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Der Coup von Marseille

Der Coup von Marseille

Titel: Der Coup von Marseille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mayle
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allen Schandtaten bereit.«
    Sam warf einen letzten Blick zum Haus zurück, als sie zum Auto gingen. Philippe und Mimi, die hell erleuchtet in der geöffneten Eingangstür standen, winkten ihnen zum Abschied zu, und Philippe hob die Faust ans Ohr, Daumen und kleinen Finger ausgestreckt. »Ruf an, sobald ihr sie habt.«
    Während der kurzen Fahrt zum Vieux Port kehrte die Spannung zurück. Sam nahm die Spritzen aus seiner Arzttasche und drückte Daphne drei in die Hand. »Die wirken sehr schnell, und Sie müssen nicht lange nach einer Vene suchen. Hals, Arm, Handgelenk tun’s auch, wo immer sie ein Fleckchen nackte Haut finden.« Daphne nickte und sortierte die Spritzen sorgfältig in ihre leere Jackentasche ein. »Ich darf sie ja nicht mit den Thermometern verwechseln!«, erklärte sie.
    In den Cafés gegenüber vom Alten Hafen herrschte immer noch Hochbetrieb; die Gäste saßen nach dem Abendessen noch draußen und genossen die laue Abendluft. Der Kai auf der anderen Straßenseite war beinahe menschenleer und still genug, um das Knarzen der Takelage zu hören, als die vertäuten Boote in der Dünung sanft auf und ab schaukelten. Die Figatellis bildeten die Vorhut und hatten das Schnellboot fast erreicht, als Sam ein Auto bemerkte, das einsam am Ende des Hafenbeckens parkte. Plötzlich flammten die Scheinwerfer auf, dann ein weiteres Mal. Die anderen blieben wie ange wurzelt stehen und sahen zu, sie sich Sam dem Fahrzeug näherte.
    Das Fenster des Fonds glitt nach unten, und Sam konnte das vertraute Gesicht von Francis Reboul erkennen. »Ich warte hier, bis Sie zurückkommen«, sagte er. Er streckte den Arm durchs Fenster und ergriff Sams Hand. »Viel Glück, mein Freund. Viel Glück.«

18. Kapitel
    N icht so schnell, Jo. Wir möchten trocken ankommen.« Sam wischte die Gischt aus seinem Gesicht und sah auf die Uhr. Dann blickte er zu Daphne hinüber. Er betrachtete ihr Profil; mit ihrem in den Nacken gelegten Kopf und ihrem Respekt einflößenden Busen erinnerte sie ihn an die Galionsfigur eines Klippers. Sie wandte sich ihm zu und lächelte. »Was für ein aufregendes Abenteuer«, sagte sie, dann wurde ihre Miene ernst. »Ich habe nachgedacht, mein Lieber. Angenommen, jemand will wissen, wie diese Krankheit heißt, nach der wir Ausschau halten. Was sagen wir dann?«
    »Gott sei Dank, dass Sie mich daran erinnern! Tut mir leid, ich hätte es Ihnen schon früher sagen sollen. Der Fachbegriff lautet Tropische Spastische Paraparese, kurz TSP. Ich bin vor ein paar Jahren darauf gestoßen, als ich in Afrika war. Wir haben sie Kongogrippe genannt, und sie ist wirklich ekelhaft: Benommenheit, Fieber, konvulsische Zuckungen, Erbrechen, und Tod.«
    »Hervorragend«, erwiderte Daphne.
    »Seltsamerweise wird sie durch den Atem übertragen. Wenn die feinen Tröpfchen im Atem eines Infizierten mit einem Kleidungsstück, einem Taschentuch oder einem Kis sen in Berührung kommen, beispielsweise durch Husten oder Niesen, besteht noch mehrere Stunden Infektionsgefahr. Im Frühstadium ist der Erreger unsichtbar. Dass man sich angesteckt hat, merkt man erst, wenn die ersten Symptome auftauchen.«
    »Gibt es ein Heilmittel?«
    »Komplette induzierte Blasen- und Darmentleerung, doch das funktioniert nur, wenn der Erreger innerhalb von achtundvierzig Stunden entdeckt wird.«
    Daphne nickte. »Das dürfte ihnen zu denken geben, falls jemand fragen sollte. Oh, schauen Sie mal! Wie hübsch .«
    Sie hatten gerade die Spitze der Insel Ratonneau umrundet und waren in die Baie du Grand Soufre zurückgekehrt. Und dort, am Ende der Bucht, lag die Floating Pound vor Anker, taghell erleuchtet, das schwimmende Symbol eines kapitalistischen Traumes, der in Erfüllung gegangen war. Die Figatellis geizten nicht mit Anerkennung. »Siehst du den Hubschrauber, der auf dem Achterdeck parkt?«, raunte Jo seinem Bruder zu. »Eine Ausrüstung vom Feinsten. Très sérieux .«
    Sam beugte sich vor. »Also, Jo. Sobald wir an Bord sind, möchte ich, dass Sie mit dem Boot irgendwo ankern, wo sie den Hubschrauber im Auge behalten können. Sollte jemand auf die Idee kommen zu türmen, wird er versuchen, ihn für die Flucht zu benutzen.« Jo nickte und drosselte den Motor, bis das Boot langsam auf die Jacht zuglitt. Sie erspähten ein Mitglied der Besatzung, die Silhouette zeichnete sich dunkel gegen das gleißende Licht ab, das aus der Eignerkabine drang und das Deck überflutete. Der Mann nahm einen letzten Zug aus seiner Zigarette, bevor er die Kippe über die

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