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Der Dieb der Finsternis

Der Dieb der Finsternis

Titel: Der Dieb der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
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Fackeln an den Wänden und warfen wogende Schatten, die sich über den Fußboden wanden. Busch fühlte sich, als blicke er durch einen mittelalterlichen Tunnel in die Vergangenheit, nur wusste er, dass dieser Ort, dieser unmögliche Tempel, noch sehr viel älter war als die Zeit.
    Busch schaute hinter sich. Niemand zu sehen. Er hob das mit Schalldämpfer ausgerüstete Scharfschützengewehr vom Rücken, nahm es in beide Hände und klappte unter der Vorderseite des Laufs das V-förmige Zweibein auf. Lautlos ging er auf die Knie und ließ sich dann flach auf den Bauch gleiten. Er spähte durch das Zielfernrohr auf die beiden Gesichter, die vom flackernden Licht der Fackeln erhellt wurden. Er konnte sehen, wie die Lippen der Männer sich bewegten, als sie sich angeregt über irgendeine Geschichte unterhielten und sich überhaupt nicht für den oder die Menschen interessierten, die sie bewachten. Beide waren von Kopf bis Fuß in kleidsames Schwarz gehüllt, trugen geholsterte Pistolen an den Hüften und beeindruckende MP7 von Heckler & Koch vor der Brust.
    Busch erkannte den dürren Mann mit dem knochigen Gesicht und den schwarzen Haaren wieder. Der Kerl war ihm zum Flughafen gefolgt und hatte dabei zugesehen, als Michael Istanbul angeblich verlassen hatte. Diese Männer hatten einwandfrei nichts mit dem Tempel zu tun. Sie waren Iblis’ Leute und hatten ihr Schicksal folglich verdient.
    Busch richtete das Fadenkreuz aus, ließ das Gewehr zwischen den beiden Männern hin und her gleiten und streckte seinen Hals und den Finger am Abzug ein letztes Mal kraftvoll durch. Dann holte er Luft, tief und bewusst, atmete langsam aus und drückte zweimal ab, schnell hintereinander.
    Der Widerhall der schallgedämpften Schüsse war noch nicht verklungen, als Busch schon wieder auf den Füßen stand. Er rannte zur Tür und stieg über die beiden reglosen Wachhunde hinweg, fand aber nicht, was er erwartet hatte. Der Raum war voller Geistlicher verschiedener Religionen, die alle schweigend dasaßen und sich überhaupt nicht für die beiden Toten vor ihrer Tür interessierten.
    Der Anblick verwunderte Busch, denn er hatte erwartet, Michael in dem Raum anzutreffen, zumindest Cindy. Und wenn schon Mönche, erwartete er zumindest kahlköpfige Orientalen in safrangelben Gewändern und kein wirres Gemisch aus Nationalitäten und Glaubensrichtungen.
    Sein Blick fiel auf zwei Sherpas, deren traditionelle Kletterausrüstung sich stark von den Gewändern der anderen Männer unterschied. Busch zog sein Messer und wandte sich dem älteren der beiden Sherpas zu, in dessen weisen Augen sich nicht die geringste Furcht spiegelte.
    »Englisch?«, fragte Busch den Mann und schnitt ihm die Fesseln von den Händen.
    »Ja.« Kunchen nickte und rieb sich die Handgelenke. Busch reichte ihm das Messer und zeigte auf die anderen. »Wenn du sie losgeschnitten hast, bleibt bitte alle hier drin, bis ich zurückkomme.«
    »Wir helfen können?«, fragte der jüngere Sherpa, als Kunchen ihn losschnitt.
    »Ja, das könnt ihr.« Busch schnappte sich die Beine des einen Wachhunds und zog den Leichnam in den Raum hinein. Dann nahm er dem Mann das Gewehr ab und reichte es dem jungen Sherpa.
    »Ich heißen Sonam«, sagte der junge Mann.
    »Sonam.« Busch lächelte. »Sieh zu, dass alle schön hier drin bleiben.«
    »Wo Sie hingehen?«, fragte Sonam.
    »Ich habe ein Rendezvous mit dem Teufel.«

58.
    K C fand Cindy in einem kleinen, kalten Vorraum, der vom Hauptkorridor abging. Sie lag auf dem Fußboden. Ihre Hand war mit einem blutdurchtränkten Lappen umwickelt. Mit glasigen Augen starrte sie an die Wand. Ihr Körper befand sich im Schockzustand und zitterte.
    »Cindy«, flüsterte KC, hockte sich neben sie und strich ihr mit der Hand über die Stirn und durch das kastanienbraune Haar, als wäre sie ein kleines Mädchen.
    Langsam wandte Cindy ihr den Kopf zu. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie begriff, dass sie ihre Schwester vor sich hatte.
    Cindy umklammerte KCs Hand noch fester. »Er ist mein Vater. Wie konnte er da …?«
    KC wusste nicht, was sie sagen sollte. Wie sollte sie auf die Enttäuschung reagieren, die in der Stimme ihrer Schwester mitschwang?
    »Es tut mir leid«, flüsterte Cindy.
    »Nein, mir tut es leid«, erwiderte KC leise.
    Plötzlich schossen Cindy Tränen in die Augen. »Er hat mich hier zurückgelassen, KC. Damit ich hier sterbe. Unser eigener Vater.«
    »Ich schaffe dich hier raus.«
    »Nein.« Cindy schüttelte den Kopf. »Du musst Michael

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