ich kniff die Augen zu bis auf einen Spalt und erkannte das Haus und den Weg, der zu ihm führte. Es war niemand zu sehen. Ich schloss die Tür und fand neben dem Türrahmen einen Lichtschalter, den ich drehte. Im Licht einer Glühbirne sah ich mich in der Garage um. Eine Werkbank und ein großer Schrank standen hier. An der Wand hingen Werkzeuge und Kabel. Hier hätten sie Röhm auch umbringen können. Ich untersuchte den Schaden am Kofferraumdeckel. Mit einem Draht zog ich den Deckel an die Karosserie und drückte die Drahtenden durch den Spalt in den Kofferraum. Wenn man nicht genau hinguckte, konnte es eine Weile dauern, bis es auffiel. Es sei denn, jemand wollte den Kofferraum öffnen. Ich konnte nur hoffen, dass keiner auf die Idee kam, solange ich mich auf Olendorffs Anwesen aufhielt.
Der Schrank war groß, doch es standen nur zwei Kanister darin. Ich nahm sie heraus und stellte sie an die Wand. Falls jemand kam, konnte ich mich im Schrank verstecken. Dann entschloss ich mich, ein anderes Versteck zu suchen als diese Mausefalle, trotz Tageslicht. Ich schaltete die Lampe aus und öffnete Zentimeter für Zentimeter die Tür. Ich linste hinaus, aber es war niemand zu sehen. Ich legte mich auf den Bauch und kroch hinaus. Wie im Krieg, dachte ich. Mit dem Fuß drückte ich vorsichtig die Tür zu. Ich kroch hinter zwei Büsche. In meinem Rücken deckte mich eine hohe Hecke zum Nachbarhaus. Durch die Zweige der Büsche spähte ich zu Olendorffs Villa. Wenn sie in dem Zimmer waren, in dem Olendorff mich empfangen hatte, konnten sie mich nicht sehen. Aber da war ja noch der Butler, vielleicht auch ein Koch oder ein Dienstmädchen. Solange die Leute nur den Weg zwischen Hauseingang, Garagentür und Gartentor benutzten, war ich sicher hinter den Büschen. Ich kniete mich hin und wartete. Bald begannen die Knie zu schmerzen, ich stand auf und trippelte leicht auf der Stelle.
Nach gut zwei Stunden erschienen Berg, Koletzke und Olendorff vor der Tür. Olendorff und Berg trugen Aktentaschen, sie unterhielten sich, ich
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