Der Domino-Killer
mir.»
Sandy, so nahm ich an, war wohl Alans Frau; aber in Wahrheit kannte ich ihn nicht sonderlich gut, Sandy hätte auch sein Hund sein können.
Alan starrte seinen Partner eine Weile an, bevor er nachgab. «Okay, aber versprich mir, dass du mich weckst, falls Christa Maxtor doch zu Hause ist. Würde gern mal mit der Dame reden.»
«Gebongt», sagte Mac. «Bis dahin sind es allerdings noch ein paar Stunden, also ab mit dir nach Hause . Und gib Sandy einen Kuss von mir.»
«Das kannst du vergessen.»
Seine Frau.
«Kurze Frage noch, bevor du abhaust», sagte Mac. «Irgendwas Neues vom Labor? Ich hätte gern eine Bestätigung dafür, dass Susanna wirklich im Van war.»
«Null. Aber ich hab’s im Gefühl, dass sie was von ihr finden werden. Und da wir nur eine Spritze entdeckt haben und Stoppard bisher die einzige Leiche ist, braucht man keinen Hellseher, um vorauszusagen, dass sie die Injektion abbekommen hat. Gift, irgendein fieses Zeug, das schnell wirkt, so unversehrt, wie die Frau aussah, abgesehen von den leichten blauen Flecken und Kratzern.»
«Durchaus eine Möglichkeit», sagte Mac. Und dann zu mir: «Das passt, statistisch gesehen, zum Modus Operandi eines weiblichen Komplizen, das musst du zugeben.»
Ja, das konnte ich nicht abstreiten. Mörderinnen waren berühmt dafür, dass sie ihre Opfer ohne größere Gewalt umbrachten; unauffällige Methoden wie Gift oder Ersticken waren für sie typischer als blutige Massaker – was es auch schwieriger machte, sie zu fassen. Außerdem kannte ich diverse Fälle, bei denen ein Paar gemeinsam Serienmorde verübt hatte. Das kam zwar nicht oft vor, aber wenn, dann war es immer hochgefährlich.
«Stimmt genau», sagte Alan. «Kannst du dich noch an die Mutter und ihren Sohn erinnern, die die Leute wegen ihrer Häuser umgebracht haben? Und das Ehepaar, das die Kinder ermordet hat, um dann auf ihren Gräbern zu picknicken? Oder die Frau, die ihrem Freund die eigene kleine Schwester in die Hände gespielt hat, damit er sie vergewaltigen und ermorden kann – während sie dabei zusieht?»
«Lass gut sein, Alan.» Mac hatte zu mir herübergesehen; mir war wohl am Gesicht abzulesen, wie sehr mich diese Geschichten mitnahmen.
«Tut mir leid, Karin, das war gedankenlos. Ich muss wirklich ganz schön hinüber sein.» Alan gähnte, beugte sich vor, um eine tiefe Schublade zu öffnen, holte einen Rucksack heraus und hängte ihn sich über die Schulter. «Wir sehen uns dann später.»
Seinen Computer ließ er an, in der unteren Leiste waren diverse Fenster minimiert. Während wir uns die unterschiedlichen Dokumente noch einmal anschauten, tranken wir einen zweiten Kaffee. Nach einer Weile sah Mac mich zärtlich, aber erschöpft an. «Frühstück?»
«Hast du etwa tatsächlich Hunger?»
«Ja und nein. Aber wir sollten besser etwas essen.»
«Okay.»
«Ich will nur noch einmal mit den Kollegen reden.» Er stand auf. «Bin sofort zurück.»
Er verschwand im Zimmer der SOKO. Zehn Minuten später kam er zurück, allerdings ohne irgendwelche Neuigkeiten. «Sie sind an der Sache dran.»
«Und die Dominos?»
«Noch keine Ergebnisse, aber wir haben jetzt eine Menge neuer Spuren, und das ist ja immerhin schon etwas.»
Die Frühschicht kam gerade herein, als wir um sechs Uhr das Büro verließen und in die Lobby gingen. Durch die Fenster fiel das in allen Rottönen glühende erste Sonnenlicht. Ich war so angespannt nach all den Neuigkeiten über Nancy Maxtor, dass mir fast schwindelig war – vielleicht würden wir sie aufstöbern, vielleicht war sie wirklich JPPs Komplizin oder Anstifterin, vielleicht hielt sie Susanna bei sich gefangen, vielleicht hatte ihr christliches Gewissen verhindert, dass sie meine Nichte tötete.
Wir gingen durch die Glastüren hinaus in die klare Luft des Morgens und waren sofort von einer Schar Reporter umringt, die sich hier ebenfalls eingefunden hatte, um ihren Arbeitstag zu beginnen.
«Gibt es Neuigkeiten im Fall Susanna Castle?», fragte eine junge Frau, bevor sie ein Foto von uns schoss.
Mac lächelte und versuchte, uns einen Weg durch die Menge zu bahnen, aber die Frau stellte sich ihm in den Weg.
«Wie wir inzwischen wissen, zeigt das Phantombild eine Nancy Maxtor», sagte sie, «aber bisher haben Sie sie noch nicht gefunden. Können Sie das bestätigen?»
«Die Sache wird noch untersucht. Wenn wir weitere Erkenntnisse haben, berufen wir eine Pressekonferenz ein. Im Moment sind wir vollauf damit beschäftigt, Susanna zu finden.
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