Der Dorfpfarrer (German Edition)
Glauben, daß Tascheron sein Verbrechen aus Liebe begangen habe.
»Nach seinem Tode schützt er sie noch,« sagte eine Dame, als sie von diesen letzten Enthüllungen hörte, die so geschickt vereitelt worden waren.
»In Limoges gibt es vielleicht einen Ehemann, der ein Seidentuch weniger zu Hause finden wird, aber er wird zum Schweigen gezwungen sein,« sagte lächelnd der Generalprokurator.
»Toilettenfehler werden so kompromittierend, daß ich meine Garderobe noch heute abend untersuchen will,« sagte die alte Madame Perret lächelnd.
»Welches sind die hübschen kleinen Füße, deren Spur so sorgfältig verwischt wurde?« fragte Monsieur de Granville.
»Bah, vielleicht die einer häßlichen Frau,« antwortete der Staatsanwalt.
»Sie hat ihren Fehl teuer bezahlt!« bemerkte Abbé de Grancour.
»Wissen Sie, was diese Geschichte beweist?« rief der vertretende Generalprokurator. »Sie zeigt, was die Frauen alles in der Revolution, welche die sozialen Unterschiede vernichtet hat, verloren haben. Derartige Leidenschaften findet man nur noch bei den Männern, die eine gewaltige Kluft zwischen ihren Geliebten und sich sehen.«
»Sie räumen der Liebe viele Eitelkeiten ein,« erwiderte Abbé Dutheil.
»Was denkt Madame Graslin?« fragte der Präfekt.
»Und was soll sie denken? Sie ist, wie sie mir gesagt hatte, während der Hinrichtung niedergekommen und hat seitdem niemanden mehr gesehen, denn sie ist gefährlich krank!« antwortete Monsieur de Granville. In einem anderen Limoger Salon ging eine fast komische Szene vor sich. Die Freunde der des Vanneaulx kamen, um ihnen zur Herausgabe ihrer Erbschaft Glück zu wünschen.
»Nun, man hätte den armen Menschen begnadigen sollen,« sagte Madame des Vanneaulx; »Liebe und nicht Eigennutz haben ihn so weit gebracht: er war weder lasterhaft noch bösartig.«
»Voller Zartgefühl ist er gewesen,« sagte der p. p. des Vanneaulx, »und wenn ich wüßte, wo seine Familie ist, würde ich mich ihr erkenntlich zeigen. Brave Leute sind die Tascheron.«
Nach einer langwierigen Krankheit, die ihrer Entbindung folgte und sie zwang, gänzlich zurückgezogen zu leben und im Bett zu bleiben, konnte Madame Graslin gegen Ende des Jahres 1829 aufstehen. Damals hörte sie ihren Mann von einem ziemlich beträchtlichen Geschäfte reden, das er abschließen wollte. Das Haus Navarreins gedachte den Wald von Montégnac und die unbebauten Ländereien, die es im Umkreise besaß, zu verkaufen. Graslin hatte die Klausel seines Ehevertrags noch nicht ausgeführt, durch die er verpflichtet worden war, die Mitgift seiner Frau in Grundbesitz festzulegen; er hatte es vorgezogen, die Summe bei der Bank arbeiten zu lassen und hatte sie bereits verdoppelt. Bei diesem Anlasse schien Véronique sich des Namens Montégnac zu erinnern und bat ihren Gatten, seiner Verbindlichkeit Genüge zu tun, indem er diesen Besitz für sie erstehe. Monsieur Graslin wünschte sehr, den Pfarrer Bonnet zu sehen, um näheres über den Wald und die Ländereien, die der Herzog von Navarreins verkaufen wollte, zu erfahren, denn der Herzog sah den furchtbaren Kampf voraus, welchen der Prinz von Polignac zwischen dem Liberalismus und dem Hause Bourbon vorbereitete. Er mutmaßte nur üble Folgen, auch war er einer der unerschrockensten Widersacher des Staatsstreiches. Der Herzog hatte seinen Geschäftsträger nach Limoges geschickt und ihn beauftragt, vor einer hohen Summe Hartgeldes die Segel zu streichen, denn er erinnerte sich nur allzusehr der Revolution von 1789, um die Lektionen nicht auszunützen, die sie der ganzen Aristokratie erteilt hatte. Dieser Geschäftsträger befand sich seit einem Monat von Angesicht zu Angesicht mit Graslin, dem schlauesten Fuchs von Limousin, den alle Geschäftsleute als den einzigen Mann bezeichnet hatten, der fähig war, einen solch beträchtlichen Besitz zu erwerben und sofort zu bezahlen. Auf ein Wort, das ihm der Abbé Dutheil schrieb, eilte Monsieur Bonnet nach Limoges und kam ins Hotel Graslin. Veronique wollte den Pfarrer zum Mittagessen zu sich bitten, doch der Bankier erlaubte Monsieur Bonnet erst zu seiner Frau hinaufzugehen, nachdem er ihn eine Stunde lang in seinem Arbeitszimmer festgehalten und Erkundigungen bei ihm eingezogen hatte, die ihn so befriedigten, daß der Kauf des Waldes und der Domänen von Montégnac für fünfmalhunderttausend Franken unverzüglich abgeschlossen wurde. Er befriedigte den Wunsch seiner Frau, indem er vertragsmäßig angelobte, daß diese und alle
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