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Der Delta-Stern

Der Delta-Stern

Titel: Der Delta-Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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hatte keinen solchen Brustkasten wie Albert Grubb.
    Auf dem Fußboden neben dem Bett lag ein Satz Hanteln. Wilbur Richfield sagte zu Sunney Kee: »Ich hält ja nie geglaubt, daß es so schwere Hanteln gibt.«
    Sunney Kee kriegte ebenfalls ein äußerst dummes Gefühl. Er sah zu seinem Partner hoch und lächelte, allerdings wenig überzeugend.
    »Na, nun wecken Sie den faulen Knaben endlich!« quakte Aggie Grubb aus ihrem Rollstuhl in der Küche.
    Und Wilbur Richfield biß tapfer in den sauren Apfel und sagte: »Albert, aufwachen!«
    Der schlafende Riese veränderte ein bißchen die Lage und legte einen anderen Gang ein, allerdings ohne das Schnarchen einzustellen. Wie eine Motorsäge. Sein Kopf war zweimal so groß wie der von Ludwig.
    »Aufwachen!« sagte Wilbur Richfield, und diesmal tippte er mit seinem Schlagstock leicht gegen Alberts Fuß, Schuhgröße 48. Genau wie Ludwig schätzte Albert es überhaupt nicht, wenn ihn jemand während des Schlafes mit unbekannten Objekten berührte.
    Er hob den Kopf. Es war ein kahler Kopf, blank rasiert, eine gewaltige Kanonenkugel – eine Kugel für eine schwere Haubitze vom Kaliber Dicke Berta. Er hatte ein Gesicht wie ein riesiger Pfannkuchen aus Hafergrütze. Seine unförmige Nase war mit Mittessern übersät. Er sagte: »Was is das denn für 'n Arsch?«
    Manchmal machen Cops, wenn sie glauben, wieder mal ihrem Image oder dem, was sie sich darunter vorstellen, gerecht werden zu müssen, aus reinem Machismo die verrücktesten Sachen. Die verrückte Sache, die Wilbur Richfield machte, war die, daß er seine Instinkte mißachtete, die in seinem Gehirn sofort ein gellendes Pfeif- und Sirenenkonzert in Gang gesetzt hatten, und nicht sofort sein tragbares Sprechfunkgerät benutzte, um ein Team zur Unterstützung anzufordern. Und sich nicht sagte, daß zwei Teams zur Unterstützung sogar noch viel besser gewesen wären.
    Sunney Kee, der bloß halb so groß wie Wilbur Richfield und dazu noch ein Anfänger war und deshalb eigentlich gar keine Neigung zu gefährlichen Macho-Allüren hatte, lächelte Albert Grubb liebenswürdig zu und sagte zu seinem Partner: »Wart mal ne Sekunde.« Dann ging er in die Küche, nahm sein Funkgerät raus und forderte Unterstützung an. Code zwei, was Beeilung bedeutete.
    Anschließend kehrte er schnell wieder ins Schlafzimmer zu rück, wo Wilbur Richfield den Koloß auf dem Bett nicht aus den Augen ließ. Albert Grubb war so groß wie der Schreckliche Tscheche. Aber effektiv noch stämmiger. Er lag auf seinem Bett, schaute zu Wilbur Richfield und Sunney Kee rüber und war sehr, sehr schlecht gelaunt.
    Es gab vieles, was die Cops über Albert Grubb nicht wußten, was sie aber sehr schnell erfahren sollten. Eine Sache war die, daß sich Albert Grubb seine Muskelpakete ganz sicher nicht in Jane Fondas Fitneß-Salon antrainiert hatte. Er hatte sich die Muskeln an einem Ort zugelegt, der ziemlich weit davon entfernt war. In einem Gefängnis in Nordkalifornien, wo er die letzten elf Jahre seines Lebens verbracht hatte. Wo er den ganzen Tag nichts anderes zu tun gehabt hatte, als Hanteln zu stemmen und sich von Mitgliedern der Arischen Bruderschaft, für die er als gedungener Killer tätig war, Eis und Süßigkeiten und Zigaretten schenken zu lassen. Albert Grubb hatte Nigger und Schlitzaugen schon immer gehaßt, lange bevor er in den Knast gekommen und der Arischen Bruderschaft beigetreten war. Albert Grubb haßte Nigger und Schlitzaugen auch dann, wenn sie keine blauen Uniformen trugen und ihn morgens nicht aufweckten. Und natürlich haßte er alle, die in einer blauen Uniform steckten, auch dann, wenn sie weder Nigger noch Schlitzaugen waren.
    Da gab's noch was über Albert Grubb, das Wilbur Richfield und Sunney Kee nicht wußten: er war sozusagen ein reines Gewohnheitstier.
    Albert Grubb war vor gut drei Monaten aus dem Knast gekommen, aber er hatte eine Spur hinterlassen wie Hansel und Gretel im Wald. Und noch immer hatten sie seine Haftverschonung auf Bewährung nicht aufgehoben. Nach seiner Entlassung aus der Strafanstalt hatte er es versäumt, sich bei seinem Bewährungshelfer zu melden. Als nächstes hatte er »vergessen«, zu dem vorgeschriebenen Gespräch über eine Arbeitsplatzvermittlung zu erscheinen. Als nächstes war er dadurch aufgefallen, daß man ihn als »völlig ungeeignet« für die Erteilung einer Fahrerlaubnis einstufte, weil er geradezu unnachahmlich durch die Prüfung gerasselt war. Dann war er wieder nicht bei der

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