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Der Domino-Killer

Der Domino-Killer

Titel: Der Domino-Killer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Pepper
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Plötzlich brach eine Frau neben mir in Tränen aus und ließ sich auf ihre Matte fallen. Joyce ging zu ihr, um sie zu trösten.
    «Alles in Ordnung?», hörte ich sie fragen.
    Die Frau nickte, dann schüttelte sie den Kopf
    «Das kommt vor», flüsterte Joyce. «Die Sachen, die wir tief in uns vergraben haben, brechen beim Yoga manchmal plötzlich auf.» Joyce streichelte ihr ein paar Mal über den Rücken und ging dann wieder zurück.
    Langsam beruhigte die Frau sich. Ich musste die ganze Zeit darüber nachdenken, welch bittere Ironie dieser Satz für mich bedeutete. Er wurde von dem Moment an eine Metapher für meine Geschichte , in der es so vieles gab, was vergraben lag.
    In Gräbern.
    Und in den Gräbern: Leichen. Echte Leichen .
    Sieben, um genau zu sein: die fünf Aldermans, Jackson, Cece.
    Und dann noch eine achte Leiche: das leere Grab von denen, die dem Tod entronnen waren. Mein Grab. Das von Susanna. Von JPP. Die achte Leiche, mit der endlich alle Dominos umgefallen wären. Damit der Albtraum wirklich ein für alle Mal beendet gewesen wäre.
    Das achte Grab war meine Nemesis. Es war die Essenz meiner Geschichte; mein eigener Tod, nach dem ich mich gesehnt hatte. Der Tod von Martin Price, der durch meine Schuld noch lebte. Und all die anderen verhinderten Tode – die Ängste und Schrecken – dazwischen. Genau da blieb meine Schallplatte hängen und spielte immer den gleichen Ton in meinem Kopf … selbst jetzt noch, obwohl die eigentliche Gefahr vorüber war … selbst ein Jahr nach dem Tod meines Mannes und meines Kindes.
     
    Als ich am Freitag auf einer Bank vor dem Kripalu-Gebäude saß und darauf wartete, dass Jon mich abholte, klingelte mein Handy.
    «Wie geht es dir?», fragte Mac. Es war erst eine Woche vergangen, seit wir JPP im Convention Center gestellt hatten, und etwas weniger, seit Mac und ich uns zum letzten Mal gesehen hatten. Wieso kam es mir dann jetzt so vor, als hätten wir uns ein halbes Jahr lang nicht gesprochen?
    «Wie geht es dir?»
    «Ich habe zuerst gefragt.»
    «Ehrlich gesagt, ganz gut.»
    «Es ist schön, deine Stimme zu hören, Karin.»
    Der hellgrüne Rasen fiel vor mir gefährlich steil ab, wurde für ein kurzes Stück etwas flacher, wo der Parkplatz sich befand, um dann in ein Tal mit Gärten, Feldern und Wäldern zu stürzen. Auf der anderen Seite erhob sich in der Entfernung ein majestätischer Bergrücken. Ein wunderschöner Ausblick.
    «Ich rufe dich an, sobald ich wieder in New York bin.»
    «Alles klar. Dann also auf Wieder–»
    «Nein, warte! Mac?»
    «Ja, ich bin noch dran.»
    «Ich finde es auch schön, deine Stimme zu hören.»

KAPITEL 12
    Alles war feucht vom Morgentau, der in der Julihitze schon in einer Stunde vollständig verschwunden sein würde. Jon hatte seinen großen Rasen erst am Tag zuvor gemäht, und es duftete noch immer intensiv nach frischem Gras. Ich stand auf der Veranda vor der Küche und schaute zu, wie Susanna mit nackten Füßen die vier Stufen zur Rasen hinunterhüpfte. Sie lief ein paar Mal im Kreis, bevor sie sich auf den Rücken fallen ließ. Lachend. Ihr Nachthemd ganz nass.
    Heute war ihr dritter Geburtstag. Ein Alter, mit dem ich so viele Erinnerungen verband. Ein großer Neuanfang.
    «Susanna, komm rein, damit ich dich anziehen kann.»
    Sie ignorierte mich. Ich wollte nicht lauter rufen, weil Jon, Andrea und David noch schliefen. Deshalb gesellte ich mich zu meiner Nichte aufs feuchte Gras. Ich sah zu ihr hinunter. «Komm, Schätzchen.»
    Sie rollte sich schnell weg von mir wie eine Murmel.
    Also tat ich das Einzige, was mir gerade in den Sinn kam: Ich legte mich ebenfalls im Nachthemd ins nasse Gras und rollte ihr hinterher. Das Gras piekte auf der Haut. Überall klebte der Tau an mir. Ich war überrascht von dem plötzlichen Glücksgefühl, das sich dabei in meinem ganzen Körper ausbreitete. Susanna rollte zu mir zurück, sodass wir voreinander im Gras lagen und uns ansahen.
    «Jetzt sind wir so nass, dass wir uns nicht mehr waschen müssen», sagte ich.
    Sie legte ihr kleines Beinchen über mich und kletterte auf mich drauf, dann ließ sie sich kichernd nach vorn fallen und prustete gegen meinen Hals. Ich kitzelte sie von mir herunter.
    Vor dem Haus hielt ratternd ein Lastwagen.
    «Komm», sagte ich.
    Wir rannten hinein und nach oben. Im Gästezimmer, in dem ich geschlafen hatte, zog ich mein nasses Nachthemd aus, ließ es zusammengeknüllt am Boden liegen, schlüpfte in Hemd und Hose vom Vortag und lief hinaus, um die erste

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