Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Distelfink

Der Distelfink

Titel: Der Distelfink Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Tartt
Vom Netzwerk:
noch jemanden. « Eine Pause, ich hörte, wie er sich eine Zigarette anzündete. » Und– wenn also dieser Typ anruft? «
    Ich beschrieb ihm den Schubladenschrank. » Ich maile dir auch gerne ein Foto. Das charakteristische Detail ist ein geschnitztes Phoenix-Ornament an der Oberseite. Du musst ihm nur erzählen, dass das Stück in eurem Haus in Maine gestanden hat, bis deine Mutter es mir vor ein paar Jahren verkauft hat. Sie wird es von einem alten Händler gekauft haben, der nicht mehr im Geschäft ist, jemand, der vor ein paar Jahren gestorben ist, an den Namen kann ich mich nicht erinnern, verdammt, da müsste ich nachsehen. Aber wenn er dich weiter bedrängt « , es war erstaunlich, hatte ich gelernt, wie ein paar Teeflecken und ein paar Minuten bei niedriger Temperatur im Backofen die leeren Quittungen aus dem Quittungsblock aus den 1960ern, den ich auf einem Flohmarkt gekauft hatte, weiter altern ließen, » kann ich dir ohne große Probleme auch diese Quittung liefern. «
    » Kapiert. «
    » Gut. Jedenfalls « , ich tastete nach einer Zigarette, obwohl ich wusste, dass ich keine hatte, » wenn du dich um deinen Part kümmerst– also wenn du dich verpflichtest, mich zu unterstützen, falls der Typ wirklich anruft–, gebe ich dir zehn Prozent vom Verkaufspreis. «
    » Und das ist wie viel? «
    » Siebentausend Dollar. «
    Platt lachte– ein eigenartig fröhliches und sorgenfreies Lachen. » Daddy hat immer gesagt, dass ihr Antiquitätenhändler alle Gauner seid. «
    XIII
    Als ich auflegte, grinste ich dümmlich vor Erleichterung. Mrs. Barbour hatte etliche zweit- und drittklassige Antiquitäten, doch sie besaß auch so viele wichtige Stücke, dass es mich beunruhigte, dass Platt sie ohne ihr Wissen unter ihrem Hintern weg verkaufen wollte. Und was das » jemandem ausgeliefert sein « betraf– wenn irgendjemand die Aura verbreitete, in einen andauernden, unklaren Ärger verwickelt zu sein, war es Platt. Auch wenn ich jahrelang nicht an seinen Verweis von der Uni gedacht hatte, waren die Umstände doch so sorgfältig vertuscht worden, dass man den Eindruck hatte, er müsse etwas ziemlich Ernstes angestellt haben, etwas, das unter weniger kontrollierten Umständen die Polizei auf den Plan gerufen hätte. Wodurch ich mich wiederum auf eine verdrehte Weise sicher fühlte, mich darauf verlassen zu können, dass er sein Geld kassierte und die Klappe hielt. Außerdem– der Gedanke entzückte mein Herz– wenn irgendjemand Lucius Reeve von oben herab einschüchtern konnte, dann Platt. Ein Weltklasse-Snob und ausgewiesener Rabauke.
    » Mr. Reeve? « , fragte ich höflich, als er den Hörer abnahm.
    » Lucius, bitte. «
    » Nun, dann Lucius. « Als ich seine Stimme hörte, wurde ich innerlich kalt vor Wut, aber das Wissen, Platt in meiner Ecke des Rings zu haben, machte mich großspuriger, als ich Grund gehabt hätte zu sein. » Ich rufe zurück. Was beschäftigt Sie? «
    » Wahrscheinlich nicht das, was Sie denken « , kam die schnelle Antwort.
    » Nicht? « , fragte ich immer noch locker, obwohl mich sein Ton überraschte. » Nun, dann klären Sie mich auf. «
    » Ich denke, es wird Ihnen wahrscheinlich lieber sein, wenn ich das nicht am Telefon mache. «
    » Gut. Wie wär’s mit Downtown « , sagte ich rasch, » da Sie beim letzten Mal so freundlich waren, mich in Ihren Club einzuladen. «
    XIV
    Das Restaurant, das ich ausgewählt hatte, war in Tribeca– so weit Downtown, dass ich nicht ernsthaft befürchten musste, Hobie oder einem seiner Freunde zu begegnen, und mit einer Kundschaft, die jung genug war (hoffte ich), um Reeve zu verunsichern. Lärm, Lichter, Gespräche, gnadenloses Gedränge. Mit meinen frischen, unbetäubten Sinnen waren die Gerüche überwältigend: Wein, Knoblauch, Parfüm und Schweiß, bruzzelnde Platten mit Zitronengras-Hühnchen, die eilig aus der Küche getragen wurden. Die türkisfarbenen Sitzbänke und das knallorangefarbene Kleid des Mädchens neben mir wirkten wie industriell hergestellte Chemikalien, direkt in meine Augen gesprüht. Mein Magen brodelte nervös, und ich kaute auf einer Antacid aus dem Röhrchen in meiner Tasche, als ich aufblickte und sah, wie die wunderschöne tätowierte Giraffe von einer Empfangskellnerin– ausdruckslos und träge– Lucius Reeve gleichgültig zu meinem Tisch wies.
    » Hallo, hallo « , sagte ich, ohne aufzustehen, um ihn zu begrüßen. » Wie schön, Sie zu sehen. «
    Er sah sich angewidert um. » Müssen wir wirklich hier sitzen? «
    » Warum

Weitere Kostenlose Bücher