Der demokratische Terrorist
geführt, daß sich die Polizei von neuem zurückzog. Die Hausbesetzer hatten ein paar Nächte lang Wachen aufgestellt, die sich neben Haufen von Pflastersteinen postierten. Sie hatten ein paar Passanten verprügelt, die man beschuldigt hatte, verkleidete Bullen zu sein.
Trotzdem war aber nicht mehr geschehen, und jetzt lief alles in eingefahrenen Bahnen. Seit mehreren Monaten blieb es still; der Verfall der Häuser ging konsequent weiter.
Fünfzehn Meter neben dem Eingang zu Schmaals Hotel liegt eine Kneipe, die Onkel Max heißt. Sie war Carls nächste Station bei seinem Abtauchen in den Untergrund.
Der Eingang lag genau an der Ecke des Häuserblocks. Das Haus nebenan hatte man abgerissen, so daß in der Häusermitte eine Lücke entstanden war. Die leere Hauswand war mit mehr oder weniger schwer entzifferbaren Parolen vollgekritzelt. Der Spruch, der am leichtesten zu lesen war, hatte auch den klarsten Inhalt: KRIMINELLE ALLER LÄNDER VEREINIGT EUCH!
Eine leere und im Regen glitzernde Steintreppe führte zur anderen Ecke des Hauses hinunter, wo die nächste Kneipe lag, alles genau nach dem Kartenbild, das sich Carl eingeprägt hatte.
Draußen war kein Mensch zu sehen. Er entschloß sich, nicht zu zögern, was sich auf der anderen Seite der Tür auch zeigen mochte, und dann betrat er die Kneipe Onkel Max, um sich, wenn möglich, mit den Kriminellen aller Länder zu vereinigen.
Als erstes fiel ihm der Fußboden auf. Er war schwarz, obwohl er vermutlich aus braunen Brettern bestand. Die Schmutzschicht war wie ein dünner Asphaltfilm über die Dielen gezogen. Carl entdeckte sechs braune Nischen mit braunen Holzbänken und braunen, vollgekritzelten Tischplatten. Die Wände waren braun, sogar die kreischende Jukebox war braun. Hinter dem Tresen stand eine Frau mittleren Alters mit lila Hosen, die unter Alkohol oder Drogen zu stehen schien. Sie schob Carl eine kurze, gedrungene und natürlich braune Bierflasche hin, bevor er überhaupt etwas hatte bestellen können. Möglicherweise gab es hier nichts anderes.
Er zog die Bierflasche zu sich herüber und bezahlte mit einem Zehnmarkschein. Er tat zunächst, als verstünde er nichts, als ihn die Frau in den lila Hosen um zwei Mark bat. Als er sein Wechselgeld erhielt, dachte er, daß es in Schweden sehr viel teurer geworden wäre, und dann setzte er sich in eine der freien Nischen und goß das Bier in das möglicherweise abgewaschene Glas, das er mit dem Wechselgeld als zusätzlichen Service erhalten hatte.
Er blickte sich suchend um, um irgendwo eine andere Farbe als Braun zu finden, und entdeckte, daß man die Gardinen für rot halten konnte, obwohl sie vermutlich noch nie gereinigt worden und daher dabei waren, die gleiche braune Farbe anzunehmen wie alles andere im Raum. Hinterm Tresen standen ein paar rote Bierkästen aus Kunststoff, und an der Wand hing eine Coca-Cola-Uhr mit roten Buchstaben. Sämtliche anderen Einrichtungsgegenstände waren braun.
Außer Carl hielten sich sechs oder sieben Männer und drei Frauen im Lokal auf. Alle waren jünger als dreißig, alle Männer außer einem trugen schwarzes Leder, und die Frauen schienen unter Drogen oder Alkoholeinfluß zu stehen, waren aber keine Prostituierten. Die Männer hatten lange Haare. Alle bis auf zwei wiesen deutliche Spuren von Schlägereien auf; die Verletzungen waren nicht versorgt worden und hatten sich entzündet. Es sah so aus, als hätten die Männer sie voneinander und nicht von der Polizei erhalten. Zwischen den Tischen strichen zwei magere, ängstliche Hunde herum; ein Schäferhundwelpe und ein zweiter von etwas unbestimmbarer Rasse. Es schien, als hielten sich die Drogenabhängigen hier auch Hunde, genauso wie in Schweden.
Carl beschloß, nicht lange sitzen zu bleiben. Alle anderen im Raum ignorierten ihn auf eine Weise, die ihm nicht sehr natürlich vorkam. Er hatte nicht vor, sich jemandem aufzudrängen oder sich irgendwie beliebt zu machen. Er wollte sich einen Ruf verschaffen, der diese Arbeit für ihn erledigen sollte.
Er trank das Bier nicht aus. Dies war das erste deutsche Bier, das ihm nicht sonderlich geschmeckt hatte. Mit einem Nicken zu der Dame in den lila Hosen verließ er das Lokal. Er hatte sich gezeigt, und das war seine Absicht gewesen. Er ging hinaus und betrat an der anderen Ecke des Hauses die Kneipe Ahoi. Das Milieu war in etwa das gleiche, aber hier stand statt der Jukebox ein Flipper, was entschieden besser war; von jetzt an würde er ein begeisterter Flipperspieler
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