Der Domino-Killer
Entschuldigen Sie bitte, aber wir müssen hier jetzt durch.»
Die Journalisten machten Platz, sodass wir uns an ihnen vorbeizwängen konnten, dann gingen wir zu Macs Wagen.
Nach einem kurzen Frühstück in einem Diner in der Nähe fuhren wir zur Harvard Street in Montclair und parkten den Wagen vor Nancy Maxtors bescheidenem zweistöckigem Haus. Ein paar Büsche verdeckten die Sicht auf die Fenster im unteren Stockwerk, der Rasen im Vorgarten sah frisch gemäht aus. Eine in eine Plastikrolle eingewickelte Zeitung lag auf dem Weg zum Haus. Es ging ein paar Stufen hinauf zu einem gewundenen Pfad, der bis zur Veranda des Hauses führte. Ich folgte Mac zur Eingangstür und wartete hinter ihm, als er klingelte. Ich sah auf die Uhr: Es war fünf Minuten nach sieben.
Wir warteten. Niemand machte auf.
«Vielleicht ist sie schon weg», sagte ich.
Mac schüttelte den Kopf. «Die Zeitung liegt da doch.»
«Dann schläft sie vielleicht. Oder sie wohnt nicht hier. Vielleicht hat sie einen Freund, bei dem sie meistens übernachtet.»
«Vielleicht, vielleicht, vielleicht.» Mac lächelte mich an und erdete mich damit wieder. Er wollte gerade noch einmal klingeln, als die Tür sich plötzlich öffnete.
KAPITEL 18
«Ja, bitte?» Das umwerfende Lächeln des kirschrot geschminkten Munds mit den strahlend weißen Zähnen stand im Widerspruch zu der etwas ärgerlichen Stimme der Frau. Sie war Lehrerin; das wusste ich instinktiv. Das lange schwarze Haar, die wippenden Erdbeerohrringe, das tiefausgeschnittene pinkfarbene T-Shirt über dem bequemen braunen Rock, die praktischen Sandalen, die Beuteltasche aus Baumwolle über ihrer Schulter. Und dieses Lächeln: gezwungen geduldig, als wäre sie in Gedanken schon längst einen Schritt weiter, stets darauf bedacht, dass alle anderen mitkamen. Sie sah aus wie Ende zwanzig, vielleicht gerade dreißig – war also zu jung, um Nancy Maxtor zu sein, aber genau im richtigen Alter für ihre Tochter. Ansonsten wirkte sie sportlich und durchtrainiert, als würde sie ihre Freizeit im Fitnesscenter verbringen. Sie war mittelgroß, strahlte aber ein Selbstbewusstsein aus, das sie imposant erscheinen ließ, dabei überragten Mac und ich sie um einen halben Kopf.
Mac holte seine Marke heraus und stellte sich mit den üblichen Floskeln vor. Als sie dann zu mir herübersah, hatte ich wieder eine instinktive Ahnung, nannte deshalb meinen Namen nicht, sondern stellte mich als ‹Freundin› von Mac vor.
«Das ist aber nicht sehr professionell, oder?», fragte sie Mac. Es klang halb charmant, halb nach Kritik.
«Erwischt.»
«Ich vermute, Sie sind wegen meiner Mutter hier.»
«Richtig.»
«Ich finde, Sie sollten mit den ganzen Gerüchten über sie aufräumen, die wegen des Phantombilds im Umlauf sind.»
«Deshalb sind wir hier. Wir möchten mit Ihnen sprechen, um alle Missverständnisse zu bereinigen.»
«Ich habe doch schon Ihrem Kollegen am Telefon –»
«Sie meinen Detective Tavarese.»
«Genau, so hieß er. Jedenfalls habe ich ihm gesagt, dass meine Mutter in Myanmar ist und dabei hilft, die Schulen im Irrawaddy-Delta wiederaufzubauen. Sie kann unmöglich mit der Entführung – oder Ermordung – dieses Mädchens etwas zu tun haben.»
«Seit wann ist sie denn weg?»
«Schon fast sieben Monate. Ich vermisse sie natürlich, aber sie engagiert sich für einen guten Zweck. Darauf bin ich wirklich stolz.» Christa schaute auf die Uhr. «Ich komme zu spät, in zwanzig Minuten muss ich im Feriencamp sein. Können wir die Unterhaltung bitte später fortsetzen?»
«Wie kann ich Ihre Mutter erreichen, damit wir Sie nicht wieder belästigen müssen? Wir würden ihr gern ein paar Fragen stellen über einen ihrer ehemaligen Schüler. Ist schon Jahre her, dass sie ihn unterrichtet hat. Er war in ihrer Mathe-AG. Neil Tanner.»
«Meine Mutter hatte so viele Schüler.»
«An diesen erinnert sie sich vielleicht noch. Darüber würde ich gern mit ihr sprechen.»
«Tja, es ist wirklich schwierig, sie zu erreichen, aber rufen Sie doch im Hauptbüro der Weltmission in Washington an und probieren Sie es über die. Ich warte normalerweise einfach darauf, dass sie mich von selbst anruft, wenn sie mal kurz in Rangun ist, was allerdings nicht oft vorkommt. Aber die Weltmission kann ihr vielleicht mit der wöchentlich rausgehenden Post eine Nachricht schicken.»
«Seit wann, sagten Sie doch gleich, ist Ihre Mutter weg?»
«Entschuldigen Sie bitte, aber als Lehrerin darf ich wirklich nicht zu spät
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