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Der Domino-Killer

Der Domino-Killer

Titel: Der Domino-Killer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Pepper
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paar Minuten nahm ich meinen Tee mit auf die Veranda vor dem Haus, das Handy in der Hosentasche, damit ich es hörte, falls Mac oder Alan zurückrief. Saß dann dort draußen, ganz allein, dachte nach. An den Überwachungswagen auf der anderen Straßenseite hatte ich mich schon so gewöhnt, dass ich ihn kaum noch wahrnahm. Da stand er: hellblau in der dunkelblauen Nacht, regungslos, der Fahrer hatte den Kopf gegen die Stütze seines Sitzes gelehnt und schlief. Einen Moment später hörte ich, dass sich die Seitentür auf der mir abgewandten Seite des Vans öffnete und wieder schloss. Ich beobachtete, wie der zweite Polizist sich vom Wagen entfernte. Ungefähr fünfzig Meter weiter befanden sich ein paar Bäume, und ich hatte schon lange vermutet, dass unsere Bewacher sich gelegentlich dort erleichterten – das war immer so eine Sache bei langen Überwachungsschichten.
    Ich trank meinen Tee aus und überlegte, ob ich mir noch einen Becher voll holen sollte, blieb aber sitzen. In diesem Augenblick war mir bewusst, dass ich möglicherweise gleich aufstehen und verschwinden würde. Weil ich jetzt die Chance dazu hatte, ohne dass jemand mich eskortierte oder Erklärungen verlangte. Ich saß da, den leeren Becher auf meinen Knien, und dachte daran, dass man seine Möglichkeiten entweder auf aktive oder auch auf passive Art nutzen konnte: Manches ließ man einfach bewusst zu, bei anderem half man nach. Ich dachte an Paul Maher, der die Wendepunkte in seinem Leben einfach passiv auf sich zukommen lassen hatte, zumindest die, von denen ich wusste: Nancy Maxtor war er begegnet, als sie vor seiner Tür stand und ihm saubere Spritzen brachte; dann war sie zurückgekommen, um ihm Geld für seinen Namen zu bieten. Auch bei uns hatte er einfach darauf gewartet, dass wir noch einmal zu ihm kamen, bevor er uns in einer Frage von Leben und Tod erzählte, was er wusste. Hatte einfach gewartet. Bis jemand an seine Tür klopfte. Genauso wie ich jetzt hier saß, gerade in diesem Augenblick, und darauf wartete, dass mein Handy klingelte.
    Ich schaute auf die Uhr: Es war Viertel vor zehn. Seit ich Mac und Alan das erste Mal eine Nachricht hinterlassen hatte, waren fast fünf Stunden vergangen. Ich stellte meinen Becher weg. Rief erst bei Mac an, dann bei Alan. Hinterließ noch einmal zwei Nachrichten. Kehrte zurück ins Haus und sagte meinen Eltern gute Nacht. Als ich ging, nahm ich leise den Autoschlüssel meiner Mutter vom Haken neben der Tür, griff meine Handtasche und lief zum Auto, das wie üblich vor dem Haus geparkt war. Weder der anspringende Motor noch sein leises Brummen während der Abfahrt ließen den schlafenden Polizisten oder dessen anderweitig verhinderten Kollegen aufmerken. Ich erwartete fast, dass einer von ihnen alarmiert im Rückspiegel auftauchte, aber nichts geschah. Und schließlich war ich ganz allein auf der Straße.
    Ich fuhr zu Mac. Da würde ich es zuerst versuchen. Er hatte seit drei Tagen nicht geschlafen, also konnte es durchaus sein, dass er im Laufe des Tages heimgefahren war und einfach tief und fest schlief, genauso wie ich vorhin. Falls er da war, würde ich endlich Antworten auf meine Fragen erhalten und dann zu ihm unter die Decke kriechen. Falls er nicht da war … ja, was dann?

KAPITEL 19
    Ich bedankte mich beim Hausmeister des Gebäudes, der mit seinem großen Schlüsselbund in der Hand bei der Eingangstür stand. Mikhail, wie der eingestickte Schriftzug auf seiner Hemdtasche verriet. Ich war ihm schon ein Mal vorher begegnet, mit Mac zusammen, und er erinnerte sich noch an mich. Ich hatte Mikhail erzählt, Mac hätte heute Geburtstag und dass ich ihn in seiner Wohnung überraschen wolle, wenn er heimkam. Es war erstaunlich, wie leicht man manche Leute an der Nase herumführen konnte.
    «Kein Problem.» Mikhail lächelte und gab damit den Blick auf einen goldenen Schneidezahn frei. «Sagen Sie ihm auch alles Gute von mir.»
    «Mache ich.»
    Mikhail schloss von außen die Tür hinter sich, und ich stand allein in der schmalen Diele vor dem Wohnzimmer, an das sich Macs Küche und Schlafzimmer anschlossen. Es war so leise in der Wohnung, dass man sogar das sanfte Brummen der Elektrogeräte hörte.
    «Mac?»
    Ich ging ins Wohnzimmer: abgetönte weiße Wände, ein breites ungeputztes Fenster, von dem aus man auf den Parkplatz des Gebäudes sehen konnte. Nach der Trennung von Val hatte Mac erst einmal übergangsweise einen möblierten Unterschlupf gesucht und dann gleich die erste Wohnung genommen.

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