Der Dominoeffekt
beherbergte. Vollmert nahm im letzten Moment wahr, dass der Micra den Blinker gesetzt hatte. Der Detektiv ging in die Eisen und gönnte Mempel-Werner wieder etwas mehr Vorsprung.
Wenig später klemmte er seinen Wagen in eine der Parklücken und stieg aus. Sein Zielobjekt hatte einen Schattenplatz ergattert, mit wehendem Kleidchen wetzte die Frau bereits zum Eingang des Schlosses. Doch anstatt – wie erwartet – den Gastronomiebereich anzusteuern, bog sie nach rechts zur Driving-Range ab.
Vollmert stöhnte auf. Wenn die Tussi für eine kleine Runde Golf hierher gefahren war, würde das zwar sicher einige schöne Bildchen ergeben, aber wohl nicht von der Art, wie sein Auftraggeber sie erwartete.
Mempel-Werner enttäuschte ihn dann aber doch nicht. Ihr Kopf ruckte suchend durch die Gegend, scheinbar hatte sie dann gefunden, was sie erhofft hatte. Wie eines der Teletubbies auf Koks begann sie zu hüpfen und warf sich einem deutlich älteren Typen in die Arme. Der Kerl war einen Finger breit größer als Vollmert, doch mindestens zehn Kilo schwerer. Auf die Entfernung schätzte Vollmert den Mann auf Mitte fünfzig.
Der Detektiv staunte, der Typ sah aus wie der personifizierte schlechte Witz. Der untere Teil seines Körpers steckte in karierten Golfhosen, die stämmigen Waden in genauso scheußlich gemusterten Socken, die weißen Golfschuhe blendeten fast im Sonnenlicht. Den ausufernden Wanst verbarg ein hellblaues Hemd, darüber trug der Mann trotz der schier unerträglichen Temperaturen einen ebenfalls karierten Pullunder. Die Krönung jedoch war eine Schiebermütze, die immerhin einen großen Teil der hässlichen Visage verdeckte.
Vollmert zückte die Kamera und schoss eine Serie schöner Fotos, auf denen der Golfspieler Mempel-Werner herzhaft drückte und ein paarmal seine behaarten Hände unter dem Saum ihres Kleides verschwinden ließ. Entweder stand die Frau auf behandlungsbedürftige Irre oder der Kerl hatte so viel Kohle, dass sein Aussehen keine Rolle spielte. Vollmert tippte auf die zweite Möglichkeit.
»Kann ich Ihnen behilflich sein?«
Der Detektiv ließ die Kamera langsam sinken und sah sich um. Hinter ihm stand ein smarter Endfünfziger und strahlte ihn mit einem makellosen Gebiss freundlich an.
»Ich weiß nicht. Wenn Sie mir etwas über diese traumhafte Anlage erzählen können, vielleicht.«
Das Gesicht des Mannes hellte sich noch weiter auf. »Gestatten, Ulrich Höfner. Mit gehört dieses bescheidene Anwesen hier. Gefällt Ihnen, was ich aus der Ruine gemacht habe?«
»Vollmert ist mein Name. Äußerst beeindruckend. Ich werde demnächst in diese Gegend ziehen, mit meiner Familie, und sehe mich schon mal ein wenig nach Zerstreuungsmöglichkeiten um. Und da meine Frau passionierte Golfspielerin ist, lag es nahe, sich den Platz anzuschauen.«
»Na, da wird Ihre Gattin aber schwer beeindruckt sein. Wir haben eine der größten und am besten gepflegten Achtzehn-Loch-Anlagen in Deutschland.«
»Kann man hier auch Unterricht bekommen? Ich selbst habe ja noch nie probiert zu spielen, aber es reizt mich schon. Ist das da Ihr Golflehrer?«
Vollmert wies mit der Rechten auf den karierten Dandy.
»Ach wo«, lachte der Golfplatzbesitzer herzhaft. »Das ist Hergen van der Felde, einer unserer Gründungsväter. Ich glaube, seine Mitgliedskarte hat die Nummer vier oder fünf. Alter niederrheinischer Geldadel. Falls Sie und Ihre Gattin sich entschließen, unserem Club beizutreten – und wir Sie aufnehmen –, werden Sie ihn bestimmt kennen lernen.«
Vollmert setzte ein unverbindliches Lächeln auf. »Anscheinend ist die holde Weiblichkeit sehr von ihm angetan.«
»Ach, das dürfen Sie nicht so eng sehen. Er ist halt ein Schlawiner. Hätten Sie Lust auf ein paar Schläge auf der Range? Ich lade Sie ein…«
»Gern«, erklärte Vollmert. Eigentlich war sein Job ja nun so gut wie erledigt, aber ein paar Tage bezahlter Urlaub waren nicht zu verachten. Und diese Mempel-Werner schien ein ganz schön heißes Luder zu sein. Vielleicht konnte er seinen persönlichen Bonus schon hier in Geldern kassieren…
Unverbindlich plaudernd, schlenderten sie auf die Driving Range zu. Mempel-Werner drückte ihrem Gigolo gerade einen Kuss auf die Wange und machte sich dann in Richtung des Schlosses auf und davon.
»Das trifft sich ja hervorragend«, erklärte Höfner, während er aus einem der Bretterhäuser vor den Abschlagplätzen einen eleganten Golfwagen herauszog. »Hergen wird sich sicherlich freuen, Ihre
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