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Der Dieb der Finsternis

Der Dieb der Finsternis

Titel: Der Dieb der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
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niemals betreten.
***
    Der Boeing Business Jet erhob sich mit dröhnenden Motoren über Istanbul und machte sich auf den Weg, den asiatischen Kontinent zu überqueren. Michael und Busch hatten in aller Eile zusammengepackt, ihre Ausrüstung und ihre Waffen sortiert und sie in die drei großen Reisetaschen gepackt, die sie dann in dem Lagerraum im Bauch des Jets versteckt hatten.
    »Hast du irgendeine Vorstellung, wohin wir fliegen, und worauf wir uns einlassen?«, fragte Busch.
    »Was den ersten Teil der Frage angeht, nein, aber ich weiß, worauf wir uns einlassen.«
    »Man klettert im August nicht im Himalaja herum, es sei denn, man hat Todessehnsucht«, sagte Busch, weil Michael ihn wütend anblitzte. »Ich sag ja nur …«
    »Wir klettern ja nicht auf den Gipfel. Für unseren Weg brauchen wir nicht einmal künstlichen Sauerstoff oder nennenswerte Vorräte.«
    »Du hast doch gerade gesagt, du wüsstest nicht, wohin wir gehen.«
    »Nicht genau. Wir werden der Karte folgen. Was aber noch wichtiger ist: Wir werden ihnen folgen.« Michael zeigte auf das Navigationsgerät, das Busch in der Hand hielt. »Ich habe Iblis die Drecksarbeit abgenommen, jetzt kann er sich revanchieren und mir den Weg zeigen.«
    Busch schaute auf den Bildschirm des Navigationsgeräts. Die beiden roten Punkte waren miteinander verschmolzen und sahen jetzt aus wie einer. Die Transportrolle, in der die Karte steckte, und die Transportrolle mit dem Imitations-Caduceus bewegten sich wieder, verließen die indische Stadt Darjeeling in Richtung Norden.

42.
    D ie vier gewaltigen Rotoren durchschnitten die Luft und erzeugten einen orkanartigen Wind, der wie ein gewaltiges Laubgebläse das Rollfeld von sämtlichen Blättern und Zweigen befreite. Langsam hob der HAL DHRUV Mehrzweckhubschrauber ab.
    Die siebzehn Passagiere saßen stumm da, als der hellbraune Helikopter aus dem indischen Bangalore in den Spätvormittagshimmel stieg. Dicht an dicht kauerten sie nebeneinander wie Soldaten, die zu einem Einsatz geflogen wurden, auf zwei langen Lederbänken, die vor den Metallwänden des spartanisch ausgestatteten Hubschraubers installiert waren. Außer Venue, Iblis, KC und Cindy waren elf furchteinflößende Wachhunde an Bord, Iblis’ Männer. Sie hatten verschiedene Nationalitäten, eine Mischung aus militärischer und krimineller Berufserfahrung, und stammten aus den unterschiedlichsten Ecken der Welt. Das Einzige, was sie einte, war die Tatsache, dass sie alle Englisch sprachen. Sie waren nicht nur hart und erprobt in der Kunst des Mordens, überdies besaßen sie eine Qualität, die man sich nicht aneignen konnte: Jeder Einzelne war Iblis gegenüber hundertprozentig loyal, betrachtete ihn entweder als seinen »Führer« oder als Freund, zumindest als gut zahlenden Arbeitgeber. Im Laufe der Jahre hatten sie alle auf die eine oder andere Weise für Iblis gearbeitet und waren jederzeit einsatzbereit, ob es nun galt, in irgendein Museum oder Privathaus einzubrechen, Fluchtwagen zu chauffieren oder von einem Augenblick zum anderen irgendwelche Schwestern zu entführen. Bekleidet waren sie mit dicken Wollhosen und dunklen Pullovern. Jeder trug ein Seitengewehr, war über einen Ohrhörer mit dem Funkgerät verkabelt und mied jeden Blickkontakt mit den übrigen Passagieren.
    Die beiden dunkelhäutigen Bergführer saßen zwischen den Wachhunden auf der Lederbank mit dem harten Rückenteil und wirkten wie Zwerge neben den wuchtigen Männern, die sie um Haupteslänge überragten. Beide kamen sie aus einem kleinen Dorf nördlich von Darjeeling, und beide waren indisch-nepalesisch-tibetanischer Herkunft, wie es für das Volk hier typisch war.
    Sie waren beide an Bord, obwohl ihre Ehefrauen und Kinder dagegen protestiert hatten. Ihre Bergführer-Kollegen hatten sie angefleht, vernünftig zu sein und sich dieser wahnwitzigen Reisegruppe nicht anzuschließen, die ihrer Hilfe bedurfte, um in einer der gefährlichsten Jahreszeiten den Kangchendzönga zu erklimmen.
    Doch Sonam Jigme fürchtete sich nicht. Der Reiz der finanziellen Vergütung und die Tatsache, dass er für diesen kurzen Ausflug einen Lohn kassierte, den er sonst innerhalb von drei Jahren nicht verdienen konnte, hatte all seine Furcht vertrieben. Er war jung und stark, und sein Körper war kräftiger, als es bei den meisten anderen in seinem Dorf der Fall war. Wenn jemand das Unmögliche überleben konnte, dann er. Und dann würde seine Frau das Haus bekommen, das sie immer gewollt hatte, und seine drei

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