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Der Countdown

Der Countdown

Titel: Der Countdown Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Mofina
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wir nichts wissen.”
    “Emily versuchte mir vor ihrem Tod etwas zu sagen.”
    “Ach ja. Stotter erwähnte, dass es zusammenhanglos gewesen sei.”
    Graham atmete tief durch.
    “Oder etwa nicht, Dan?”
    “Doch. Aber wir haben den Vater noch nicht gefunden, und alles deutet darauf hin, dass er sich mit ihnen im Park aufgehalten hat.”
    “Sie glauben also, der Vater hat es getan?”
    “Ich weiß nicht, was ich glauben soll, Bryce.”
    “Verstehe. Also wenn ich keinen Beweis für das Gegenteil geliefert bekomme, handelt es sich meines Erachtens um einen Unglücksfall in der Wildnis.” Collier nippte an seinem Becher. “Wir brauchen die Zahnunterlagen, um die Identifizierung abzuschließen. Haben Sie die Adressen der nächsten Angehörigen, damit wir dort anrufen können?”
    Graham sah in seinen Notizen nach. Auf dem Registrierungsformular des Parks hatten die Tarvers bei der Frage, wer im Notfall zu benachrichtigen sei, einen Jackson Tarver in Beltsville, Maryland, eingetragen.
    “Ray Tarvers Vater. Ich werde ihn vom Büro aus anrufen.”
    Graham verließ den Parkplatz in seinem Dienstwagen und fuhr Richtung Osten auf den Memorial Drive, der den Bow River jenseits von Calgarys glitzernden Bürogebäuden umarmte. Hinter dem Zoo von Calgary bog er in den Deerfoot Trail Expressway ab, der in Richtung des Bezirkspräsidiums der RCMP in Southern Alberta führte.
    Sein Ziel war das Stephen-A.-Duncan-Gebäude in der Nähe des Flughafens.
    In der Abteilung für Gewaltverbrechen traf er weder Corporal Shane Wilcox, der die Ermittlungen koordinierte, noch seinen neuen Partner an. Auch gut. Graham war zwar ein Teamplayer, aber er kam auch allein gut zurecht. Er kochte sich einen frischen Kaffee und ging dann in den Waschraum, wo er sich im Spiegel betrachtete.
    Was zur Hölle passiert hier gerade?
    Was für einen Sinn hatte es, weiterzumachen? Ohne Nora hatte sein Leben keine Bedeutung mehr. Vielleicht war er aus diesem Grund das Risiko eingegangen und hatte das Mädchen retten wollen. Doch wen wollte er wirklich retten? Was war mit ihm im Wasser geschehen? Er schwor bei Gott, dass er Nora hatte sagen hören, er solle nicht aufgeben.
    Und das Mädchen?
    Ihre letzten Worte verfolgten ihn.
    Alle glaubten an einen tragischen Unfall, doch er blieb unsicher.
    Vielleicht verlor er den Verstand.
    Er spritzte sich Wasser ins Gesicht und ging dann zu seinem Arbeitsplatz. Er war aufgeräumt und, anders als die Schreibtische der anderen Mounties, völlig frei von irgendwelchen Fotos der Familie. Keine Andenken oder Erinnerungen, die auf seine Persönlichkeit schließen ließen. Nur ein Telefon, ein Glas mit Stiften, ein Stapel gelber Notizzettel und die Tarver-Akte.
    Das war alles, was ihm auf der Welt geblieben war.
    Er schlug die Akte auf und bereitete sich innerlich auf den Anruf bei Tarvers nächstem Angehörigen vor. Der Bote schlechter Nachrichten zu sein, die eine ganze Welt zerstören konnten, gehörte ebenfalls zu seinem Job.
    Es war der schlimmste Teil.
    Als Verkehrspolizist war Graham geschlagen und geohrfeigt worden; Menschen waren in seinen Armen zusammengebrochen, wenn er mit der Mütze in der Hand vor ihrer Tür stand, um ihnen das zu sagen, was niemand je zu hören bekommen sollte.
    Niemals.
    Manchmal sahen sie schon den Polizeiwagen vorm Haus halten und beobachteten durch das Wohnzimmerfenster, wenn er ausstieg und sich der Haustür näherte. Sie weigerten sich ihm die Türe zu öffnen.
Weil sie es bereits ahnten
. Sie wussten, dass ihre Welt nur heil bleiben würde, solange sie nicht hörten, was er ihnen zu sagen hatte. Wenn sie ihm nicht zuhörten, dann war ihre Tochter, ihr Sohn, ihre Schwester, ihr Bruder, ihre Mutter, ihr Vater, ihr Ehemann oder ihre Ehefrau auch noch weiterhin am Leben.
    Niemand wusste, wie sehr er den Tag fürchtete, an dem das Schicksal ihn treffen würde.
    Und dann geschah es.
    “
Wir konnten die Blutung nicht stoppen. Wir haben getan, was wir konnten. Es tut mir so leid.”
    Nach fünfmaligem Klingeln meldete sich in Maryland eine Frau.
    “Ich möchte Mr. Jackson Tarver sprechen.”
    “Einen Moment bitte, er ist im Garten.” Schritte auf einem gefliesten Boden und das Quietschen einer Hintertür. “Jack! Telefon! Ich glaube, es ist wieder dieser Verkäufer!” Der Mann grummelte irgendwas, während er zum Telefon kam. Graham verstärkte den Griff um den Hörer. Er war dankbar, allein im Büro zu sein.
    “Hallo.”
    “Mr. Tarver? Mr. Jackson Tarver?”
    “Ja?”
    “Sir, hier

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