Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Distelfink

Der Distelfink

Titel: Der Distelfink Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Tartt
Vom Netzwerk:
versprochen. «
    » Sicher. « Eine Droge, die einen nüchtern und den Kopf klar machte, klang ganz und gar nicht nach Boris, obwohl er deutlich mehr im Hier und Jetzt zu sein schien als ich.
    » Guck mich an « , sagte er vernünftig. » Ja. « Er wusste, dass er mich hatte. » Rede ich wirr? Schaum vor dem Mund? Nein– bin bloß hilfsbereit! Hier « , sagte er und klopfte ein wenig Pulver auf seinen Handrücken, » komm, ich flöß dir ein. «
    Halb ging ich davon aus, dass es ein Trick war– dass ich auf der Stelle ohnmächtig werden und weiß der Himmel wo aufwachen würde, vielleicht in einem der leeren Häuser auf der anderen Straßenseite. Aber ich war so müde, dass mir alles egal war, und vielleicht wäre es ja auch okay gewesen. Ich beugte mich vor und ließ mir von ihm ein Nasenloch zuhalten. » Da! « , sagte er aufmunternd. » So. Jetzt schniefen. «
    Und beinahe sofort fühlte ich mich besser. Es war wie ein Wunder. » Wow « , sagte ich und kniff mir wegen des scharfen, angenehmen Kribbelns in die Nase.
    » Hab ich dir nicht gesagt? « Er schüttete bereits mehr Pulver aus. » Hier, andere Nase. Nicht ausatmen. Okay, jetzt. «
    Alles schien heller und klarer, einschließlich Boris selbst.
    » Was habe ich dir gesagt? « Er nahm selbst noch eine kleine Prise. » Tut es dir nicht leid, dass du nicht hörst zu? «
    » Du willst das Zeug verkaufen, Gott « , sagte ich und blickte in den Himmel. » Warum? «
    » Ist eine Menge wert. Paar tausend von Dollar. «
    » Das bisschen? «
    » Ist nicht so wenig! Das sind viele Gramm– zwanzig, vielleicht mehr. Könnte Vermögen machen, wenn ich es aufteile klein und an Mädchen wie K.T. Bearman verkaufe. «
    » Du kennst K.T. Bearman? « Katie Bearman war in dem Jahrgang über uns, hatte ein eigenes Auto– ein schwarzes Cabriolet– und stand in der sozialen Leiter so weit über uns, dass sie ebenso gut ein Filmstar hätte sein können.
    » Klar. Skye, KT , Jessica, all diese Mädchen. Jedenfalls « , er bot mir das Döschen noch einmal an, » jetzt kann ich Kotku kaufen Keyboard, das sie sich wünscht. Keine Geldsorgen mehr. «
    Wir reichten uns die Dose ein paar Mal hin und her, bis ich begann, die Zukunft und die Dinge im Allgemeinen sehr viel optimistischer zu sehen. Und während wir, unsere Nasen reibend und plappernd, auf der Straße standen, neugierig beäugt von Popper, hatte ich das Gefühl, die Wunderbarkeit New Yorks auf der Zungenspitze zu spüren, eine Flüchtigkeit, die ich vermitteln konnte. » Ehrlich, es ist großartig « , sagte ich. Die Worte sprudelten in Spiralen aus mir heraus. » Wirklich, du musst kommen. Wir können zum Brighton Beach fahren– dort hängen all die Russen rum. Na ja, ich war noch nie dort. Aber man kann mit der U-Bahn hinfahren– es ist die Endstation. Dort gibt es eine große russische Gemeinde, Restaurants mit Räucherfisch und Störrogen. Meine Mutter und ich haben immer davon gesprochen, eines Tages dorthin zu fahren, der Juwelier, mit dem sie zusammenarbeitete, hat ihr Tipps gegeben, in welche Läden sie gehen soll, doch wir haben es nie gemacht. Es soll aber toll sein. Also, ich meine– ich habe Geld für die Schule– du kannst auf meine Schule gehen. Nein– absolut. Ich habe ein Stipendium. Na ja, ich hatte eins. Aber der Typ hat gesagt, solange es für die Ausbildung verwendet wird, könnte es irgend jemandes Ausbildung sein. Nicht bloß meine. Es ist mehr als genug für uns beide da. Obwohl, ich meine, die öffentlichen Schulen sind auch gut in New York, dort kenne ich Leute, eine öffentliche Schule ist auch okay. «
    Ich plapperte immer noch, als Boris sagte: » Potter. « Bevor ich etwas antworten konnte, fasste er mein Gesicht mit beiden Händen und küsste mich auf den Mund. Und während ich noch blinzelnd dastand– es war beinahe schon wieder vorüber, ehe ich begriffen hatte, was passiert war–, hob er Popper an den Vorderbeinen hoch und küsste auch ihn mitten auf die Nasenspitze.
    Dann gab er ihn mir. » Da drüben ist dein Wagen. « Er strubbelte Popper ein letztes Mal durchs Fell. Und tatsächlich– als ich mich umdrehte, kroch ein Wagen die Straße hinauf, der Fahrer studierte die Hausnummern.
    Wir standen da und sahen uns an– ich schwer atmend und vollkommen verdutzt.
    » Viel Glück « , sagte Boris. » Ich werde dich nicht vergessen. « Dann tätschelte er Poppers Kopf. » Tschüss, Poptschik. Pass auf ihn auf, ja? « , sagte er zu mir.
    Später– in dem Taxi und danach– sollte ich

Weitere Kostenlose Bücher