Der Distelfink
Shampoo und eine Flasche mit grünem Parfüm, die Xandra auf einer Werbeveranstaltung im Wynn Hotel gewonnen hatte. Betrunken erinnerte ich mich an etwas, das meine Mutter gesagt hatte: Parfüm wirke im Notfall antiseptisch. Ich ging ins Wohnzimmer zurück. Boris lag, alle viere von sich gestreckt, auf dem Teppich, und Popper schnüffelte beunruhigt an seinem blutbefleckten Hemd.
» Hier. « Ich schob den Hund zur Seite und betupfte die blutige Stelle an seiner Stirn mit einem feuchten Lappen. » Halt still. «
Boris zuckte zurück und knurrte: » Scheiße, was machst du da? «
» Klappe « , sagte ich und hielt sein Haar über den Augen zurück.
Er murmelte etwas auf Russisch. Ich bemühte mich, vorsichtig zu sein, aber ich war genauso betrunken wie er, und als ich Parfüm auf die Wunde sprühte, kreischte er auf und schlug mich auf den Mund.
» Scheiße, was soll das? « Ich betastete meine Lippe und sah, dass mein Finger blutig war. » Sieh mal, was du gemacht hast! «
» Bljad. « Er hustete und schlug in die Luft. » Das stinkt. Was hast du da auf mich gespritzt, du Hure? «
Ich fing an zu lachen– ich konnte nicht anders.
» Drecksack! « , schrie er und gab mir einen so heftigen Stoß, dass ich umfiel. Aber er lachte auch. Er hielt mir die Hand hin, um mir hochzuhelfen, aber ich trat sie beiseite.
» Verpiss dich! « Vor Lachen brachte ich die Worte kaum heraus. » Du riechst wie Xandra. «
» Gott, ich krieg keine Luft. Ich muss das abwaschen. «
Wir stolperten hinaus, rissen uns unterwegs die Kleider herunter und hüpften auf einem Bein, um aus den Hosenbeinen zu kommen, und dann stürzten wir uns in den Pool– keine gute Idee, begriff ich zu spät im Augenblick des Kippens, bevor ich ins Wasser eintauchte, sturzbetrunken und unfähig zu gehen. Das kalte Wasser prallte mir so hart entgegen, dass es mir den Atem verschlug.
Ich paddelte hektisch an die Oberfläche. Meine Augen brannten, und das Chlor drang scharf in meine Nase. Ein Wasserstrahl von Boris traf mich ins Gesicht, und ich spuckte zurück. Er war weiß verschwommen in der Dunkelheit, hohle Wangen, schwarzes Haar, das rechts und links am Kopf klebte. Lachend rangen wir miteinander und tauchten uns gegenseitig unter, obwohl ich mit den Zähnen klapperte und viel zu betrunken und von Übelkeit gepackt war, um im zwei Meter tiefen Wasser herumzutoben.
Boris tauchte. Eine Hand spannte sich um meinen Fußknöchel und zog mich nach unten, und ich starrte plötzlich gegen eine dunkle Wand aus Luftblasen.
Ich wand mich, ich wehrte mich, und es war wieder wie im Museum, eingesperrt in der Dunkelheit und kein Weg hinauf oder hinaus. Ich schlug um mich und strampelte, und panischer Atem schwebte blubbernd an meinen Augen vorbei: Unterwasserglocken, Finsternis. Endlich– gerade als ich die Lunge voll Wasser saugen wollte– riss ich mich los und durchbrach die Oberfläche.
Keuchend klammerte ich mich an den Beckenrand und schnappte nach Luft. Als meine Sicht wieder klar war, sah ich, wie Boris sichhustend und fluchend auf die Stufen warf. Atemlos vor Wut bewegte ich mich halb schwimmend, halb springend hinter ihn und hakte einen Fuß um seinen Knöchel, sodass er klatschend vornüberfiel.
» Arschloch « , prustete ich, als er strampelnd auftauchte. Er wollte etwas sagen, aber ich spritzte ihm eine breite Fontäne ins Gesicht und dann gleich noch eine, und ich schob die Finger in seine Haare und drückte ihn hinunter. » Du elender Scheißer! « , schrie ich, als er keuchend wieder hochkam. Das Wasser strömte ihm über das Gesicht. » Mach das nie wieder mit mir. « Ich hatte ihm beide Hände auf die Schultern gelegt und wollte mich über ihn stürzen– ihn untertauchen, richtig lange–, aber da langte er herum und packte meinen Arm, und ich erkannte, dass er bleich war und zitterte.
» Stopp « , sagte er krächzend, und ich sah, wie seltsam unscharf seine Augen geworden waren.
» Hey « , sagte ich, » ist alles okay? « Aber er hustete so sehr, dass er nicht antworten konnte. Seine Nase blutete wieder, und das Blut quoll dunkel zwischen seinen Fingern hervor. Ich half ihm hoch, und zusammen kollabierten wir auf der Pooltreppe, halb im Wasser, halb draußen, zu erschöpft, um ganz hinauszusteigen.
XXIII
Die helle Sonne weckte mich. Wir lagen in meinem Bett: mit nassen Haaren, halb bekleidet und frierend in der klimatisierten Kälte. Popper schnarchte zwischen uns. Das Bettzeug war feucht und roch nach Chlor, und ich hatte hämmernde
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