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Der Datendieb - Wie Heinrich Kieber den größten Steuerskandal aller Zeiten auslöste (German Edition)

Der Datendieb - Wie Heinrich Kieber den größten Steuerskandal aller Zeiten auslöste (German Edition)

Titel: Der Datendieb - Wie Heinrich Kieber den größten Steuerskandal aller Zeiten auslöste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigvard Wohlwend
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Henry ist komplett
ausgetickt. So hatte ich ihn noch nie erlebt. Ich hatte wirklich Angst vor ihm.
Nach fünf Minuten war der Spuk vorbei, und er entschuldigte sich für seinen
Wutanfall. Er habe wohl überreagiert.«
    Zurück ins
Jahr 2004. Kieber muss nun einen weiteren Teil der Abmachung erfüllen: die
Wohnung am Buchenweg räumen und aus Liechtenstein verschwinden. »Das war, wie
Henry sagte, eine der Bedingungen der Bank«, so Klaus Niederer. Nicht Teil der
Abmachung war hingegen, dass er das Mobiliar aus der Wohnung der LGT mitgehen
ließ und verhökerte. Kieber habe gefeixt, so Niederer, »dass er den Fernseher
aus der Wohnung der Mutter seines ehemaligen Chefs bei der LGT verkauft habe«.
    Dass Kieber
mit seinem vorlauten Mundwerk eine ständige Gefahr darstellt, ist allen in der
Task-Force klar. Je weiter weg von Liechtenstein Kieber ist, umso eher haben
Fürst und LGT die Gewissheit, dass er nicht damit angibt, geheime
LGT-Kundendaten in Berlin und Amsterdam spazieren geführt und damit erfolgreich
den Fürsten erpresst zu haben. Von daher ist es dem Staatsoberhaupt mehr als
recht, dass Kieber nach Australien auswandern möchte, wie er später Radio
Liechtenstein gegenüber sagt: »Wir waren ursprünglich davon ausgegangen, dass er
psychisch geschädigt war, vielleicht aufgrund seiner Jugenderinnerungen, und
dass es so gelöst werden kann. Er wollte weg, raus vom Land. Und da haben wir
gedacht, hat sich die Sache erledigt.« [165]
    Doch noch
sitzt Kieber in Liechtenstein fest, der Haftbefehl aus Spanien ist immer noch
in Kraft. Die Zeit, bis er endlich nach Australien auswandern kann, überbrückt
Kieber in einem kleinen Dorf in der Schweiz. Er zieht bei seiner zwei Jahre
älteren Schwester ein, die ein Einfamilienhaus in unmittelbarer Nähe von
Solothurn bewohnt. »Das muss im Herbst vor seinem 40. Geburtstag gewesen
sein, als er zu seiner Schwester zog, also im Herbst 2004«, erinnert sich Klaus
Niederer. Kieber wolle, so erzählte er es Michael Konzett, »seiner Schwester
bei Umbauarbeiten im Haus helfen. Sie habe eine neue Küche gebraucht, und es
hätten zwei, drei größere Reparaturen angestanden. Da würde er mitarbeiten und
vor allem die Verhandlungen mit den Handwerkern übernehmen, die Preise drücken.
Danach gehe er vielleicht als Erstes nach Südafrika, ganz sicher aber nach
Australien. Dort wolle er sich ein schönes Örtchen suchen, um sich seinen Wusch
zu erfüllen, ein Backpacker-Hotel zu eröffnen und in Australien wieder Fuß zu
fassen.«
    Die
Öffentlichkeit erfährt nicht, was hinter den Kulissen abläuft – weder in
Liechtenstein noch anderswo. Liechtenstein scheint die heftigen Turbulenzen, in
denen sich das Land vor nicht allzu langer Zeit wegen der BND- Spiegel -Affäre
befand, hinter sich gelassen zu haben. Die Wirtschaft Liechtensteins brummt im
Jahr 2005, es herrscht weiter Vollbeschäftigung. Die Hälfte aller 30 200
Beschäftigten in Liechtensteins Industrie, Gewerbe und Finanzunternehmen kommen
von auswärts und pendeln täglich nach Liechtenstein. Das produzierende Gewerbe
und die Industrie exportieren 2005 Waren im Wert von 3,2 Milliarden Franken.
Nicht erfasst sind dabei Exporte in die Schweiz, zu deren Zollgebiet
Liechtenstein gehört. Allein nach Deutschland – dem wichtigsten Exportmarkt des
Fürstentums – werden Waren im Wert von über 680
Millionen Franken ausgeführt. [166]
    Die
liechtensteinischen Banken feiern ein neues Rekordergebnis: Die Bilanzsumme aller
Banken klettert im Geschäftsjahr 2005 auf 38 Milliarden, der Reingewinn auf 743
Millionen Franken und übertrifft damit das »bisherige Rekordergebnis von 549,1
Millionen Schweizer Franken aus dem Jahr 2000 deutlich«. [167]
    Auch der
Finanzminister ist zufrieden: Der öffentliche Haushalt des kleinen Fürstentums
mit seinen mittlerweile 35 000 Einwohnern schließt mit einem satten Plus
von 39 Millionen Schweizer Franken ab. [168] Die finanzielle Lage der elf liechtensteinischen Gemeinden ist ebenfalls
ausgezeichnet. Deren Säckel sind gut gefüllt, und die Gemeinden investieren
nach Herzenslust. Etwa die 1 900-Seelen-Gemeinde Ruggell, ganz im Norden
des Landes, die sich für 10 Millionen Franken ein »Haus für Musik und Gesang«
gönnt, nachdem sie sich eben erst eine Sportanlage mit vier beleuchteten
Fußballfeldern – davon ein Kunstrasenplatz – samt Skater-,
Beachvolleyball- und Spielplatz für knapp acht Millionen geleistet hat. Oder in
der rund dreimal größeren Gemeinde Schaan: Hier

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